Baden-Württemberg

Polizei, Weißer Ring und Seniorenrat sagen Trickbetrügern den Kampf an

Anrufbetrügereien nehmen weiter zu. Künftig sollen Kräfte zur Prävention gebündelt werden.

25.03.2019 UPDATE: 26.03.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 40 Sekunden

Symbolfoto: dpa

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Das Vorgehen ist altbekannt, seit Jahren wird öffentlich davor gewarnt und trotzdem funktioniert der Trick: "Sie sitzen zuhause, da klingelt das Telefon, Sie gehen arglos dran und da sagt eine nette, sympathische Stimme: Hallo Oma, hier ist deine Enkelin, ich wollte nur mal hören, wie es dir geht."

Was Nora Jordan-Weinberg, stellvertretende Vorsitzende des Landes-Seniorenrates, beschreibt, ist der Erstkontakt beim "Enkeltrick". Nach ein paar Minuten netten Geplauders bittet die angebliche Enkelin, die in Wahrheit eine manipulativ begabte Betrügerin ist, dann um Geld, ein Treffen mit einem "Freund" wird ausgemacht, und am Ende ist ein hilfsbereiter Senior meist um einige hundert Euro ärmer. Statt dem "Enkel", ruft bisweilen auch ein "Polizist" an, warnt vor einem angeblich unmittelbar bevorstehenden Einbruch und kündigt an, Wertsachen abzuholen.

Sogenannte Anrufstraftaten, wie sie die Polizei nennt, sind vergangenes Jahr deutlich angestiegen. Fast 10.000 Fälle wurden angezeigt. "Boomende Fallzahlen", nennt das Andreas Stenger, Vizepräsident des Landeskriminalamts (LKA). Die Fälle hätten sich 2018 "deutlich mehr als verdreifacht", sagt er und berichtet, es gebe "unglaublich viele verschiedenen Versionen". Gemeinsam haben alle ein Ziel: Geld ergaunern. Zwar bleibe es in 97 Prozent der Taten beim Versuch, trotzdem verursachten die Betrüger 2018 einen Schaden von fast sieben Millionen Euro. 2017 waren es noch fünf Millionen.

Die Bedingungen seien günstig, sagt Stenger. Deutsche Senioren verfügten nicht selten über beträchtliche Geldbeträge, dazu sei das Risiko, erwischt zu werden, eher gering. Die Aufklärungsquote liege bei unter fünf Prozent der angezeigten Taten. Ab und an erwische die Polizei mal einen "Läufer", der zum Geldabholen kommt. Aber die Hintermänner seien oft organisierte Kriminelle, die Callcenter im Ausland betreiben.

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Seit Jahren leiste die Polizei auf vielen Kanälen Aufklärungsarbeit und warne vor den Machenschaften. Trotzdem fallen immer wieder Menschen auf die Maschen der Betrüger herein. Erwin Hetger, Landesvorsitzender des Weißen Ring, analysiert: "Ältere Menschen haben nunmal ein großes Vertrauen in staatliche Institutionen." Das werde beim "Falscher Polizist"-Trick gezielt ausgenutzt. Auch hätten viele Senioren "eine ganz ausgeprägte Hilfsbereitschaft gegenüber Familienmitgliedern", an die "Enkeltrick"-Betrüger appellieren.

Anrufer-Kriminalität habe, neben dem finanziellen Schaden, schwere Folgen, sagt Hetger. "Viele fallen in ein Loch", sagt er. Manche seien ernsthaft traumatisiert. Gerade weil seit Jahren gewarnt werde, gäben sich Betroffene oft eine Mitschuld und verzweifelten schier an der Frage, wie sie nur auf so einen Anrufer hereinfallen konnten.

Vorgestellt wurde auch der neue Landespräventionsbeauftragte Günther Bubenitschek. "Ich verstehe Prävention so, dass alles unternommen werden muss, um zu verhindern, dass Menschen Opfer von Kriminalität werden", sagte der Sandhäuser. "Dazu braucht es die ganze Gesellschaft. Achtsamkeit und Zivilcourage sind gefragt - im realen Leben genauso, wie in der digitalen Welt."

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