Baden-Württemberg

Diese Fragen sind für Diesel-Fahrverbote noch offen

Land will Überprüfung der Grenzwerte ausbauen - 50 neue Messstationen geplant - Doch wo sollen die Apparate hin?

07.02.2019 UPDATE: 08.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden

Die Messstation am Stuttgarter Neckartor erfasst die höchsten Werte der Republik. Foto: dpa

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die Zeit drängt. Bis Montag soll eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Staatsministeriums und unter Mitwirkung von Verkehrs-, Innen- und Wirtschaftsministerium Umsetzungspläne für Maßnahmen zur Luftreinhaltung vorlegen. Tags darauf wollen sich die Regierungsfraktionen über die Vorschläge beugen und mögliche Korrekturen in Auftrag geben.

Eine Woche später soll der endgültige Plan stehen, um zu verhindern, dass in Stuttgart ab Januar 2020 auch flächendeckende Fahrverbote für Euro-5-Diesel ausgerufen werden. Seit Jahresbeginn dürfen Auswärtige mit Euro-4-Diesel und schlechter nicht mehr in Stuttgart fahren, ab April gilt das Fahrverbot dann auch für Stuttgarter.

Doch bis der Koalitionsausschuss am 19. Februar die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert, müssen sich Grüne und CDU über auf heikle Details verständigen. Nur einige Beispiele:

Die Messstellen: Auf Druck von Innenminister Thomas Strobl (CDU) soll das Land schnellstmöglich insgesamt 50 zusätzliche Messstellen in den 13 Städten im Land aufbauen, die 2018 die EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid überschritten haben. Vorbild ist München, das die Zahl der Messstationen erhöht und einen Rückgang der Schadstoffwerte festgestellt hat.

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Der Schuss könnte indes auch nach hinten losgehen. In Stuttgart richten sich derzeit alle Blicke und Bemühungen auf das Neckartor, wo 2018 im Schnitt 71 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter und damit der höchste Wert in der Republik ermittelt wurde. Doch an der Pragstraße, wo erst seit 2018 gemessen wird, sind die Werte mit 70 Mikrogramm fast genauso hoch und ebenfalls weit weg vom EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm. Weitere Messstellen bergen die Gefahr, neue Hotspots ausfindig zu machen.

Die Frage wird daher sein, wo sie aufgestellt werden: In Nähe zum vielbefahrenen, stauträchtigen Heslacher Tunnel etwa - oder in Degerloch, in ruhiger Halbhöhenlage? Wie unterschiedlich die Vorstellungen sind, ließ am Dienstag ein kurzer Disput über den Standort der Schadstoff-Messstation am Neckartor erahnen. "Um die Raumtemperatur zu messen, stecke ich das Thermometer nicht in den Ofen", sagte Strobl. "Aber auch nicht in den Kühlschrank", konterte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz.

Grenzwert: Eine pikante Frage haben die Koalitionäre bislang ausgespart: Welchen Grenzwert wollen sich Grüne und CDU am Ende eigentlich einhalten? Dem Vernehmen nach hält die Ökopartei den europaweit geltenden Grenzwert von 40 Mikrogramm für maßgeblich - unabhängig von den Plänen der Bundesregierung. Die will, laut einem Referentenentwurf des Bundesumweltministeriums und mit Unterstützung der Union, den Wert noch dieses Jahr lockern. Demnach sollen Dieselfahrverbote "in der Regel" nur dort in Betracht kommen, wo "der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid" im Jahresmittel überschritten wird".

Nachrüstung: Grüne und CDU plädieren für Nachrüstungen. Im Gespräch ist auch eine "Light"-Variante der Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Dieseln, für die Verbote dann nicht gelten würden. Der Vorschlag hat indes mehrere Haken: Er sieht die bislang nicht absehbare Mitwirkung und Finanzierung der Maßnahme durch die Autoindustrie vor - und der Bund müsste diese Nachrüstlösung erst genehmigen. Zudem geht der Vorschlag von Euro-5-Fahrverboten aus, die Grün-Schwarz ja eigentlich vermeiden will. Allerdings, darauf weist der SPD-Verkehrsexperte Martin Rivoir hin, könnten bei Euro-5-Nachrüstungen laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts "Übergangsfristen" gewährt werden. Dies, so das Gericht, könne "ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen". Da die Politik damit rechnet, dass allein dank der Erneuerung der Autoflotte die Luft stetig besser wird, wäre jeder Aufschub willkommen.

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