Rund 180 Millionen Euro investiert Baden-Württemberg in das Projekt. Foto: dpa
Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart
Tübingen/Stuttgart. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) haben am Mittwoch eine virtuelle Führung durch das Cyber Valley erhalten. Kretschmann warb dafür, den Forschungsverbund für Künstliche Intelligenz (KI) zu einem europäischen Zentrum auszubauen. Merkel nannte das Projekt beispielhaft, machte ihm aber keine konkreten Zusagen.
"Das Cyber Valley steht beispielhaft für die Attraktivität des KI-Standortes Deutschland", sagte Merkel ausweislich einer Pressemitteilung des baden-württembergischen Staatsministeriums. "Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten hier Hand in Hand und zeigen, wie der Transfer aus exzellenter Forschung in innovative Anwendungen und Geschäftsmodelle gelingen kann." Die Bundesregierung werde KI-Forschung und ihren Transfer weiterhin unterstützen.
"Die KI ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen für Deutschland und Europa", erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). "Wir würden diese wichtige Forschungskooperation gerne weiter ausbauen, am besten in enger Abstimmung mit der Bundesregierung." Gemeinsam mit den privaten Partnern könne ein europäisches Zentrum finanziert werden.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) ergänzte: "Wenn wir vom europäischen Kontinent aus die KI-Entwicklung mitgestalten wollen, brauchen wir ein attraktives wie agiles Umfeld." Die enge internationale Vernetzung der Spitzenforschung sei dabei ein zentraler Baustein. "Deshalb brauchen wir jetzt einen Impuls in Richtung Europa." Bauers Bundeskollegin Anja Karliczek (CDU) hatte ebenfalls an der rund zweistündigen Schaltung teilgenommen. Die Konferenz war nicht öffentlich.
Unter dem Begriff Cyber Valley arbeiten seit 2016 Universitäten, Firmen Stiftungen, das Land Baden-Württemberg und die Max-Planck-Gesellschaft am Aufbau eines international konkurrenzfähigen Standorts für Künstliche Intelligenz im Raum Stuttgart-Tübingen. Seit 2019 ist auch die Fraunhofer Gesellschaft mit von der Partie. Nach eigenen Angaben ist der Verbund mittlerweile Europas größtes Forschungskonsortium in seinem Bereich. Ein unabhängiger Ethik-Beirat prüft Forschungsvorhaben auf ihre mögliche Folgen. Das soll einen "europäischen Weg" zwischen dem marktgetriebenen US-Ansatz und dem autoritären chinesischen Modell eröffnen.
Nach Angaben des Wissenschaftsministeriums verzeichnet Cyber Valley inzwischen rund 1000 Forschende. Die Partner Bosch und Amazon bauen am Tübinger Campus ebenfalls Forschungszentren für Künstliche Intelligenz auf.
Die enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft soll außerdem einen Nährboden für Start-ups bieten, ähnlich wie im US-amerikanischen Silicon Valley. Bislang gibt es 15 solcher Spin-off-Unternehmen. "Potenzielle Jungunternehmerinnen und -unternehmer brauchen fachkundige Anleitung, um eine Idee in ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu verwandeln", sagte Michael J. Black, Cyber Valley-Sprecher und Direktor der Abteilung Perzeptive Systeme am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme. "Und sie brauchen finanzielle Unterstützung, um zu wachsen."
Das Land steckt insgesamt rund 180 Millionen Euro in das Projekt. Davon wurden 41 Millionen Euro in den 2017 eröffneten Neubau des Max-Planck Institut für Intelligente Systeme in Tübingen investiert. Weitere knapp 80 Millionen Euro sind für zwei Cyber-Valley-Bauten in Tübingen und in Stuttgart eingeplant.