Hat sich der SAP-Chef seinen Kontrolleur selbst ausgesucht?
Christian Klein schlug Punit Renjen als Kandidaten für die Nachfolge von Hasso Plattner vor. Der Konzern rechtfertigt sich.

Von Matthias Kros
Walldorf. SAP-Mitgründer Hasso Plattner hat sich reichlich Zeit bei der Suche nach seinem Nachfolger gelassen. Zuletzt wurde sogar Kritik seitens der Aktionäre an der schleppenden Machtübergabe an der Spitze des Kontrollgremiums laut. Entsprechend groß war Ende vergangener Woche die Erleichterung, als Plattner mit Punit Renjen, bis vor kurzem noch globaler Chef des Beratungsunternehmens Deloitte, einen Kandidaten präsentierte.
Vorgeschlagen hatte ihn allerdings ausgerechnet SAP-Vorstandschef Christian Klein, der von dem künftigen Aufsichtsratsvorsitzenden in seiner Tätigkeit ja überwacht und kontrolliert werden soll. Renjen und Klein hätten geschäftlich miteinander in Kontakt gestanden, bestätigte eine Sprecherin des Softwarekonzerns am Montag auf Anfrage. Bei einer Begegnung im vergangenen Jahr habe Renjen dann Klein darüber in Kenntnis gesetzt, dass er Ende 2022 bei Deloitte aufhören werde. Daraufhin habe Klein diese Information und den Namen als eventuellen Kandidaten an den Aufsichtsrat gegeben.
Wird damit das ganze Aufsichtsratskonzept ad absurdum geführt? "Ich will hier niemand unter Generalverdacht stellen", sagte Andreas Schmidt, Vorstandsmitglied bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), am Montag auf Anfrage. Generell sehe er Renjen als einen absolut geeigneten Kandidaten für den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der SAP. Es sei auch nicht unbedingt verwerflich, wenn ein Vorstand mögliche Kandidaten für den Aufsichtsrat vorschlage, aber natürlich dürften das keine "Buddys", also Kumpel, sein.
Zudem müsse der anschließende Auswahlprozess transparent und für die Aktionäre nachvollziehbar laufen. In der Regel schalteten große Aktiengesellschaften in Deutschland dafür externe Agenturen ein, die nach geeigneten Kandidaten suchten, so Schmidt. "Wir werden das Verfahren im Fall SAP auf jeden Fall bei der Hauptversammlung im Mai hinterfragen".
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In Deutschland ist das Prozedere über den sogenannten Corporate Governance Kodex, der Standards zur Leitung und Überwachung börsennotierter Gesellschaften formuliert hat, geregelt. Er enthält etwa die Empfehlung, dass der Aufsichtsrat für seine Zusammensetzung konkrete Ziele benennen und ein Kompetenzprofil für das Gremium erarbeiten solle.
Solche Kriterien hatte Plattner im Vorfeld der Suche tatsächlich formuliert. So sollte sein Nachfolger eigentlich aus den eigenen Reihen kommen, Deutsch sprechen und die SAP Deutschland kennen. "Aber der Plan hat sich zerschlagen", musste Plattner vergangene Woche einräumen, da Renjen in den USA lebt. Es sei "nicht so einfach, einen Nachfolger aus der Mütze zu ziehen".
Auch die SAP-Sprecherin verteidigte das Vorgehen: Der zuständige Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats sei seit der letzten Hauptversammlung mehrfach zusammengetreten und habe über die Nachfolgeplanung diskutiert, sagte sie. Dabei habe Einigkeit darüber bestanden, dass die Suche nach geeigneten Kandidaten sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens erfolgen solle. Es seien mehrere Personen auf der Kandidatenliste gewesen.
Kritik wegen vermeintlicher Compliance-Verstöße hatte es gegen den SAP-Mitgründer schon einmal gegeben. Vor zwei Jahren hatte sich die Hasso-Plattner-Stiftung an SAP Fioneer beteiligt, einer Konzernabspaltung, die Software für die Finanzbranche entwickelt.
Allerdings hatte Plattner das Investment zunächst verschwiegen. Kritiker meldeten Bedenken an, da es für Plattner als Aufsichtsratschef und SAP-Großaktionär Interessenkonflikte geben könne. Im Sommer 2021 ruderte der SAP-Mitgründer dann zurück und kündigte an, den Anteil der Stiftung zu verkaufen.