Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Am gestrigen Montag liefen an vielen Schulen im Land Kopierer und Drucker heiß. Nachdem die Landesregierung am Freitagnachmittag verkündet hatte, dass wegen der Corona-Pandemie vom heutigen Dienstag an alle Schulen bis mindestens nach den Osterferien geschlossen werden, war klar: Die Schüler brauchen jetzt Hausaufgaben, vorerst für drei Wochen.
Sofort setzte vielerorts hektische Krisenkommunikation in Schulleitungen und Lehrerkollegien ein: Wie wird das organisiert? Können Formen von Fernunterricht angeboten werden? Gibt es kurzfristig digitale Lösungen? Und kommen am Montag überhaupt noch Schüler?
"Es war heute schon deutlich leerer bei uns", berichtet Harald Schröder, Leiter der Elly-Heuss-Knapp-Gemeinschaftsschule in Heilbronn, am Montagmittag per Telefon. Vor allem viele Grundschüler und Kinder aus der Unterstufe seien offenbar von ihren Eltern zuhause behalten oder früher abgeholt worden. Schröder und seine Kollegen hatten schon Mitte vergangener Woche begonnen, Pakete mit Lernmaterial und Arbeitsblättern für alle Klassen vorzubereiten. Einiges sei schon Freitag verteilt worden. "Wir haben auch eine Schulcloud, über die Schüler Material herunterladen können", erklärt Schröder. Dort gebe es passwortgeschützte Zugänge und für jede Klasse einen eigenen Ordner.
Er habe aber seinen Kollegen auch gesagt: "Wir können keine Lernangebote machen, die vor allem auf Digitales aufbauen, denn bei vielen Schülern ist zuhause die Infrastruktur nicht vorhanden." Etliche Familien hätten etwa seiner Kenntnis nach keine funktionierenden Drucker zuhause.
Für Fragen von Schülern seien die Dienst-E-Mail-Adressen der Lehrer bekannt gegeben worden. Außerdem sei das Rektorat besetzt, dort könnten Kinder und Eltern anrufen. Ihre eigenen Telefonnummern hätten nur manche Kollegen herausgegeben. Ähnliches berichten andere Lehrer und Rektoren. Viele sind sehr skeptisch, ob digital gestützter Fernunterricht nun in der Eile funktioniere. Schließlich fehle die Erfahrung.
Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) betont, dass sich alle Lehrkräfte "grundsätzlich weiterhin im Dienst" befänden. "Schülerinnen und Schüler, die sich auf Abschlussprüfungen vorbereiten, werden bei der Bearbeitung von Unterrichtsmaterialien von ihren Lehrkräften auch weiter unterstützt", lässt sie mitteilen. "Möglich sind dabei grundsätzlich alle Kommunikationswege, analog und digital."
Das Ministerium habe zudem die Möglichkeit geschaffen, allen Schulen im Land das Lernmanagementsystem Moodle "zur Verfügung zu stellen". Das ist ein Online-Programm, über das kommuniziert und Material ausgetauscht werden kann. Moodle ist bereits bisher an einigen Schulen und Universitäten im Einsatz, es wird jedoch von Nutzern als nicht ganz einfach in der Anwendung beschrieben.
Ob sich nun so kurzfristig das Gros der gut 140.000 Lehrer oder gar der 1,5 Millionen Schüler im Land dort einloggen und Moodle produktiv nutzen kann, ist offen. Ebenso wie die Frage, ob die Technik so einen Massenansturm überhaupt aushält.
"Uns Schulen fällt jetzt die ganze verschlafene Digitalisierung auf die Füße", mahnt Rektor Schröder.
Völlig entspannt klingt am Montagmittag Stefan Ruppaner, Leiter der Alemannenschule in Wutöschingen. Die 2019 mit einem Deutschen Schulpreis ausgezeichnete Gemeinschaftsschule arbeitet schon lange mit der digitalen Lernplattform DiLer, jeder Schüler lernt in individuellem Tempo, alle haben iPads.
"Bei uns läuft alles problemlos weiter. Wir haben eigentlich keinen zusätzlichen Vorbereitungsaufwand", sagt Ruppaner. Die Schüler hätten auf DiLer wie bisher Zugang zu ihrem Material oder zu Erklärvideos. Über Chat oder die integrierte Video-Software "Talkie" könnten sie Lehrer erreichen, ähnlich wie bei Skype oder Facetime. Alle seien nun eben "im Homeoffice". Er freue sich besonders darauf, wenn die einzelnen Musikanten der Bläserklasse vorspielen – per Live-Videostream.