Enttäuschtes CDU-Mitglied: Unternehmer Martin Herrenknecht (r.) im Jahr 2012 bei einem Termin mit Kanzlerin Merkel. Foto: dpa
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Am Samstagnachmittag, als sich der CDU-Bundesparteitag dem Ende zuneigte, hat CDU-Landeschef Thomas Strobl noch einen wichtigen Telefonanruf getätigt: Er redete dem Tunnelbauer Martin Herrenknecht (76) gut zu, trotz der Enttäuschung über die Niederlage von Friedrich Merz gegen Annegret Kramp-Karrenbauer im entscheidenden Duell um den CDU-Bundesvorsitz nicht aus der CDU auszutreten. Herrenknecht lässt seine Mitgliedschaft nun ein Jahr ruhen. Spätestens bis dahin, sagte Strobl am Montag nach den Sitzungen der Führungsgremien der Südwest-CDU, müsse deutlich werden, dass es auf Bundesebene "kein ‚Weiter-so‘" gebe.
Nach dem CDU-Bundesparteitag versuchen Strobl und sein Landesverband, die programmatische Lücke zu füllen, die die zahlreichen Merz-Anhänger im Land auf Bundesebene ausgemacht haben. "Wenn das Ergebnis so knapp ist, heißt das: Fast die Hälfte hat Erwartungen in eine andere Richtung", sagte Strobl. Man könne nun nicht so tun, als gäbe es diese Hälfte nicht. Deren Erwartung müsse sich vielmehr "auch in der Arbeit der CDU widerspiegeln". So bedürfe es neuer Akzente in der Wirtschafts- und Migrationspolitik. Die baden-württembergische CDU werde sich dazu mit eigenen Beiträgen vermehrt einbringen.
Zugleich versicherte Strobl, dass der Landesverband voll hinter Kramp-Karrenbauer stehe, die zur Klausurtagung der Südwest-CDU im Kloster Schöntal Ende Januar 2019 kommen will. "Sehr angetan" sei er, dass die neue Bundesvorsitzende nun Werkstattgespräche zu Migration führen wolle. "Das ist sehr sehr richtig." Es bedeute ja auch, dass es nicht so weitergehen könne wie bisher. Das sei ein erstes, wichtiges Signal. Man dürfe aber auch nicht erwarten, dass die Neuaufstellung der CDU "schon vor Weihnachten sichtbar wird".
Beim Landesverband seien als Reaktion auf den Ausgang des Bundesparteitags bislang 13 Austritte, aber auch drei Neueintritte registriert worden, sagte Generalsekretär Manuel Hagel. Ein genaues Bild könne man erst in ein bis zwei Wochen liefern. Am Rande des Bundesparteitags hatten Delegierte von zahlreichen Austrittsankündigungen berichtet. Man werde sich um jeden Einzelnen bemühen, der mit dem Gedanken spiele, der CDU den Rücken zu kehren, sagte Hagel. "Wie nach jeder coolen Party gibt es auch den oder anderen Kater."
Er wünsche sich, dass Friedrich Merz als Bundesminister Verantwortung trage, sagte der Landeschef der Jungen Union (JU), Philipp Bürkle. Dass der bisherige JU-Bundeschef Paul Ziemiak Generalsekretär der Bundes-CDU geworden sei, "gibt uns die Möglichkeit, unsere Themen umzusetzen. Das wollen wir nutzen". Für den JU-Bundesvorsitz werden neben den JU-Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Florian Braun und Tilman Kuban, sowie dem aus Mecklenburg-Vorpommern stammenden Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor mit Bürkle und JU-Bundesvize Bastian Schneider auch zwei Baden-Württemberger gehandelt.
Der Ladenburger Schneider hatte am Wochenende gegenüber der RNZ gesagt, es sei "noch zu früh", um etwas Konkretes zu seinen weiteren JU-Plänen zu sagen. Zunächst wolle er am 1. Februar seine Stelle als Richter antreten. "Alles weitere wird man sehen", so der 28-Jährige im Interview. Die Wahl zum neuen JU-Chef soll im ersten Quartal 2019 stattfinden.