Gewerkschaft kündigt Widerstand gegen BASF-Sparprogramm an (Update)
Einsparungen von insgesamt 500 Millionen Euro jährlich sind vorgesehen. Arbeitnehmervertreter warnen vor überzogenen Maßnahmen.

Frankfurt/Ludwigshafen. (dpa) Die Chemie-Gewerkschaft IG BCE hat Gegenwehr bei den geplanten Kosteneinsparungen des Branchenriesen BASF angekündigt. "Tiefe Einschnitte an den heimischen Standorten anzukündigen, während Politik und Sozialpartner einen milliardenschweren Abwehrschirm aufspannen, ist nicht nur maximal instinkt- und respektlos, sondern wird auch auf unseren entschiedenen Widerstand treffen", sagte der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt am Donnerstag.
Man unternehme gerade massive Anstrengungen, um die Folgen der Gaskrise auf die energieintensive Industrie zu minimieren, sagte der Gewerkschaftschef, der als Co-Vorsitzender einer Expertenkommission für Gas und Wärme an den Vorschlägen für eine Gaspreisbremse mitgewirkt hatte.
Es brauche jetzt Sicherheit für Beschäftigte, Perspektiven für Standorte und nicht nur Management zulasten Dritter, so Vassiliadis, der auch im Aufsichtsrat der BASF sitzt. "Der Vorstand wollte die in wenigen Tagen stattfindende Aufsichtsratssitzung offenbar nicht abwarten, um sich zu erklären. Jetzt werden wir sie nutzen, um unsere Position mit Nachdruck klarzumachen."
Der Ludwigshafener Chemiekonzern, der in der Gaskrise unter Druck steht, will die Kosten deutlich drücken. Ein Sparprogramm, das von 2023 bis 2024 umgesetzt wird, soll die jährlichen Kosten außerhalb der Produktion um 500 Millionen Euro senken, hatte BASF am Mittwoch mitgeteilt. Mehr als die Hälfte der Einsparungen sollen am Standort Ludwigshafen realisiert werden. Sowohl Unternehmens-, Service- und Forschungsbereiche als auch die Konzernzentrale sollen gestrafft werden, hieß es. Dabei schließe man Stellenstreichungen nicht aus.
BASF hat im dritten Quartal wegen der Gaskrise und Abschreibungen auf die Mehrheitsbeteiligung am Gas- und Ölkonzern Wintershall Dea deutlich weniger verdient als ein Jahr zuvor.
Update: Donnerstag, 13. Oktober 2022, 14.04 Uhr
BASF plant Stellenabbau in Ludwigshafen
Von Matthias Kros
Ludwigshafen. Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF will wegen der massiv gestiegenen Energiepreise und hoher Abschreibungen seine jährlichen Kosten in Europa bis 2024 um 500 Millionen Euro senken. Mehr als die Hälfte der Einsparungen sollen am Stammsitz Ludwigshafen realisiert werden, kündigte das Unternehmen am Mittwoch in einer außerplanmäßigen Mitteilung an. "Dabei wird es auch zu einem Stellenabbau kommen", sagte eine Sprecherin. Über dessen Umfang machte sie allerdings keine Angaben. "Wir befinden uns in einem sehr frühen Planungsstadium", sagte sie. Weiter teilte die BASF mit, dass aktuell an einer längerfristigen Umstrukturierung der Chemiestandorte in Europa gearbeitet werde. Ergebnisse dazu kündigte das Unternehmen, das wie die gesamte Chemiebranche besonders stark unter den hohen Energiekosten leidet, für das erste Quartal 2023 an.
Als Grund für das Sparprogramm nannte die BASF die deutlich schwächeren Ergebnisse in Europa aufgrund "sich verschlechternder Rahmenbedingungen". In Deutschland habe es im dritten Quartal sogar einen Verlust gegeben, teilte der Konzern mit, ohne genaue Zahlen zu nennen. Insgesamt sei der Gewinn nach Steuern voraussichtlich von 1,25 Milliarden Euro im Vorjahr auf 909 Millionen Euro zurückgegangen, so die BASF auf Basis vorläufiger Zahlen. Im Ergebnis seien Wertberichtigungen auf die Mehrheitsbeteiligung an Wintershall Dea in Höhe von rund 740 Millionen Euro enthalten. Diese resultierten aus der teilweisen Abschreibung der von Wintershall Dea gehaltenen Beteiligung an der Nord Stream AG, die die Gas-Pipeline Nord Stream 1 betreibt. Der Umsatz des Chemiekonzerns legte im Jahresvergleich dank höherer Preise und günstiger Wechselkurse dagegen im dritten Quartal um 12 Prozent auf knapp 22 Milliarden Euro zu.
Vor diesem Hintergrund habe man ein Kosteneinsparprogramm mit Fokus auf Europa und insbesondere Deutschland beschlossen, das von 2023 bis 2024 umgesetzt werde, hieß es weiter. Kurzfristig mögliche Kosteneinsparungen sollten sogar sofort erfolgen. Dabei gelte es sowohl Unternehmens-, Service- und Forschungsbereiche als auch das Corporate Center zu "straffen". Ausgenommen sei dagegen die Produktion. Die BASF beschäftigt am Stammsitz etwa 38 00 seiner insgesamt mehr als 110 00 Mitarbeiter. Betriebsbedingte Kündigungen sind in Ludwigshafen laut der laufenden Standortvereinbarung bis Ende 2025 ausgeschlossen.
Die Arbeitnehmervertretungen würden nun in den Prozess eingebunden, kündigte die BASF an. Sinischa Horvat, Vorsitzender des Betriebsrates der BASF SE und Konzernbetriebsratsvorsitzender der BASF, zeigte sich am Mittwoch zurückhaltend: "Wir werden jetzt in aller Ruhe mit dem Unternehmen die Lage bewerten", sagte er auf RNZ-Anfrage. Noch könne man dazu keine Aussagen machen. "Fakt ist, dass jede Maßnahme, die Personal betrifft, mit dem Betriebsrat besprochen wird". Dazu habe man ein gemeinsames Verständnis. Dabei sei auch klar, "dass solche Programme immer kritisch von Seiten des Betriebsrates begleitet werden. Jetzt werden wir mit dem Unternehmen in Gespräche eintreten".
Gunther Kollmuß, Bezirksleiter der Gewerkschaft IG BCE Bezirk Ludwigshafen, warnte die BASF vor einer überzogenen Reaktion. "Es ist ja nicht so, dass die Beschäftigten in Ludwigshafen nicht ausgelastet wären", sagte er. Auch mit Blick auf die laufenden Tarifverhandlungen erinnerte er daran, dass die Ertragslage der BASF weiterhin positiv sei und der Konzern über eine gesunde Substanz verfüge. "Ich sehe jedenfalls keinen Widerspruch zwischen unseren Forderungen und dem jetzt angekündigten Sparprogramm".
Die BASF hatte in den vergangenen Wochen immer wieder vor Engpässen bei der Gas-Versorgung gewarnt. Schlimmstenfalls müssten die Anlagen im Stammwerk sogar heruntergefahren werden. Zudem leidet die BASF massiv unter den gestiegenen Energiepreisen. Allein im zweiten Quartal seien die Energiekosten im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 800 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro angestiegen, hatte Hans-Ulrich Engel, Finanzchef und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BASF, kürzlich vorgerechnet. Die BASF ist sogar der größte Gas-Verbraucher in Deutschland und benutzt den Brennstoff nicht nur zum Heizen, sondern auch als Rohstoff für eine Vielzahl anderer Produkte.
Update: Mittwoch, 12. Oktober 2022, 16.46 Uhr



