Frankfurt/Wiesbaden/Hanau. (lhe) Die Behörden in Hessen gehen auch nach dem rassistischen Anschlag von Hanau gegen Hass und Hetze im Internet vor. Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) habe 84 Verfahren wegen befürwortender Kommentare im Netz angestrengt, sagte der Frankfurter Generalstaatsanwalt Helmut Fünfsinn. Fünfsinn nannte die sympathisierenden Äußerungen im Netz in dem Interview "unerträglich". Allerdings werde man die Tatverdächtigen nur in einigen wenigen Fällen identifizieren können, gab er zu bedenken. "Die fehlende Vorratsdatenspeicherung wirkt sich zweifelsohne negativ auf die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden aus."
Bei dem Anschlag hatte ein 43-jähriger Deutscher am Abend des 19. Februar neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen. Weitere Menschen wurden verletzt. Der Sportschütze soll auch seine Mutter getötet haben, bevor er sich selbst das Leben nahm. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der mutmaßliche Täter eine rassistische Gesinnung und war psychisch krank.
Auch im Zusammenhang mit der Tötung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gehen die Behörden wegen Hetz- und Hass-Kommentare im Internet vor. Mehr als 100 Ermittlungsverfahren wurden mit dem Ziel eingeleitet, Tatverdächtige zu identifizieren, wie die Sprecherin der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT), Julia Bussweiler, am Dienstag auf Anfrage mitteilte. Ermittelt werde dabei im Wesentlichen wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 Strafgesetzbuch), der Volksverhetzung (§ 130 StGB), der Billigung von Straftaten (§ 140 StGB) und des Verunglimpfens des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB).
Wer Hass und Hetze im Internet wahrnimmt, kann helfen, dagegen vorzugehen. In Hessen gibt es eine staatliche Meldestelle, die bereits rege von Bürgern genutzt wird, wie das hessische Innenministerium in Wiesbaden mitteilte. Bereits Hunderte von Meldungen seien bei der Meldestelle eingegangen. Dutzende Ermittlungsverfahren seien daraus bereits hervorgegangen.