"Das absolute Chaos ist ausgeblieben"
BASF-Arbeitsdirektor warnt davor, die Region schlechtzureden - Bundesrat beschließt Planungsbeschleunigungsgesetz

Von Matthias Kros
Ludwigshafen. Die Sperrung der maroden Hochstraße Süd in Ludwigshafen hat aus Sicht der BASF nicht zu dem befürchteten Verkehrsinfarkt geführt. "Das absolute Chaos ist ausgeblieben", sagte Michael Heinz, Arbeitsdirektor des Chemiekonzerns und Standortleiter für das Werk Ludwigshafen, bei einer Veranstaltung des Clubs der Kurpfälzer Wirtschaftsjournalisten am Donnerstagabend. Das sei angesichts der knapp 60.000 Fahrzeuge, die die Hochstraße Süd vor der Sperrung täglich genutzt hätten, schon bemerkenswert. Heinz warnte in diesem Zusammenhang davor, "die Region schlechtzureden". Schließlich werde man auch in Zukunft "Fachkräfte von außen" brauchen. Das heiße natürlich nicht, dass die Sperrung der Hochstraße "keine Schmerzen verursache", so Heinz. "Aber wir können die Schmerzen so klein wie möglich halten".

Hauptgrund für die aus seiner Sicht vergleichsweise moderaten Staus sei der Ausbau der ÖPNV-Angebote, sagte Heinz, der auch Vorsitzender des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar (ZMRN) ist. Dank des milden Winters seien zudem zahlreiche Pendler auf das Fahrrad umgestiegen. Und schließlich böten auch Unternehmen wie die BASF ihren Mitarbeitern zunehmend Möglichkeiten, um das Auto stehenlassen zu können, wie beispielsweise Homeoffice oder mobiles Arbeiten. Eine interne Umfrage bei der "Anilin" habe ergeben, dass fast 40 Prozent der eigenen Mitarbeiter zumindest gelegentlich von Hause aus arbeiten würden. Und da sei noch Luft nach oben, findet Heinz. Inklusive der auf dem Werksgelände regelmäßig tätigen Fremdfirmen kommen jeden Tag rund 40.000 Menschen zur BASF.
Die Demontage mit anschließendem Neubau der Hochstraße Süd ist nötig, weil ein Teilstück einzustürzen droht. Wegen Rissen in der Konstruktion war die Hochstraße bereits im August 2019 gesperrt worden. Die Süd-Trasse gilt mit der ebenfalls maroden Hochstraße Nord als zentrale Verkehrsachse der Region. "Das ist unser Horrorszenario", sagte Heinz. "Wenn beide Hochstraßen ausfallen würden". Schließlich führen neben 440 Eisenbahnwaggons und 20 Schiffen täglich bis zu 2500 Lkw die BASF in Ludwigshafen an. Deshalb sei es aus BASF-Sicht so wichtig, dass die Hochstraße Nord ertüchtigt wird und mindestens so lange hält bis die Süd-Trasse fertig ist.
Um Engpässen vorzubeugen habe das Unternehmen bereits reagiert und ändere die Werkszufahrt für Lastwagen, erklärte der Arbeitsdirektor. Ab 2022 sollen alle Lkw durch das Tor 15 auf das Werksgelände fahren. Der Konzern investiere einen Millionenbetrag in eine zusätzliche Abfertigung auf einem Parkplatz an der Kläranlage. Auf diese Weise verschaffe man sich einen Puffer und entlaste den städtischen Verkehr. Langfristig soll noch ein neues Logistikzentrum auf Frankenthaler Gemarkung folgen, für das man bereits etwa 100 Hektar an Platz reserviert habe.
Insgesamt monierte der BASF-Vorstand, dass in Deutschland viel zu wenig in die Infrastruktur investiert werde. Während es Anfang der 70er Jahre noch etwa vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts gewesen seien, sei dieser Anteil heute auf nur noch ein Prozent gesunken. Zudem habe in der Region "eine Vision für den Verkehr der Zukunft" gefehlt, sagte er und brachte dabei die immer wieder diskutierte Idee einer dritten Rhein-Querung bei Altrip ins Spiel. Das werde vielleicht heute nicht helfen, räumt Heinz ein. "Aber in 20 Jahren sollen die Leute nicht sagen: Warum habt ihr nichts getan?"
Als Erfolg der regionalen Zusammenarbeit wertet Heinz dagegen das sogenannte Planungsbeschleunigungsgesetz, dem am Freitag der Bundesrat zugestimmt hat. Daran habe die Region auf allen Ebenen mitgearbeitet und es könne bei der Hochstraße zum ersten Mal zur Anwendung kommen. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Ersatzneubauten von maroden Bundesstraßen in Zukunft ohne Planfeststellungsverfahren und damit bis zu sieben Jahre schneller gebaut werden können. Manfred Schnabel, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, sprach von einer "wichtigen Entscheidung". Die Wirtschaft hoffe, dass die schwierige Verkehrssituation in der Region durch ein unbürokratisches Neubauverfahren der Hochstraße einige Jahre früher entlastet werde. Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) teilte mit, sie habe das Votum mit großer Freude und Erleichterung aufgenommen. "Der Beschluss eröffnet uns die Möglichkeit, den Ersatzneubau für die Hochstraße in einer deutlich kürzeren Zeit umzusetzen."



