SAP lockt neue Mitarbeiter weiter mit Homeoffice
Trotz der neuen Präsenzpflicht preist der Konzern auf dem eigenen Stellenportal seine Flexibilität an.

Von Matthias Kros
Walldorf. Trotz der inzwischen wieder geltenden Präsenzpflicht im Büro lockt der Softwarekonzern SAP potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin mit dem besonders flexiblen Arbeitsmodell "PledgetoFlex". "Die Arbeit bei SAP ist flexibel und basiert auf Vertrauen", heißt es im Karrierebereich auf der Internetseite des Unternehmens, in dem Stellenangebote publiziert werden.
"Je nach Geschäftsanforderungen bedeutet unser Ansatz für flexible Arbeit, dass Mitarbeitende die Möglichkeit haben, von zu Hause aus oder im Büro zu arbeiten oder beide Arbeitsmodelle miteinander zu kombinieren".
So flexibel ist das Arbeiten bei den Walldorfern seit dem 1. Juni allerdings nicht mehr. Sehr zum Missfallen der Arbeitnehmervertreter hatte die Geschäftsführung Ende Mai im Alleingang angeordnet, dass die Beschäftigten nur noch an zwei Tagen pro Woche im Homeoffice arbeiten dürfen. Eine zuvor geltende Betriebsvereinbarung, die den Beschäftigten praktisch maximale Freiheiten gewährte, war fristgerecht gekündigt worden.
Ausnahmen sollen – wenn überhaupt – nur zeitlich begrenzt möglich sein. Homeoffice-Verträge mit einzelnen Beschäftigten, die meist befristet waren, werden dem Vernehmen nach grundsätzlich nicht mehr verlängert.
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In den Monaten vor der einseitigen Entscheidung der Geschäftsführung war trotz intensiver Verhandlungen mit dem Betriebsrat keine Einigung auf ein neues Modell geglückt. Nach Auffassung der Unternehmensleitung ist die Bemessung des Kontingents an mobiler Arbeit ohnehin nicht mitbestimmungspflichtig. Die Arbeitnehmervertretung dürfe lediglich mitreden, wenn es um die Ausgestaltung der mobilen Arbeit gehe.
Das sieht der Betriebsrat allerdings anders ist und zog deswegen vor das Arbeitsgericht Mannheim. Die Arbeitnehmervertreter in dem Verfahren, das in dieser Sache läuft, sogar einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. Am Mittwoch wird darüber verhandelt und wahrscheinlich auch entschieden.
Bekäme der Betriebsrat müsste die Geschäftsführung die alte Regelung – zumindest bis zur endgültigen Entscheidung in dem Verfahren – wieder in Kraft setzen. Im Arbeitnehmerlager werden die Chancen, die einstweilige Verfügung zu erreichen, bei 50:50 gesehen. Arbeitsgerichte hatten bislang unterschiedlich in vergleichbaren Fällen unterschieden.
Das Thema Homeoffice treibt die Beschäftigten derzeit um wie kaum ein anderes. Viele ärgern sich auch deshalb, weil ihnen die volle Flexibilität versprochen worden war und nun wieder zurückgerudert wird.