"Das wird ein harter Weg"
Vorstand der Heidelberger Druckmaschinen schwört Mitarbeiter wegen des Sanierungsplans auf schwierige Zeiten ein

Von Barbara Klauß
Wiesloch. Die Vorstände der Heidelberger Druckmaschinen haben die Mitarbeiter angesichts eines neuen Sanierungsplans auf schwierige Zeiten eingeschworen. "Wir wissen: Das wird ein harter Weg. Er wird uns alles abverlangen. Und das über mehrere Jahre", erklärte Finanzvorstand Marcus Wassenberg in einem Video, in dem er sich gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Rainer Hundsdörfer und Arbeitnehmervertretern an die Mitarbeiter wandte. Eine Betriebsversammlung war wegen des Coronavirus nicht möglich gewesen.
Der seit Jahren kriselnde Druckmaschinenbauer hatte am Dienstagabend einen Sanierungsplan vorgelegt, der tiefgreifende Änderungen vorsieht. So sollen etwa 2000 der weltweit rund 11.000 Stellen abgebaut werden. "Das ist schmerzlich, aber unumgänglich", sagte Wassenberg an die Mitarbeiter gewandt. Auch Betriebsschließungen seien nicht auszuschließen. Zudem wird die Produktion der Digitaldruckmaschine Primefire 106 und das "Großformat" im Bogenoffsetdruck eingestellt. Diese Entscheidung sei extrem schwer gefallen, erklärte Hundsdörfer. Zwar seien die Produkte technologisch Spitze – machten aber seit Jahren Verluste.
Stattdessen will sich das Unternehmen auf das rentable Kerngeschäft konzentrieren. Zudem soll die Digitalisierung vorangetrieben und das Subskriptionsmodell weiter ausgebaut werden.
Welche Bereiche des Unternehmens in welchem Umfang von den "tiefen Einschnitten beim Personal" betroffen sein werden, ist Wassenberg zufolge noch unklar, ebenso wie die Auswirkungen auf das Stammwerk in Wiesloch mit rund 5000 Mitarbeitern. Doch beteuerten alle Beteiligten, dass der Stellenabbau so sozialverträglich vonstatten gehen solle wie möglich. "Etwa ein Drittel können wir über bestehende Programme wie Altersteilzeit abdecken", erklärte Wassenberg. Über weitere Möglichkeiten wie Freiwilligenprogramme wolle man nun so schnell wie möglich mit den Arbeitnehmervertretern sprechen. Durch die Restrukturierung rechnet der Finanzchef mit einer Belastung von 300 Millionen Euro.
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Den angekündigten Stellenabbau bedaure der Betriebsrat zutiefst, sagte dessen Vorsitzender Ralph Arns im Video an die Mitarbeiter – "wohlwissend, dass Strukturanpassungen unumgänglich sind". Zugleich verwies er auf einen Zukunftspakt, der 2018 geschlossen wurde und betriebsbedingte Kündigungen bis 31. März 2022 ausschließt. Zwar sei der Abbau von 85 Stellen in Wiesloch zulässig. "Aber wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen." Im Stammwerk sind Arns zufolge bereits rund 600 Altersteilzeitverträge abgeschlossen. "Sollte das nicht reichen, werden wir Gespräche aufnehmen, um sozialverträgliche Lösungen zu finden."
Finanziert werden soll diese Restrukturierung, indem knapp 400 Millionen Euro aus dem Heidelberg Pension-Trust ins Unternehmen zurückgeholt werden. Solche Pensionsfonds sind vom Arbeitgeber ausgegliedertes Sondervermögen, das die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung der Mitarbeiter sichern soll. Die Mittel, die nun zurückgeführt werden, würden für die Absicherung der Betriebsrenten nicht benötigt, betonte Wassenberg. "Die Pensionsansprüche aller aktiven und ehemaligen Mitarbeiter werden in vollem Umfang erhalten, die Betriebsrenten bleiben auch in Zukunft zu 100 Prozent sicher."
Die Rückführung des Geldes bezeichnete Hundsdörfer als Befreiungsschlag. "So können wir unsere Schulden weitgehend abbauen", fügte Wassenberg hinzu.
An der Börse kamen die Finanzspritze und der Sanierungsplan gut an. Zeitweise schossen die Aktien um rund 30 Prozent hoch. Gegen Mittag lagen die Papiere des angeschlagenen Druckmaschinenbauers noch mit 19,6 Prozent im Plus bei 0,65 Euro, am Abend rutschten sie allerdings wieder auf knapp 0,58 Euro ab.
"Dieser Schritt sichert die Zukunft des Unternehmens", schrieb Stefan Augustin vom Analysehaus Pareto Securities und empfiehlt die Aktie nun sogar zum Kauf. Der Druckmaschinenhersteller unternehme etwas und bringe zudem seine Nettoverschuldung dank der Rückführung von Mitteln der Nullgrenze nahe.
Allerdings senkte das Unternehmen erneut seine Prognose und erwartet nur noch einen Umsatz unter dem Niveau des Vorjahres in Höhe von 2,49 Milliarden Euro. Hundsdörfer und Wassenberg verwiesen darauf, dass die Corona-Krise das Geschäftsjahr kräftig verhageln könne. Bereits jetzt gebe es in Nordamerika und Europa starken Rückgang der Aufträge, zum Teil reagiere das Unternehmen mit massiver Kurzarbeit. In Asien hingegen laufe das Geschäft wieder ordentlich. Von den Mitarbeitern des Stammwerks seien so viele wie möglich im Homeoffice, für die anderen habe man Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.