Mit der Käthchen-Skulptur in der Kirchbrunnenstraße schrieb Dieter Läpple Heilbronner Kunstgeschichte. Foto: Fritz-Kador
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Noch im Januar saß Dieter Läpple fröhlich, munter, genauso streitlustig wie freundlich, pointiert formulierend und im unvermeidlichen gestreiften Pulli in der Kunsthalle Vogelmann, sprach über Bildhauerei und gab dabei Einblick in die auch körperlich und handwerklich schwere und anspruchsvolle Arbeit für diese Kunst. Letzte Woche ist der "Vater des Käthchens" im Alter von 80 Jahren verstorben. Läpple hatte mit seiner Skulptur des Käthchens von Heilbronn nach Kleistschem Vorbild nicht nur eine schön-beschwingte Interpretation der Kopfgeburt des Dichters, sondern auch die Vorlage für einen der heftigsten Kunstskandale der Stadt geliefert.
Das heute geliebte und als Identifikationsfigur längst akzeptierte "Käthchen" ist 1965 bei seiner "Geburt" von Teilen der Bevölkerung abgelehnt und auch beschädigt worden. Für Heilbronner, deren Käthchenbild von früheren Kitschversionen geprägt war, war der "Hintern zu dick" und die Proportionen nicht stimmig genug. Sie hatte eine "Hühnerbrust", wurde mit Farbeiern beworfen und als Gipfel der Geschmacklosigkeit mit dem Plakat "unser Contergan-Käthchen" behängt. Kaum eine Zeitung in Deutschland berichtete nicht darüber. Läpple überstand den Sturm, ja, er erhielt dank dieser Berühmtheit viele Aufträge
Im Alter von 80 Jahren ist er nun verstorben. Foto: Fritz-KadorGeboren wurde er 1938 in Maienfels, seine Eltern waren Volksschullehrer, die Mutter auch Organistin an der dortigen Kirche. Nachdem es seinem Vater gelungen war, das zerstörte Haus in der Jägerhausstraße wieder aufzubauen, kehrte die Familie nach dem Krieg dorthin zurück. Das Abitur legte Läpple am Robert-Mayer-Gymnasium ab, bestand 1958 die Aufnahmeprüfung für die Kunstakademie Stuttgart, studierte dort Bildhauerei und Kunstgeschichte bei Rudolf Daudert, und machte etwa zeitgleich auch eine Steinmetzlehre in Heilbronn. Von 1963 bis 1965 war er wissenschaftlicher Assistent (Architektur) an der Technischen Universität Braunschweig, hier schuf er auch das "Käthchen", kehrte als Freischaffender 1970 nach Heilbronn zurück und arbeitete ab 1971 auch als milder Kunsterzieher am Theodor-Heuss-Gymnasium.
Käthchen, die "bezopfte Windsbraut", blieb nicht das einzige Werk, das er Heilbronn bescherte. Seiner Seeräuberfigur für den gleichnamigen Brunnen in Böckingen verlieh er die Züge des früheren Kulturbürgermeisters und Böckingers Erwin Fuchs. In Neckargartach steht der "Linsfahmerbrunnen", weitere Werke für den öffentlichen Raum befinden sich in der Region aber an seinem früheren Wirkungskreis im Norden. Vielleicht ist ihm nie wieder ein so großer Wurf gelungen wie es das Käthchen war, mit ihm hat er sich einen festen Platz in der Heilbronner Kunstgeschichte erobert. Läpple hat sich in verschiedenen Stilrichtungen erprobt, 2009 wandte er sich konsequent von der Abstraktion ab und der figürlichen Darstellung wieder zu. Er begründete das mit mitunter wortgewaltigen Erläuterungen. Seine Beschreibung der Entstehung von Kunst als einem "göttlichen Schöpfungsakt" bei gleichzeitigem Vergleich mit dem menschlichen, fiel nicht immer zur Begeisterung militanter Feministinnen aus. Läpple störte das nicht
Von Schicksalsschlägen blieb er nicht verschont, lange trauerte der Vater von zwei Kindern um seine 1999 verstorbene Frau Theresia. Er selbst charakterisierte sich so: "Ich möchte mich aus heutiger Sicht als den Bildhauer der menschlichen Seele verstanden wissen. Selbstverständlich kann man eine Seele nicht sehen, ihre Auswirkungen auf die Mimik und die Körpersprache eines Menschen jedoch schon. Ich habe die Seelenzustände wie Liebe, Hoffnung, Verzweiflung Angst, Freude, Nächstenliebe Naturverehrung und Gottesliebe dargestellt." Marc Gundel, Direktor der Städtischen Museen Heilbronn, bezeichnete ihn als eine "authentische Persönlichkeit". Das trifft es. Heilbronn wird er fehlen.