Bei BASF ist eine der teuersten Baustellen in Deutschland

Rund eine Milliarde Euro investiert die BASF in eine neue Produktionsanlage - TDI ist ein Vorprodukt für Schaumstoff

16.06.2015 UPDATE: 17.06.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Bis zu 2000 Arbeiter bauen seit drei Jahren am bisher größten Einzelprojekt der BASF in Ludwigshafen, einer TDI-Anlage. Firmenbild

Von Harald Berlinghof

Ludwigshafen. Matratzen stehen in der Bedürfnispyramide von Verbrauchern relativ weit am Anfang. Ziemlich bald nach den Nahrungsmitteln, Kleidung und einem Dach über dem Kopf erreicht die Matratze als begehrenswertes Konsumobjekt die Herzen der Menschen. In diesem Stadium der Entwicklung befinden sich viele Gesellschaften in Afrika und im Mittleren Osten gegenwärtig, glaubt Thomas Wehlage, Geschäftseinheitsleiter der BASF, zu dessen Verantwortungsbereich die neue TDI-Anlage gehört. Der Großteil des TDI geht in die Produktion von Schaumstoffen für Möbelpolster und Matratzen. Entsprechend stark ist die Nachfrage nach dem Vorprodukt von Schaumstoffen in diesen sich entwickelnden Regionen. Und der Verbrauch wächst weltweit schneller als das globale Bruttosozialprodukt.

Mehr als eine Milliarde Euro lässt sich die BASF die Anlage kosten. Damit ist die entstehende Anlage zur Herstellung von Toluoldiisocyanat eine der teuersten und komplexesten Baustellen in Deutschland. Das TDI geht als Flüssigprodukt mit Hilfe von Bahn, Lkw oder Schiff in Länder, die gerade dabei sind, eine unteres Mittelschicht zu entwickeln, die über ein Geldvolumen verfügt, das über die Deckung der unmittelbaren Grundbedürfnisse hinaus reicht. Die Endprodukte werden dann erst vor Ort produziert. "Die Schäumer sitzen immer vor Ort. Es macht keinen Sinn, Schaumstoffmatratzen quer durch die Welt zu transportieren", so Wehlage.

Rund zehn Quadratkilometer groß ist das BASF-Werk in Ludwigshafen. Und tief im Innern des Industrieverbundes wird an der Zukunftsfähigkeit des Heimatstandortes des Chemieriesen gearbeitet. Das Werk in Ludwigshafen erhält eine neue TDI-Anlage. Die Anlage kann dann mit 300 000 Jahrestonnen TDI rund 15 Prozent des jährlichen Weltbedarfs dieses Stoffes erzeugen. Damit rückt man bei der BASF wieder auf Augenhöhe mit Bayer, die kürzlich eine neue TDI-Anlage fertig gestellt hatten. Beide Konzerne decken dann jeweils rund ein knappes Drittel des Weltmarktes ab. Die BASF produziert rund 700 000 Jahrestonnen des Stoffes an fünf europäischen und asiatischen Standorten. Der ältere Standort Schwarzheide wird zugunsten der neuen Anlage in Ludwigshafen geschlossen.

"Die TDI-Anlage in Ludwigshafen besitzt ernorme Wettbewerbsvorteile für die BASF. Durch den Bau der Anlage innerhalb des Verbundes sind gewichtige Kosteneinsparungen möglich geworden", erläutert Werner Regenberg, Leiter des Standortmanagements in Ludwigshafen. "Damit wird auch der Standort Ludwigshafen insgesamt gestärkt", betont er. 200 neue Arbeitsplätze entstehen dauerhaft am Standort, 20 Mitarbeiter kommen von der stillgelegten Anlage in Schwarzheide.

Über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg ist auf sieben Hektar ein Industriekomplex mit acht Einzelanlagen entstanden, auf dem täglich bis zu 2000 Arbeiter unterwegs waren. Sie haben ein auf den ersten Blick undurchdringlich erscheinendes Konglomerat an Leitungen, Rohren, Behältern und Tanks zur modernsten TDI-Produktionsanlage zusammengefügt, die 50 Prozent weniger Energie verbraucht als bisherige Anlagen. Gleichzeitig mit der TDI-Anlage wurden in der unmittelbaren Nachbarschaft Tank- und Produktionsanlagen, welche die TDI-Anlage mit Vorprodukten beliefern, ausgebaut. Der Steamcracker liefert aus Naptha das Toluol, aus Heilbronner Steinsalz wird Chlor, aus Erdgas wird Synthesegas, aus der Ammoniakanlage kommt die Salpetersäure. Und in der neuen Anlage wird aus den "Zutaten" dann der Stoff TDI.

Auf dem BASF-Gelände waren während der Bautätigkeiten bis zu 12 000 Kontraktoren - Mitarbeiter von Fremdfirmen - tätig. Zeitweilig musste man Fußgängerampeln an den viel befahrenen Hauptachsen des Werkes installieren. Die Höchstgeschwindigkeit wurde stellenweise von 30 auf 15 Kilometer pro Stunde herabgesetzt. Durch den Fund einer Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg verzögerte sich die Bauzeit um mehr als ein halbes Jahr. In Betrieb gehen soll die Anlage noch in diesem Jahr.

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