BASF begrüßt Ausrufung der Frühwarnstufe
Der Chemiekonzern sieht sich damit besser vor dem drohendem Ausfall russischen Gases gerüstet. HeidelbergCement warnt vor Engpässen.

Von Matthias Kros
Ludwigshafen/Heidelberg. Weniger Gaslieferungen aus Russland könnten die Produktion der BASF in Ludwigshafen empfindlich stören. Deshalb begrüßt der Chemiekonzern die jüngste Ausrufung der Frühwarnstufe im Notfallplan Gas durch die Bundesregierung. "Damit werden die Marktteilnehmer stärker involviert und wichtige Schritte für die Vorbereitung auf einen möglichen Ausfall russischen Gases ermöglicht", sagte eine Sprecherin am Donnerstag.
Sollte es zu einem Stopp der Gaslieferungen aus Russland kommen, sind ihrer Ansicht nach mindestens die unternehmenseigenen Kraftwerke und die Kläranlage bei der Versorgung priorisiert, da sie auch der kommunalen Versorgung dienten und somit systemrelevant seien. Für alle weiteren Produktionsanlagen warte man noch auf die Kriterien für eine solche Priorisierung. Sie seien von der Bundesregierung noch nicht bekannt gegeben worden.
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am Mittwoch angesichts des Krieges in der Ukraine die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Sie appellierte an alle Verbraucher, Gas zu sparen. Die Versorgungssicherheit sei aber weiterhin gewährleistet. Nach dem Notfallplan gibt es drei Krisenstufen: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe. Erst in der Notfallstufe greift der Staat in den Gasmarkt ein. Die Bundesnetzagentur entscheidet dann, wer noch wie viel Gas geliefert bekommt. Besonderen Schutz genießen etwa Verbraucher und Krankenhäuser, der Industrie könnte aber teils das Gas abgedreht werden.
Eine kontinuierliche Belieferung mit Erdgas sei für die Chemieproduktion aber unverzichtbar, erläuterte die BASF-Sprecherin. In Europa verwende BASF etwa 60 Prozent des zugekauften Erdgases für die Erzeugung von Energie, der Rest werde darüber hinaus als Rohstoff genutzt, um wichtige Grundchemikalien für nahezu alle Industriebranchen herzustellen.
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"Eine Verknappung des Erdgases würde sich somit doppelt auf die Chemieproduktion auswirken", folgerte die Sprecherin. Zum einen würde nicht mehr genügend Energie für die Produktionsprozesse zur Verfügung stehen, zum anderen würde Erdgas als wichtiger Ausgangsstoff für die Herstellung von Produkten fehlen.
Falls die Menge des an BASF gelieferten Erdgases also tatsächlich eingeschränkt würde, müsse somit die Produktion von wichtigen Basischemikalien und Folgeprodukten gedrosselt werden, sodass alle nachgelagerten Kundenbranchen betroffen wären. Das beträfe viele Dinge des täglichen Bedarfs.
Für den BASF-Standort Ludwigshafen, größtes Chemiewerk der Welt, machte die Sprecherin folgende Rechnung auf: "Eine Reduzierung der Erdgasversorgung auf unter die Hälfte des heutigen Bedarfs würde zu einer vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit führen", sagte sie. Bei deutlicher Einschränkung oder Einstellung der Produktion sei mit erheblichen Auswirkungen auf die Grundversorgung der Bevölkerung (nicht nur in Deutschland) und damit auf das Gemeinwesen zu rechnen.
Zu den Unternehmen der Region mit sehr energieintensiver Produktion zählt auch der Baustoffkonzern HeidelbergCement. "Die Deckung unseres Energiebedarfs ist entscheidend", sagte ein Sprecher am Donnerstag. Zwar verwende man Gas als direkten Energieträger nur in niedrigen Prozentzahlen. "Ein Ende der Erdgaslieferungen aus Russland könnte sich jedoch auch stark auf Produktion und Verfügbarkeit von Strom auswirken", sagte er. "Dies hätte erhebliche Folgen für die Zementproduktion. Zudem müssen wir auch die Situation der Steinkohle- und Ölimporte sowie die komplexen Wechselwirkungen im Blick behalten".
Auch die rasant gestiegenen Energiepreise machen HeidelbergCement Sorgen. "Wir sind daher bereits gezwungen, die Preise signifikant anzuheben", so der Sprecher. "Bei einer weiteren Zuspitzung der Situation werden wir weitere Maßnahmen treffen müssen".