Zwei Milliarden Euro Verlust im zweiten Quartal
Aufflammende Spar-Spekulationen sorgen unter anderem in Mannheim für Unruhe.

Von Nico Esch, Marco Engemann und Barbara Klauß
Stuttgart/Mannheim. Die Corona-Krise sorgt für tiefrote Zahlen bei Daimler und zwingt dem Autobauer einen noch deutlich schärferen Sparkurs auf. Allein im zweiten Quartal fuhr der Konzern rund zwei Milliarden Euro Verlust ein. Weil weltweit Fabriken stillstanden, Autohäuser schließen mussten und auch viele andere Unternehmen nicht arbeiten und somit auch keine Lastwagen kaufen konnten, knickten die Absatzzahlen ein. Fast ein Drittel des Umsatzes brach weg. "Vor uns liegen herausfordernde Monate und Jahre", sagte Vorstandschef Ola Källenius am Donnerstag und stellte einmal mehr klar: Daimler muss noch mehr sparen – überall, auch beim Personal.
Wie viel, wie genau und wen es trifft, ließ Källenius allerdings erneut offen. Zwar hatte Personalvorstand Wilfried Porth schon vor zwei Wochen angekündigt, dass deutlich mehr als die bislang kolportierten 15.000 der weltweit rund 300.000 Arbeitsplätze wegfallen müssten. Zuletzt machten dann aber schon Berichte von 20.000 oder gar 30.000 Stellen die Runde – dazu jedoch schweigt der Konzern ebenso wie zu möglichen weiteren Reduzierungen der Produktionskapazität in den Werken. Bekannt ist schon, dass Daimler sein Werk im französischen Hambach verkaufen will.
Auch im Lkw-Motorenwerk in Mannheim mit rund 5500 Mitarbeitern werde derzeit mit dem Betriebsrat eine "sozialverträgliche Reduzierung von Arbeitsplätzen vereinbart", hatte ein Sprecher in der vergangenen Woche erklärt. Wichtige Lkw-Absatzmärkte hatten in den vergangenen Monaten eine sehr schwache Entwicklung verzeichnet, erklärte Andreas Moch, Standortverantwortlicher für das Mercedes-Benz Werk in Mannheim. "Der Absatz von Daimler Trucks lag insbesondere Covid-19-bedingt im ersten Halbjahr 2020 mit rund 150.000 Einheiten um 38 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres." Entsprechend habe auch das Produktionsniveau im Mercedes-Benz Werk Mannheim deutlich unter dem Vorjahresniveau gelegen. "Erfreulicherweise entwickelt sich der Auftragseingang jetzt in fast allen Kernregionen positiv."
Moch geht davon aus, dass auch die kommenden Monate stark von der Covid-19-Pandemie geprägt sein werden. "Für uns bedeutet diese Situation, dass wir zunächst auf Sicht fahren und sehr genau prüfen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um unsere Produktion weiter zu erhöhen."
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Källenius hatte vergangenen Herbst angekündigt, bis Ende 2022 im Personalbereich 1,4 Milliarden Euro an Kosten einsparen zu wollen, in erster Linie über die Nichtnachbesetzung frei werdender Stellen, über Vorruhestands- und Abfindungsvereinbarungen. "Das setzen wir konsequent um", betonte er am Donnerstag. Allerdings seien die Folgen der Corona-Pandemie darin nicht berücksichtigt gewesen. Sämtliche Annahmen etwa zur Nachfrage und zum Wachstum hätten sich nach unten verschoben. Daher schärfe man das Programm nun nach und dehne es bis ins Jahr 2025 aus. So hatte sich Källenius bereits mehrfach geäußert und große Unruhe in der Belegschaft ausgelöst – zumal sein Personalchef Porth betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr gänzlich ausschließen will.
"Die Beschäftigungssicherung bei #Daimler hat Bestand und über Standortschließungen diskutieren wir nicht", hatte Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht noch am Mittwochabend getwittert. Betriebsbedingte Kündigungen seien, auch wenn die wirtschaftliche Lage sie erlaube, "immer das letzte Mittel", beschwichtigte Källenius am Donnerstag. Man sei in konstruktiven Gesprächen, um sie zu verhindern. Wie? Da wolle er nicht vorgreifen, sagte er.
Nur negativ wollte Källenius die Zahlen für das zweite Quartal auch nicht verstanden wissen. Zwar verbucht Daimler für die Zeit einen auf die Aktionäre entfallenden Verlust von zwei Milliarden Euro – und 1,9 Milliarden vor dem sogenannten Abzug von Minderheitenanteilen. Es sei aber gelungen, die Kosten im Rahmen und das Geld zusammenzuhalten – was selbst viele Branchenkenner so nicht erwartet hatten.