"Diese Vorwürfe sind durch nichts belegt und sie sind haltlos", setzte sich Theresia Bauer vor dem Untersuchungsausschuss zur Wehr. Als "sehr selbstbewusst" beschrieben Teilnehmer den Auftritt der Wissenschaftsministerin. Foto: Marijan Murat
Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart, und Nico Pointner
Stuttgart. Nach mehr als zwei Jahren ist am Montag die Zeugenvernehmung im Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" zu Ende gegangen. Zum Abschluss wurde erneut Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) vernommen, deren Hochschulaufsicht das Gremium insbesondere prüft. Substanzielle Erkenntnisse haben die Obleute der Fraktionen nicht mehr gewonnen, doch ihre Fazits unterschieden sich stark.
Bauer hat dem Ausschuss schon zweimal Auskunft gegeben, davon einmal nicht öffentlich. "Wir haben eine sehr selbstbewusste Frau Ministerin erlebt, die meinem Eindruck nach im Laufe der Vernehmung immer dominanter wurde", sagte die Vorsitzende Sabine Kurtz (CDU) am Montag in der anschließenden Pressekonferenz.
Während des gut dreistündigen öffentlichen Teils der Vernehmung ging Bauer teilweise zum Angriff über: Manche ihrer Gegner hätten mit grenzverletzenden Äußerungen der politischen Kultur geschadet. Man habe ihr etwa Lügerei und Betrug und die Behinderung von Staatsanwaltschaft und Rechnungshof vorgeworfen.
Im Parlament habe man sie gar eine Straftäterin genannt. "Mit Verlaub, das geht schlicht und ergreifend zu weit. Diese Vorwürfe sind durch nichts belegt und sie sind haltlos", sagte Bauer. "Diese Vorwürfe haben mich nicht kalt gelassen." Wenn solche substanzlosen Vorwürfe im Raum stehen blieben, schade das der politischen Kultur.
"Ich sitze hier heute mit einem reinen Gewissen", erklärte die 54-Jährige ansonsten. "Es gibt nichts, was ich zurückzunehmen oder zu korrigieren hätte." Im Wesentlichen hätten sie und ihr Haus alles richtig gemacht. Sie räumte etwa "ärgerliche Fehler" bei der Vorlage von Akten ein. Es seien aber keine relevanten Informationen vorenthalten worden.
Die Opposition wirft ihr vor, in den Jahren 2012 bis 2014 in der Krise der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg (HVF) die Rektorin im Stich gelassen und einer Intrige geopfert zu haben.
Die neu gewählte HVF-Rektorin Claudia Stöckle hatte 2012 rechtswidrige Professoren-Zulagen entdeckt, die ihr Vorgänger kurz vor seiner Pensionierung einem beachtlichen Teil seiner Belegschaft gewährt hatte. Ein Teil des Streits dreht sich darum, ob Stöckle bei der Bearbeitung zu unselbstständig agierte oder vom Ministerium ausgebremst wurde. Umstrittener ist aber inzwischen die Frage, ob die Reformerin, die auch andere fragwürdige Privilegien anging, von einer Intrige der Nutznießer aus dem Amt gefegt wurde.
Weil Stöckles Gegner Dienstrechtsverstöße begingen, die möglicherweise sogar strafrechtlich von Belang waren, hätte das Ministerium ihnen viel entschiedener Grenzen aufzeigen müssen: So sehen es zumindest neben der 2015 geschassten Stöckle der Hochschulratsvorsitzende, die Prorektorin oder der Studentensprecher jener Phase. Bauer erkennt die Ursache für den Aufstand dagegen im direktiven Führungsstil, den Stöckles Gegner moniert haben: "An dem Punkt verstehen wir den Kern der Führungs- und Vertrauenskrise."
Die Befragung zum Altrektorat und Stöckles Gegnern verlagerte der Ausschuss in den nicht öffentlichen Teil. Vor Publikum erklärte die Ministerin lediglich, sich während der Eskalation bewusst nicht mit der Rektorin getroffen zu haben, um in dem Konflikt neutral zu bleiben. Hochschulautonomie sei keine Schönwetterveranstaltung. Das Verhältnis zwischen Wissenschaftsfreiheit und Rechtsaufsicht will Bauer zwar neu austarieren. Das hänge aber vor allem damit zusammen, dass die Zulagenthematik inzwischen auch an anderen Hochschulen aufgetaucht ist.
"Bis heute negiert die Ministerin, dass sie eine herausgehobene Fürsorgepflicht gegenüber der Rektorin Frau Dr. Stöckle hat", erklärte SPD-Obfrau Gabi Rolland. Das Ministerium sei nicht neutral gewesen, sondern habe sich auf die Seite von Stöckles Gegnern geschlagen. Rollands Parteikollege Rainer Stickelberger attestierte Bauer eine "Rechtsaufsicht light". FDP-Obmann Nico Weinmann sah eine "große Diskrepanz" zwischen ihren Aussagen und denjenigen anderer Zeugen. Zudem hätte Bauer die Staatsanwaltschaft früher einschalten müssen.
Der Obmann von Bauers grüner Fraktion sah das anders: "Jetzt machen wir mal einen Strich da drunter", erklärte Thomas Hentschel. Der Ausschuss habe in erster Linie heiße Luft produziert.
Ihre endgültige Sicht wollen die Fraktionen bis zur Sommerpause schriftlich fixieren. Voraussichtlich im Oktober soll der Abschlussbericht präsentiert werden.