Enttäuschende Studien

Curevac kündigt Heidelberger Produktions-Partner "Celonic" (Update)

Die Studienergebnisse waren enttäuschend und die Genehmigung durch die Arzneimittelbehörde EMA steht weiterhin aus. Nun zieht das Unternehmen Konsequenzen.

14.09.2021 UPDATE: 14.09.2021 16:30 Uhr 3 Minuten, 3 Sekunden
Pharmaunternehmen Curevac

Das Pharmaunternehmen Curevac zieht aus den Entwicklungen der vergangenen Wochen nun die Konsequenzen. Wegen der schwachen Nachfrage kündigt das Unternehmen nun Produktionsvereinbarungen mit seinen Partnern. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Von Matthias Kros

Heidelberg. Das Biotechnologieunternehmen Curevac, dessen Hauptaktionär, die Heidelberger Dievini Hopp Biotech Holding und damit SAP-Mitgründer Dietmar Hopp ist, wird nun doch keinen Impfstoff in Heidelberg produzieren. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Schweizer Partner Celonic sei innerhalb der vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen aufgehoben worden, teilte Curevac am Dienstag in Tübingen mit. Finanzielle Details dazu wurden nicht offengelegt. Celonic-Konzernchef Konstantin Matentzoglu zeigte sich auf RNZ-Anfrage trotz des Schritts gelassen: "Unsere Mittel- und Langfrist-Wachstumspläne für den Standort Heidelberg haben sich mit dem Wegfall der Produktion für Curevac nicht verändert", sagte er. "Wir sind sicher, dass wir die freiwerdenden Kapazitäten in einigen Monaten anderweitig mit Kundenprojekten auslasten können und erwarten daher keine größeren Auswirkungen für den Standort."

Hintergrund für die Kündigung sei die schwache Nachfrage nach dem eigenen Covid-19-Impfstoffkandidaten der ersten Generation (CVnCoV), teilte Curevac weiter mit. Der Wirkstoff des Unternehmens zeigte Ende Juni überraschend nur eine Wirksamkeit von 48 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung. Ob er von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zugelassen wird, ist deshalb offen. In einem zweiten Anlauf hofft Curvac auf bessere Werte. Dazu soll im vierten Quartal gemeinsam mit GlaxoSmithKline eine Studie zu einem Covid-19-Impfstoffkandidaten der zweiten Generation beginnen. Das Präparat des Tübinger Unternehmens ist ein sogenannter mRNA-Impfstoff – wie die bereits zugelassenen von Biontech/Pfizer und Moderna. Auch das Mittel der Tübinger galt lange als höchst vielversprechend.

Da die eigenen Kapazitäten nicht ausreichten hatte sich Curevac für die Produktion des Impfstoffs seit dem Frühjahr 2020 ein Partnernetzwerk aufgebaut. Dazu gehört auch die Celonic-Group, die jährlich mehr als 100 Millionen Corona-Impfdosen in ihrem Heidelberger Werk herstellen wollte, rund 50 Millionen noch 2021. Dafür hatte Celonic bereits begonnen, entsprechende Produktionskapazitäten aufzubauen. Etwa 160 neue Jobs hatte das Schweizer Unternehmen deshalb versprochen. Damit würde der Standort auf rund 400 Stellen anwachsen. Celonic hatte im Jahr 2017 ein Werksgelände am Heidelberger Czernyring gekauft, den ehemaligen Sitz der Firma Orpegen.

Mit der jetzt ausgesprochenen Kündigung steht Celonic im Übrigen nicht allein da: Auch die Liefervereinbarungen mit Wacker Chemie in München würden gekündigt, so Curevac. Die Verträge mit Rentschler Biopharma und Novartis blieben dagegen bestehen. Auf Wacker Chemie habe die Kündigung des Vertrags keine größeren Auswirkungen, teilte das Unternehmen mit. Für den Geschäftsbereich Wacker Biosolutions habe das keinen wesentlichen Einfluss auf die Umsatz- und Ergebnisentwicklung. Wacker will die freiwerdenden Kapazitäten seiner niederländischen Impfstoffproduktion für andere Kunden nutzen.

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Aufgeben will Hopp Curevac trotz der Rückschläge übrigens nicht: "Ich bin zuversichtlich, dass Curevac erfolgreich sein wird", hatte er der RNZ im Juni gesagt. Dieser Einschätzung schloss sich auch Friedrich von Bohlen, Geschäftsführer der Heidelberger Dievini Hopp Biotech Holding, "voll und ganz" an. "Die bekanntgegebenen Interimsdaten sind für uns alle noch nicht zufriedenstellend", hatte dieser zwar eingeräumt. "Sie zeigen jedoch, dass auch Curevacs mRNA-Impfstoff wirkt".

Update: Dienstag, 14. September 2021, 17.30 Uhr


Tübingen/Heidelberg. (dpa) Das Biotechunternehmen Curevac verkleinert wegen der geringeren Nachfrage nach seinem Corona-Impfstoff das Produktionsnetz. Die Verträge mit Wacker Chemie sowie dem Heidelberger Unternehmen Celonic würden gekündigt, teilte das Unternehmen am Dienstag in Tübingen mit.

Die Entscheidung sei eine Reaktion auf die geringere kurzfristige Spitzennachfrage nach Impfstoffen im Anschluss an die erste Welle der Pandemie-Impfanstrengungen, hieß es. Dies habe zu einer weiter "veränderten Nachfrage" nach CureVacs COVID-19-Impfstoffkandidaten der ersten Generation (CVnCoV) geführt. Dieser wird derzeit von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) geprüft.

Ob die EMA den Impfstoff zulassen wird, ist weiter offen. Ende Juni hatte Curevac bekannt gegeben, dass die Wirksamkeit seines Impfstoffkandidaten CVnCoV niedriger sei als die anderer Impfstoffe. Das Tübinger Biotechunternehmen war Anfang Juli davon ausgegangen, dass die EMA den Impfstoff trotz geringer Wirksamkeit zulassen wird. Das Curevac-Präparat hatte einer finalen Analyse zufolge eine Wirksamkeit von 48 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung über alle Altersgruppen hinweg gezeigt.

Finanzielle Details zu den Folgen der gekündigten Produktionspartnerschaften nannte Curevac nicht. Die Verträge mit Rentschler Biopharma und Novartis blieben bestehen. CVnCoV werde weiter von der Europäischen Arzneimittelbehörde geprüft, hieß es weiter. Im vierten Quartal soll zudem eine Studie zu CV2CoV beginnen, einem gemeinsam mit GlaxosmithKline entwickelten Covid-19-Impfstoffkandidaten der zweiten Generation.

Die Bundesregierung hatte den Curevac-Impfstoff ursprünglich für die Impfkampagne eingeplant. An Curevac ist auch der Bund indirekt über die Staatsbank KfW zu 16 Prozent beteiligt. Auf diese Weise wollte die Politik das Unternehmen gegen eine mögliche Übernahme aus dem Ausland absichern. Den größten Anteil am Unternehmen hält der SAP-Mitbegründer und Investor Dietmar Hopp. Das Präparat des Tübinger Unternehmens ist ein sogenannter mRNA-Impfstoff - wie die von Biontech/Pfizer (Deutschland/USA) und Moderna (USA).

Auf Wacker Chemie hat die Kündigung des Vertrags keine größeren Auswirkungen, teilte der Münchner Konzern mit. Für den Geschäftsbereich Wacker Biosolutions habe das keinen wesentlichen Einfluss auf die Umsatz- und Ergebnisentwicklung. Wacker will die freiwerdenden Kapazitäten seiner niederländischen Impfstoffproduktion für andere Kunden nutzen.

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