Aufsichtsratschef Siegfried Jaschinski verlässt Heideldruck
Rüesch-Affäre soll einer der Gründe sein - Unternehmensberater Martin Sonnenschein ersetzt ihn als Vorsitzenden des Aufsichtsrats

Zwölf Jahre lang war Siegfried Jaschinski Aufsichtsrat der Heidelberger Druckmaschinen AG, zuletzt war er vier Jahre Vorsitzender des Konzrolgremiums. Auf dem Foto leitet er die Hauptversammlung im Jahr 2017. Foto: Veigel
Von Thomas Veigel
Heidelberg. Insider hatten damit gerechnet: Siegfried Jaschinski hat am gestrigen Montag angekündigt, sein Mandat als Aufsichtsratsmitglied und sein Amt als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Heidelberger Druckmaschinen AG zum 30. November niederzulegen.
Neues Mitglied und Vorsitzender des Aufsichtsrats soll ab 1. Dezember Martin Sonnenschein, Partner und Geschäftsführer der Unternehmensberatung A.T. Kearney, werden. Da Martin Sonnenschein nicht von den Aktionären auf der Hauptversammlung gewählt werden kann, muss er noch gerichtlich bestellt werden. Sonnenschein war von Jaschinski vorgeschlagen worden.
Nach Informationen der RNZ zieht Siegfried Jaschinski mit dem Rücktritt auch die Konsequenzen aus der Rüesch-Affäre. Großaktionär und Aufsichtsrat Ferdinand Rüesch spielte nicht nur eine wichtige Rolle in dem anonymen Mitarbeiterbrief, der kurz vor der Hauptversammlung im Juli an verschiedene Redaktionen verschickt wurde und in dem der Vorstandsvorsitzende Rainer Hundsdörfer harsch kritisiert wurde. Der "Wirtschaftswoche" hatte Rüesch mitgeteilt, an den Formulierungen hätten neben mehreren Heideldruck-Mitarbeitern er selbst und seine Kommunikationsberatung mitgewirkt.
Rüesch hatte auch in einer Art Handstreich die Bestellung einer Frau als Finanzvorstand verhindert. Die Kandidatin war von Jaschinski und den anderen Vertretern der Anteilseigner favorisiert worden - nur Ferdinand Rüesch war dagegen. Er präsentierte einen eigenen Kandidaten, den er mit den Stimmen der Arbeitnehmervertreter ins Amt hob. Marcus A. Wassenberg (52) wurde im August zum 1. September 2019 zum Finanzvorstand der Heidelberger Druckmaschinen AG bestellt. Wassenberg folgte Dirk Kaliebe nach, der das Unternehmen auf eigenen Wunsch Ende September verlassen hat. Wassenberg war zuletzt Finanzvorstand bei der Rolls-Royce Power Systems AG in Friedrichshafen.
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Pikant an der ganzen Angelegenheit ist, dass Rüesch nicht nur Anker-Aktionär und Aufsichtsrat, sondern auch Leitender Angestellter des Unternehmens ist. Er ist Key Account Manager bei Gallus, einem zum Heidelberg-Konzern gehörenden Hersteller von Etiketten-Druckmaschinen. Rüesch hatte Gallus vor einigen Jahren an Heideldruck verkauft und war dadurch Großaktionär geworden.
Nach Informationen der RNZ wollte das Unternehmen sich von ihm trennen, nachdem seine Mitwirkung an dem anonymen "Mitarbeiterbrief" bekannt geworden war - unter anderem wegen Verletzung der Loyalitätspflicht. Das Unternehmen, so hieß es, könne es sich nicht leisten, dass er bleibt. Wenig Freude macht dem Unternehmen derzeit auch eine Gallus-Maschine, die digitale Etiketten-Druckmaschine Labelfire, die dem vernehmen nach Verluste in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe produziert.
Martin Sonnenschein (55) hat in den vergangenen Jahren weltweit eine Vielzahl an großen, digitalen Transformationsprogrammen sowie industriellen Wachstums- und Innovationsprojekten erfolgreich umgesetzt, bei denen operative Verbesserungen und neue Geschäftsmodelle im Vordergrund standen. Vor seinem Wechsel zu A.T. Kearney war der promovierte Karlsruher Diplom-Wirtschaftsingenieur in Geschäftsführungspositionen bei Daimler-Benz, E-Plus Mobilfunk und ThyssenKrupp tätig.
"Ich bin sehr froh, dass wir auf meinen Vorschlag hin Herrn Sonnenschein als Kandidaten für den Aufsichtsratsvorsitz gewinnen konnten. Mit dieser Führungskraft hat der Vorstand einen sehr kompetenten und erfahrenen Ratgeber insbesondere auch bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells, der Digitalisierung und der Transformation des Unternehmens", sagte Siegfried Jaschinski.



