Konstanz/Freiburg. (dpa) Freiburger Forscher gehen davon aus, dass sich der Wolf in Baden-Württemberg durchsetzen wird. "In absehbarer Zeit werden es 100 Tiere sein", sagt Nicolas Schoof, der eine Studie mit seinen Kollegen Albert Reif und Eckhard Jedicke vorlegte. Dabei verweisen die Forscher auf die Erfahrungen in Brandenburg: Innerhalb von 18 Jahren sei dort die Population auf etwa 400 Tiere angewachsen, die sich auf stabile 50 Rudel verteile.
Die Experten dringen auf die Möglichkeit, dass einzelne Tiere geschossen werden dürfen, wenn sie mehrfach rissen. Dieser Punkt ist bisher sehr umstritten. Schoof, Vegetationswissenschaftler an der Universität Freiburg, verwies darauf, dass der Abschuss besonders auffälliger Wölfe bereits ordnungsrechtlich möglich sei.
Die Zukunft der Schäfer sei nach heutigem Stand katastrophal. Gemessen an ihrem Tagespensum verdienten sie etwa sechs Euro in der Stunde, das liege deutlich unter dem gesetzlichen Mindestlohn. Vonseiten der Politik werde häufig der Herdenschutzhund ins Spiel gebracht. Doch der sei teuer.
Im Südwesten sind aktuell zwei Wölfe (GW852m und GW1129m) bekannt, die dauerhaft im Schwarzwald leben. Weil die Raubtiere neben Wild auch Schafe oder Ziegen als Beute reißen, investieren Züchter und Landesregierung viel Geld in den Schutz der Herden. Wenn Tiere getötet werden, gibt es bei ausreichender Sicherung der Herde eine Entschädigung. Das Land zahlt einen großen Teil der Schutzmaßnahmen.
Update: Freitag, 15. Januar 2021, 9.30 Uhr
Zweiter Wolf dauerhaft im Südwesten unterwegs
Stuttgart. (dpa) Von einem "einsamen Wolf" kann in Baden-Württemberg zumindest offiziell nicht mehr die Rede sein: Nach Angaben des Umweltministeriums hat sich wie erwartet ein zweiter Wolf dauerhaft im Südwesten niedergelassen. Eine Ende Mai in der Gemeinde Schluchsee im Südschwarzwald gefundene Losung stamme von dem Wolfsrüden mit der Bezeichnung GW1129m. Erstmals war das Tier Ende November 2019 in der Gemeinde Grafenhausen (Landkreis Waldshut) nachgewiesen worden.
Nach bundeseinheitlichen Standards muss ein einzelner Wolf mindestens sechs Monate in einem Gebiet leben und dies durch Ausscheidungen, eindeutige Fotofallenbilder oder Risse nachgewiesen sein. Da GW1129m zum Stammgast im Südschwarzwald geworden ist, sind die Kriterien für einen sogenannten residenten Wolf nach dem bundesweiten Monitoring-Standard erfüllt.
Bereits bald soll nun laut Minsterium eine "Förderkulisse Wolf" in der Region ausgewiesen werden. Innerhalb dieser Region müssen Schafhalter ihre Tiere unter anderem mit speziellen Elektrozäunen schützen, wenn sie im Fall eines Wolfsrisses Entschädigung vom Land möchten. Die erste Förderkulisse im Südwesten liegt im Nordschwarzwald. Dort ist der Wolf GW852m resident. Beide Wölfe stammen aus dem niedersächsischen Rudel Schneverdingen.
Die Spur von GW852m war zuletzt zwar erstmals auch im Südschwarzwald nachgewiesen worden. Die Experten gehen aber davon aus, dass der Wolfsrüde weiterhin im Nordschwarzwald lebt und Anfang März nur einen einmaligen Ausflug in das südlich gelegene Gebiet unternommen hat. Bekannt ist der erste residente Wolf seit November 2017.
Die ersten Nachweise von Wölfen in Baden-Württemberg stammen von 2015 - nachdem rund 150 Jahre lang keines dieser Raubtiere im Südwesten gesehen worden war. Der Landesschafzuchtverband warnt bereits, viele Schafzüchter könnten wegen der befürchteten Wolfsrisse und Verluste aufgeben.
Update: Dienstag, 30. Juni 2020, 18.45 Uhr
Schluchsee. (dpa) Möglicherweise lässt sich in Baden-Württemberg ein zweiter Wolf dauerhaft nieder. Wie das Umweltministerium am Mittwoch in Stuttgart mitteilte, stammt der Anfang April in der Gemeinde Schluchsee im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gefundene Kot von dem Wolfsrüden mit der Bezeichnung GW1129m. Es ist der zweite Nachweis dieses Tieres im Südwesten. Der Wolf war bereits Ende November 2019 in der Gemeinde Grafenhausen im Landkreis Waldshut nachgewiesen worden. Da GW1129m damit offenbar seit fünf Monaten im Südschwarzwald lebe, sei es "sehr wahrscheinlich, dass er sich dort auch dauerhaft niederlässt", hieß es weiter.
Damit könnte in dem Gebiet die zweite "Förderkulisse Wolf" Baden-Württembergs entstehen. Sollte sich das Tier nachweislich auch noch Ende Mai im Südschwarzwald aufhalten, wären die Kriterien erfüllt. Eine Förderkulisse wird dann ausgewiesen, wenn in einem Gebiet ein sogenannter residenter Wolf vorkommt.
Innerhalb einer "Förderkulisse Wolf" übernimmt das Land Kosten der Nutztierhalter für wolfsabweisende Zäune zu 90 Prozent. Sie kann eingerichtet werden, sobald ein Wolf mindestens sechs Monate in einem Gebiet lebt. Die erste Förderkulisse im Südwesten liegt im Nordschwarzwald. Dort ist der Wolf GW852m resident.
Ebenso ergaben Analysen des Senckenberg-Instituts, dass ein anderer, vermutlich aus den Alpen stammender Wolf, im April zwei Ziegen im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald gerissen hat.