Bahnhofsbuchhandel warnt vor Schließungen
"Uns läuft die Zeit davon" - Auch bei Schmitt & Hahn bricht der Umsatz ein

Von Barbara Klauß
Düsseldorf/Heidelberg. Kaum noch Reisende, wesentlich weniger Pendler: Den Buchhandlungen an den Bahnhöfen fehlen die Kunden, hinzu kommen hohe Mieten. Der Bahnhofsbuchhandel sieht sich durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie in seiner Existenz bedroht. Ohne rasche Zugeständnisse der Vermieter drohe schon in Kürze das Aus für etliche Geschäfte, warnte am Mittwoch der Verband Deutscher Bahnhofsbuchhändler in Düsseldorf.
Vor der Pandemie kauften Millionen Kunden in den deutschen Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen Lesestoff für unterwegs und für zu Hause. Das versetzte die Branche in die Lage, die hohen Mieten an den belebten Standorten zu bezahlen. Seit Ausbruch der Corona-Krise, seit kaum noch jemand reist, viele berufliche Termine durch Video-Konferenzen ersetzt wurden und viele Menschen im Homeoffice arbeiten, ist das Geschäft an den Verkehrsknotenpunkten jedoch massiv eingebrochen. An Bahnhöfen liege der Umsatz der Presse- und Buchspezialisten um bis zu 70 Prozent unter dem Vorjahr, an Flughäfen sogar um 90 Prozent, berichtete der Verband.
Ähnlich sieht es bei dem Heidelberger Bahnhofsbuchhändler Schmitt & Hahn aus mit seinen rund 680 Beschäftigten aus, rund 170 davon in der Region: Gut 60 Buchhandlungen betreibt das Familienunternehmen deutschlandweit an Bahnhöfen, unter anderem in Heidelberg, Mannheim und Frankfurt. Dort laufe das Geschäft aufgrund der fehlenden Reisenden und Pendler nur sehr schleppend, teilt Geschäftsführer Friedrich Hacker auf Anfrage mit. Demnach liegen die großen ICE-Standorte bis zu 70 Prozent unter dem Vorjahresumsatz, kleinere Standorte seien aufgrund ihrer Nahversorgungsfunktion etwas besser, so Hacker.
Mit den Flughäfen hätten die Unternehmen inzwischen größtenteils Erleichterungen wie die langfristige Aussetzung der Mindestmieten und Anpassungen der Umsatzmieten vereinbart, so der Verband. Bei dem wichtigsten Vermieter des Bahnhofsbuchhandels, der DB Station & Service, einer Tochter der Deutschen Bahn, sei das aber noch nicht gelungen. Zwar habe das Unternehmen eine grundsätzliche Gesprächsbereitschaft signalisiert und Lösungen für das kommende Jahr in Aussicht gestellt. Doch laufe dem Bahnhofsbuchhandel die Zeit davon. Notwendig sei eine nachhaltige Lösung noch in diesem Jahr, drängte Verbandschef Torsten Löffler gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa).
"Aussetzungen der Mindestmieten gab es überhaupt nicht", heißt es bei Schmitt & Hahn. "Für die erste Welle der Pandemie wurden Mitte des Jahres Vereinbarungen zu einer prozentualen Reduzierung der Mindestmieten geschlossen, die Umsatzmieten blieben in bisheriger Höhe bestehen. Für die zweite Welle ab Oktober 2020 gibt es bis heute gar keine Anpassungen."
Eine Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) betonte, das Unternehmen lasse die Mieter in den Bahnhöfen mit den Auswirkungen der Pandemie nicht allein. "Aktuell prüft die DB, wie sie schnell helfen kann und inwieweit – zusätzlich zu den bereits gewährten Unterstützungen – Hilfe für die betroffenen Mieter in den Bahnhöfen gewährt werden kann."
Bei Schmitt & Hahn hoffen sie, "dass der Vorstand der Deutschen Bahn AG und auch die verantwortliche Politik die erforderlichen Entscheidungen treffen, um unserer Branche zu helfen, damit unsere Betriebe diese frequenzschwachen und damit umsatzschwachen Zeiten überleben können", wie Geschäftsführer Hacker mitteilt. Der kürzlich vorgestellte Deutschlandtakt zwischen allen größeren Städten sei für Schmitt & Hahn eine echte Perspektive – "wir glauben an das Verkehrsmittel Bahn".