Theoretisch könnte schon bald wieder mehr „Alltag“ in die Kitas einkehren – allerdings mit mehr Abstand, häufigerer Desinfektion und besonders gründlichem Händewaschen. Foto: dpa
Von Sören S. Sgries
Stuttgart. Am späten Mittwochabend hatte bereits die Corona-Lenkungsgruppe des Landes grünes Licht gegeben, am Donnerstagnachmittag wurde dann auch die offizielle Pressemitteilung des Kultusministeriums gemeinsam mit den Kommunalverbänden verschickt: Die schrittweise Öffnung von Kitas und Kindertagespflege wird kommen. Theoretisch schon ab Montag. Praktisch wird es aber noch etwas dauern.
Kultusministerin Eisenmann. Foto: dpaWas erlaubt das Land? Konkret heißt es, dass Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege vom 18. Mai an die Betreuung "schrittweise in Richtung eines eingeschränkten Regelbetriebes" ausweiten können. "Uns ist bewusst, wie stark die Eltern durch die Schließungen der Kitas und der Kindertagespflege betroffen und belastet sind", sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) Und auch für die Kinder seien die vergangenen Wochen nicht einfach gewesen. "Durch den Beschluss haben nun alle Beteiligten eine gute Grundlage, um gemeinsam wieder mehr Familien im Land eine Betreuung anbieten zu können", so Eisenmann.
Gibt es schon eine entsprechende Verordnung? Nein. Die soll, so das Ministerium, "voraussichtlich diesen Samstag" notverkündet werden.
Welche Vorgaben bekommen die Kitas? Die wichtigste Vorgabe ist, dass maximal die Hälfte der in der Betriebserlaubnis genehmigten Gruppengröße erlaubt ist. Also: Nur maximal 50 Prozent der Kinder können jeweils gleichzeitig vor Ort betreut werden. Um möglichst viele Familien und Kinder in die Betreuung einbeziehen zu können, schlägt das Land eine Art Schichtbetrieb vor: Kinder könnten in festen Gruppen abwechselnd an einzelnen Wochentagen in die Kita kommen. "Gemeinsames Ziel muss sein, möglichst allen Familien und Kindern zumindest zeitweise eine Betreuung anbieten zu können", heißt es.
Gelten besondere Hygieneregeln? Das Land verweist auf Schutzhinweise für Kindertageseinrichtungen, die der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, die Unfallkasse Baden-Württemberg und das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg entwickelt haben. Darin ist unter anderem geregelt, dass "Handkontaktflächen" wie Türklinken regelmäßig desinfiziert werden sollen. Mit den Kindern ist häufiges Händewaschen mit Seife empfohlen. Besteck oder Becher sollen nicht gemeinsam benutzt werden. Die Erzieher untereinander sowie zu den Eltern sollen einen Mindestabstand von 1,50 Metern einhalten.
Gibt es jetzt keine Beschränkung auf bestimmte Kinder – etwa von Arbeitenden und Alleinerziehenden – mehr? Im Prinzip nicht. "Gemeinsames Ziel muss sein, möglichst allen Familien und Kindern zumindest zeitweise eine Betreuung anbieten zu können", heißt es seitens des Landes. Allerdings haben angesichts begrenzter Ressourcen weiterhin diejenigen Kinder Vorrang, die bereits in der erweiterten Notbetreuung betreut werden, sowie Kinder, bei denen ein besonderer Förderbedarf besteht.
Kann ich mein Kind also am Montag in die Kita bringen? Nein. "Die Ausweitung kann selbstverständlich nicht von heute auf morgen umgesetzt werden", sagte Eisenmann. Die Träger der Einrichtungen benötigten Vorlauf für ihre Planungen und die Organisation. Auch Städtetagspräsident Peter Kurz stellte klar, dass jetzt zwar die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Aber: "Das ist nicht gleichbedeutend mit offenen Kita-Türen am Montagmorgen." Gemeindetagspräsident Roger Kehle sprach von einer "hochkomplexen" Aufgabe für die Kita-Träger. Im Vorfeld hatte es geheißen, mindestens eine Woche Vorlauf sei notwendig – so wie zuvor an den Schulen.
Wer ist jetzt für die konkrete Ausgestaltung vor Ort verantwortlich? Die Kommunen, Träger und Einrichtungen in eigener Zuständigkeit. Ein landesweit einheitliches Vorgehen wird es daher nicht geben. "Mit dem Rahmen ermöglichen wir den Einrichtungsträgern bewusst Spielräume, damit sie im Rahmen ihrer räumlichen und personellen Kapazitäten individuelle Konzepte entwickeln können", sagte Eisenmann. Wie die zeitliche Umsetzung in der jeweiligen Einrichtung vor Ort erfolge, hänge "maßgeblich von der jeweiligen räumlichen und personellen Situation ab".
Was gilt für Tagesmütter? Auch der Betrieb der Kindertagespflegestellen kann vom 18. Mai an wieder erweitert werden. Voraussetzung ist, dass die Betreuung in konstant zusammengesetzten Gruppen stattfindet – ein "Platz-Sharing", wonach sich mehrere Kinder einen Betreuungsplatz teilen, ist nicht gestattet.
Gibt es derzeit genug Erzieherinnen und Erzieher? Das ist ein großer Unsicherheitsfaktor, weil unklar ist, wie viele tatsächlich zu einer Risikogruppe gehören. Bundesweit rechnet die Bildungsgewerkschaft GEW damit, dass 29 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher über 50 Jahre alt sind. Für Baden-Württemberg sagte Kultusministerin Eisenmann Ende April, die Kitas rechneten damit, bis zu 40 Prozent ihres Personals nicht einsetzen zu können, da es zur Risikogruppe zählte.