Franken-Wein

"Wir leben immer noch von der Euphorie"

Feine Spätburgunder aus Klingenberg und Bürgstadt: Ein Besuch bei zwei VDP-Weingütern in Franken.

18.12.2012 UPDATE: 18.12.2012 12:08 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Spätburgunder vom Weingut Fürst aus Bürgstadt am Main zählen seit vielen Jahren zu den feinsten Pinots in Deutschland.

Von Thomas Veigel

"Zu steil ist Quatsch", sagt Benedikt Baltes, Jungwinzer und Inhaber des Weinguts der Stadt Klingenberg am Main. "Das ist das schönste Arbeiten, das ich mit vorstellen kann." Wir stehen hoch über dem Main, die Steigung ist enorm. Fast jede Rebenreihe muss von einer Mauer gestützt werden, drei bis vier Kilometer Trockenmauern pro Hektar müssen instand gehalten werden. Mehr als 2000 Arbeitsstunden pro Hektar müssen geleistet werden, in flacheren Weinbergen ist es ein Bruchteil.

Steilhänge kennt der 28-Jährige von zu Hause - an der Ahr bewirtschaftet die Familie 13 Hektar für die Genossenschaft in Mayschoß. Den Junior hat es an den Main verschlagen, dort hat er vor zwei Jahren für 1,4 Millionen Euro das defizitäre Weingut gekauft - zusammen mit einem damals 28-jährigen chinesischen Studenten, der in Leipzig Mikroelektronik studierte. Xianzhong Xu stammt aus einer wohlhabenden Unternehmerfamilie, er kümmert sich vor allem um den Export des Klingenberger Weins nach Asien.

Das Heimweh nach der Ahr sei zwar zuweilen groß, sagt Baltes, aber hier in Franken habe er als Mitglied des Spitzenweingüterverbandes VDP die "absolute Möglichkeit", sich zu entfalten und mit alten Reben in guten Lagen zu arbeiten. Das Ziel heißt 100 Prozent Spätburgunder, zurzeit sind es 70 Prozent. In diesem Jahr wurde die dritte Ernte eingeholt. Geld wird noch nicht verdient, sagt Baltes. "Wir leben immer noch von der Euphorie". Die zehn festen Mitarbeiter könnten noch nicht richtig bezahlt werden, sie schuften für nicht viel mehr als für Kost und Logis. Aber nun stellen sich die ersten Erfolge ein, die sich auch in der Bilanz niederschlagen werden. Beim diesjährigen Wettbewerb um den deutschen Rotweinpreis schafften es drei Weine ins Finale, der Portugieser R schaffte es auf einen zweiten Platz. Die Jury des Spätburgunderpreises der Zeitschrift Falstaff setzte zwei Weine von Baltes auf die Plätze eins und zwei in Franken. Gerhard Eichelmann zählt das Große Gewächs aus dem Schlossberg vom Jahrgang 2010 mit 92 Punkten zu den besten deutschen Spätburgundern: "Eine beeindruckende rote Kollektion aus dem alles andere als einfachen Jahrgang 2010."

Geadelt wird das Wirken von Benedikt Baltes durch das Lob von Paul Fürst aus dem benachbarten Bürgstadt, seit vielen Jahren einer der besten Spätburgunder-Winzer Deutschlands. Respekt hat Paul Fürst vor dem "jungen Mann, der sich nicht vor schwierigen Weinbergen scheut." Mit jungen Männern, die sich etwas trauen, kennt sich Paul Fürst aus. Und denen er etwas zutraut. Seinem Sohn Sebastian zum Beispiel. Der ist seit fünf Jahren Mitbesitzer des Weinguts Rudolf Fürst und für die Rotweine verantwortlich. Das Können hat er vom Vater geerbt und er entwickelt es weiter. Aus dem Hause Fürst kommen seit vielen Jahren mit die feinsten Spätburgunder Deutschlands. Bei den Eichelmann-Verkostungen zehn Jahre alter Spätburgunder gingen sowohl der 1999er als auch der 2002er als Sieger hervor, der 2001er kam auf Platz drei, hinter zwei weiteren Weinen aus dem Centgrafenberg, davon ein Frühburgunder von Fürst auf Platz zwei.

Seit 2003 heißen die Weine aus dem Filetstück des Centgrafenbergs zunächst "Hunsrück", mittlerweile ist die Lage als "Hundsrück" wieder offiziell zugelassen. Eine Verkostung der Jahrgänge 2003, 2008 und 2010 zeigte deutlich, auf was es Vater und Sohn Fürst ankommt: Transparenz, Eleganz und Finesse sind wichtiger als Farbe und Tannin. Da gibt es keine Speck-, Schokoladen oder Holztöne, die Fürst'schen Weine sind Pinot pur. Die Feinheit soll von der Traube kommen, sagt Paul Fürst, und nicht vom Tannin. "Guter Spätburgunder muss auch in der Jugend fein sein."

Auch er hat dazu gelernt. Früher sollte der Spätburgunder dunkel sein und kräftige Tannine haben. Diese Weine seien mit den Jahren jedoch nur ausgetrocknet, aber nie elegant geworden. "Mittlerweile sind wir froh, wenn unsere Spätburgunder nicht nach Barrique oder nach Holz schmecken, sondern nach Wein." Dem ist nichts hinzuzufügen.

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