Hunderte Mitarbeiter von Verkauf an Hitachi betroffen
ABB-Standort Mannheim von Verkauf der Stromnetz-Sparte betroffen - Keine großen Auswirkungen auf Heidelberg und Ladenburg

Ein Umspannwerk von ABB: Die "Stromkreuzungen" sind ein wichtiger Bestandteil des elektrischen Versorgungsnetzes. Firmenbild
Von Daniel Bernock
Heidelberg/Mannheim. Gerüchte in der Branche gab es schon eine ganze Weile, nun gibt es Klarheit. Der Schweizer ABB-Konzern verkauft die Stromnetz-Sparte an den japanischen Konkurrenten Hitachi. Die "Neuausrichtung", die ABB am Montag ankündigte, betrifft auch den Mannheimer Standort. Dort beschäftigen sich fast die Hälfte der 2000 Mitarbeiter, vor allem Ingenieure, unter anderem mit Transformatoren, Umspannungswerken oder mit Hochspannungs-Gleichstromübertragung.
Details, wie es für die Mitarbeiter weitergehen soll, gibt es bisher wenige. Nach Angaben eines Unternehmenssprechers aus der Schweiz hat sich Hitachi verpflichtet, die Mitarbeiter der Sparte "zu gleichen Bedingungen" zu übernehmen. Der Übergang soll im Laufe des Jahres 2020 abgeschlossen werden. Genauere Informationen zu den Standorten könne ABB noch nicht geben. Mindestens bis 2023 wird ABB noch mit rund 20 Prozent an dem verkauften Bereich beteiligt sein. Damit wolle das Unternehmen den Mitarbeitern einen "kontinuierlichen Übergang" ermöglichen. Der Verkauf betrifft insgesamt rund 36.000 Mitarbeiter und damit in etwa ein Viertel des Gesamtkonzerns.
Mirko Geiger, Chef der IG Metall Heidelberg, zeigte am Montag wenig Verständnis für die Entscheidung des Schweizer Konzerns: Aus wirtschaftlichen Gründen sei der Schritt nicht nachvollziehbar. Schließlich biete die Energiewende gerade in Europa große Möglichkeiten für das Segment. "Dieses Geschäft lässt sich ABB so entgehen", sagte Geiger, der im Aufsichtsrat der deutschen Tochtergesellschaft sitzt.
Die strategischen Gründe, die ABB offiziell anführt, seien ebenfalls wenig plausibel. Denn dann müsste ABB das Geld aus dem Verkauf in die verbliebenen Bereiche investieren. Stattdessen will das Unternehmen laut Mitteilung den kompletten Erlös "zügig und in effizienter Weise" an die Aktionäre ausschütten - über einen Aktienrückkauf oder eine Sonderdividende. Es scheint, so Geiger, als hätte sich der Großinvestor Cevian wieder einmal durchgesetzt. Schon bei Bilfinger hatte sich die schwedische Investmentgesellschaft für einen Verkauf der Immobiliensparte stark gemacht - und diese letztendlich gegen Stimmen im Aufsichtsrat und in der Belegschaft durchgeboxt.
Auch interessant
Der Aufsichtsrat der ABB Deutschland AG tagt am Donnerstag, dann könnte es Details geben, wie es für die Mitarbeiter in Deutschland weitergehen könnte. Für die ABB-Mitarbeiter in Heidelberg und Ladenburg dürfte der Verkauf keine großen Auswirkungen haben.
Einem Insider zufolge könnte der Verkauf der Stromnetzsparte an Hitachi für die Mitarbeiter in Mannheim gar nicht so schlecht sein. Bei dem Schweizer Konzern sei das Segment bisher eher "stiefmütterlich" behandelt worden, die Angestellten hätten sich häufig wie das "fünfte Rad am Wagen" gefühlt. Hitachi sei hingegen weltweit führend in der Energieinfrastruktur, in Europa bisher allerdings weniger stark vertreten. Die Japaner dürften also "höchstes" Interesse an den Mannheimer Ingenieuren haben. Von wo aus diese Mitarbeiter dann allerdings arbeiten werden, sei völlig unklar. Bisher leitet Hitachi das europäische Stromnetz-Geschäft von der Schweiz aus.
Die Stromnetz-Sparte von ABB macht einen Jahresumsatz von rund 10 Milliarden Dollar. Die Japaner zahlen für die 80,1 Prozent 7,8 Milliarden US-Dollar (6,9 Mrd Euro). Die restlichen 19,9 Prozent behält ABB bis mindestens 2023. Für den Konzernumbau rechnet ABB mit Kosten von rund 500 Millionen US-Dollar.