Walldorfer sehen "erhebliche Unsicherheiten"
Ekosem-Agrar legt kurz vor den Gläubigertreffen in Sinsheim doch noch eine Bilanz vor.

Von Matthias Kros
Walldorf. Unmittelbar vor den wichtigen Gläubigertreffen am Montag und Dienstag in Sinsheim hat die Walldorfer Ekosem-Agrar AG, deutsche Holdinggesellschaft der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Unternehmensgruppe Ekoniva, überraschend doch noch eine Bilanz für das Geschäftsjahr 2021 vorgelegt. Bislang hatte die Gesellschaft die Zahlen mit dem Hinweis zurückgehalten, dass die Abschlussprüfer Ernst & Young die Prüfung der Jahresabschlüsse 2020 und 2021 aufgrund der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit zunächst nicht habe abschließen können.
Ekosem-Agrar steckt wegen der russischen Invasion in der Ukraine und die darauffolgenden Sanktionen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und befürchtet, enteignet zu werden. Zudem ist die Refinanzierung der Gruppe an den Kapitalmärkten erheblich erschwert worden. Das Unternehmen bittet daher die Gläubiger einer breit gestreuten Anleihe um Hilfe. Sie sollen bei den Treffen in Sinsheim einer erheblich reduzierten Verzinsung und einer längeren Laufzeit zustimmen.
Die bislang also ungeprüfte Bilanz für das Geschäftsjahr 2021 ist dabei eigentlich erfreulich. In einer Presseinformation berichtet Ekosem-Agrar über Umsatzerlöse von 583 Millionen Euro, was gegenüber dem Vorjahr einem Plus von 26 Prozent entspricht. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) erreichte rund 190 Millionen Euro (Vorjahr: 195 Millionen Euro). Auch im ersten Quartal 2022 lief die operative Entwicklung laut Vorstandschef Stefan Dürr "weitgehend stabil". Von staatlicher Seite erhalte man "aufgrund der Bedeutung des Unternehmens für die Versorgung mit Lebensmitteln umfangreiche Unterstützung."
Wolfgang Bläsi, Finanzchef der Ekosem-Agrar AG, warnte allerdings: "Trotz der derzeit stabilen operativen Entwicklung, bestehen erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten 24 Monaten". Die Reichweite und Zuverlässigkeit von Prognosen seien unter den gegebenen Umständen extrem erschwert und man erwarte, dass sich daran auf absehbare Zeit wenig ändern werde. Vor diesem Hintergrund halte man die den Gläubigern vorgeschlagenen Schritte für unabdingbar.
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Die Ekoniva Gruppe ist mit einem Bestand von mehr als 216.000 Rindern und einer Milchleistung von rund 3100 Tonnen pro Tag der größte Milchproduzent Russlands. Die Gruppe verfügt über eine landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 630.000 Hektar und zählt darüber hinaus zu den großen Saatgutherstellern Russlands. Beschäftigt werden rund 12000 Mitarbeiter.