Berufsschulen beklagen Lehrermangel - Schweiz wirbt Kräfte ab
Lehrerverband befürchtet Auswirkungen auf bestehenden Fachkräftemangel und Integration junger Zuwanderer.

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Stuttgart. (dpa) Kurz vor dem Unterrichtsbeginn im Südwesten haben Verbände einen zunehmenden Lehrermangel beklagt. Der Vorsitzende des Berufsschullehrerverbandes (BLV), Herbert Huber, wies am Montag auf Unterrichtsausfälle hin. Die hätten fatale Auswirkungen auf den schon bestehenden Fachkräftemangel und insbesondere auf die Integration der vielen jungen Zuwanderer. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Landeselternbeirates, Carsten Rees. Der Ausfall des Pflichtunterrichts werde im neuen Schuljahr ansteigen. Besonders betroffen seien Grundschulen und berufliche Schulen, sagte Rees.
Der Berufsschullehrerverband sieht den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg in Gefahr. Die Integration von jungen Zuwanderern mit dem Erwerb von Fachkenntnissen und der deutschen Sprache werde viele Jahre dauern, mahnte Huber. Rund 920 neue Lehrer treten nun ihren Dienst an den etwa 300 beruflichen Schulen in Baden-Württemberg an. Huber beklagte, das seien 227 Stellen weniger als das Kultusministerium selbst errechnet habe. Hinzu komme noch eine Streichung von 210 Stellen. Unterm Strich betrage das Minus für das Schuljahr 2017/2018 dann 437 Lehrerstellen. An den beruflichen Schulen im Südwesten werden rund 360.700 Schüler unterrichtet.
Es sei einfach zu spät, wenn die Landesregierung erst im Juni/Juli mit der Rekrutierung der Lehrer für das neue Schuljahr beginne, sagte Huber. Dann sei das Personal oft nicht mehr zu bekommen. "Wir bräuchten rechtzeitig mehr Lehrerstellen und flexible Maßnahmen zur Lehrergewinnung", sagte Huber. Für das noch kommende Schuljahr 2018/2019 meldete er bereits einen Bedarf von 1480 neuen Stellen an - darunter rund 100 Stellen für die Förderung von jungen Zuwanderern und 200 Stellen für den Aufbau einer Vertretungsreserve.
Huber erinnerte daran, dass CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann die berufliche Bildung zum Thema ihrer derzeitigen Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz gemacht habe. Hingegen lobte der Vorsitzende des Landeselternbeirates, Rees, Ministerin Eisenmann werde zunehmend kämpferischer. Der grüne Teil der Landesregierung sei in der Bildungspolitik aber nahezu abgetaucht. Am 11. September beginnt für 1,5 Millionen Schüler die Schule wieder.
Rees beklagte insbesondere an den Grundschulen in Grenznähe einen Lehrermangel. Die Schweiz werbe aggressiv Ärzte und Lehrer ab. "Das, was teuer auszubilden ist, kauft man sich lieber im Ausland ein." Dabei gebe es keine validen Zahlen über Schülerentwicklungen und Lehrerbedarfe im Südwesten. Die Prognosen des Statistischen Landesamtes zur Schülerentwicklung, auf die sich die Regierung stütze, hätten sich wiederholt als falsch erwiesen. Rees forderte die Eltern auf, bei Unterrichtsausfällen Protestbriefe an das Ministerium, die Regierungspräsidien und die Schulämter zu schreiben.
Besonders kritisch sieht der Landeselternbeirat den Stand der Dinge bei der Inklusion, also der Einbeziehung behinderter Kinder in den regulären Schulunterricht. Die Umsetzung stehe auf der Kippe - es drohe ein Scheitern, das möglicherweise von der Regierung sogar gewollt sei. Das Tandemsystem aus Lehrern und Sonderpädagogen sei nahezu nicht existent. Im Jahr 2015 hatte Baden-Württemberg die Sonderschulpflicht abgeschafft. Seitdem haben Eltern das Recht, ihr behindertes Kind auch auf die allgemeine Schule zu schicken.



