Verein für Heilbronner Kilianskirche

In ruhigem Fahrwasser

Stabwechsel an der Spitze - Dekan im Ruhestand Otto Friedrich folgt auf Hans Hambücher

08.05.2018 UPDATE: 10.05.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden

Ein wanderndes Gerüst prägt zur Zeit die Optik der Kilianskirche. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Der Verein der Freunde der Kilianskirche hat einen neuen Vorsitzenden. Dekan im Ruhestand Otto Friedrich folgt auf Hans Hambücher. Hambücher hatte im Vorfeld der Jahresversammlung angekündigt den Vorsitz abzugeben und dem Verein "nur noch" als einfaches Mitglied erhalten zu bleiben.

In seiner letzten Rückschau ließ Hambücher auch den 2007 begonnenen Streit um die neue Fensterkunst für einen Teil der Kirchenfenster nicht außen vor, er habe aber den "dicken Ordner" dazu zu Hause gelassen. Zweifellos hat dieser Streit auch den Verein geprägt, mit "Höhen und ganz großen Tiefen" wie Hambücher sagte, aber die Auseinandersetzung sei wichtig gewesen und habe auch Heilbronn geprägt.

Der Verein ist 18 Jahre alt geworden - "volljährig", wie es Vorstand Hans Hambücher ausdrückt. Er hat derzeit genau 100 Mitglieder und fast kein Geld mehr. Aber das ist gut so: 1,3 Millionen Euro hat er im Laufe seines Bestehens an Spenden gesammelt und für den Erhalt der Kilianskirche gegeben. Anlass für die Vereinsgründung war 1975 der schlechte Zustand des Turmes, von dem damals Steine herabfielen. Für die millionenteure Sanierung brachte der Verein 560.000 Euro auf und eine vergleichbar hohe Summe floss auch jetzt wieder in die derzeit laufenden Sanierungsmaßnahmen der Kirche. Dazwischen wurden eine neue Beleuchtung des Kirchenraumes mit 200.000 Euro finanziert und 30.000 Euro für eine Kaltlichtbeleuchtung, um den kostbaren Seyfferaltar nicht zu gefährden.

Dem Verein wünschte er für die Zukunft ein herzliches Glückauf - und das galt auch dem neuen Vorsitzenden Friedrich, der bereits erste Ideen präsentierte. So soll eine eigene Homepage für den Verein die Mitglieder noch stärker einbinden. Derzeit sei man "in ruhigem Fahrwasser", sagte Friedrich, aber die nächste Spendennotwendigkeit wird sicher kommen. Mit Hambücher geht als Mann der ersten Stunde und Vorstandsmitglied auch Klaus Kniep von Bord. Der Jurist war gerade in den stürmischen Zeiten des Fensterstreites und in Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt ein wertvoller Begleiter.

Pfarrer Hansjörg Eiding, "Hausherr" der Kilianskirche, bedankte sich beim scheidenden Vorstand mit der "Lachner-Medaille" der Kilianskirchengemeinde, auch dafür, dass Hambücher den Verein durch alle Stürme, Belästigungen und Behinderungen mit "Sensibilität für die Menschen" geführt habe. "So einen lässt man nicht gerne ziehen", sagte der Pfarrer und vergaß auch nicht zu erwähnen, dass der Katholik Hambücher als Vorstand eines Vereins für eine protestantische Kirche ein Zeichen für die Offenheit für die Ökumene gewesen sei.

Lambert Auer, der Kunstbeauftragte der Landeskirche, informierte im Anschluss über den derzeitigen Stand der Kirchensanierung. Erfreulich sei, dass die veranschlagten 2,4 Millionen dafür mit Sicherheit unterschritten und die Arbeiten bis zur Buga abgeschlossen sein werden. Den Fenstern - ihr angeblich schlechter Zustand wurde von den Gegnern der neuen Kunstfenster instrumentalisiert - konstatierte er einen "sehr guten" Zustand. Nicht reparieren werde man Einschüsse aus der Kriegszeit, sie werden "konserviert". Und eine Überraschung gab es auch noch: Es wurden zahlreiche neue Steinmetzzeichen der damaligen wie auch späteren Arbeiter am Turm entdeckt. Er wurde von 1503 bis 1529 durch Hans Schweiner in seiner heutigen Form erbaut und gilt als das erste sakrale Renaissancebauwerk jenseits der Alpen.

Hintergrund

Heilbronn. (rnz) Schwerpunktmäßig in den Jahren 2002 bis 2004 wurde der Turm der Kilianskirche saniert. Ein imposantes Gerüst schmückte damals die Fassade. Auch in den nächsten Wochen wird wieder ein neues Gerüst an der Kilianskirche aufgestellt. Dieses Mal am Chor der

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Heilbronn. (rnz) Schwerpunktmäßig in den Jahren 2002 bis 2004 wurde der Turm der Kilianskirche saniert. Ein imposantes Gerüst schmückte damals die Fassade. Auch in den nächsten Wochen wird wieder ein neues Gerüst an der Kilianskirche aufgestellt. Dieses Mal am Chor der Kilianskirche am Kiliansplatz. Mit den Gerüstarbeiten wird umgehend begonnen. Diese dauern ca. drei Wochen. Zur Ausführung kommt ein von der Gesamtkirchengemeinde erworbenes neues Allroundgerüst mit einer Fläche von ca. 1900 Quadratmeter.

Im Sommer 2013 wurde durch das Fachbüro für Planung, Restaurierung und Denkmalpflege Hochdorf (AeDis AG) ein umfangreiches Gutachten über den baulichen Zustand von Langhaus, Chor und Chortürmen der Kilianskirche erarbeitet. Ebenfalls wurden die Fensterrahmungen einer intensiven Kontrolle unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass es sich nach 50 Jahren seit dem Abschluss des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg um "ganz überwiegend beginnende Stadien eines Schadenverlaufs" handelt. Die Schäden haben aber "ein problematisches Ausmaß auf keinen Fall erreicht". Damals wurde als Sofortmaßnahme die "Einnetzung" einiger filigraner Sandsteinteile vorgeschlagen, die 2013 auch ausgeführt wurde.

Insgesamt wird für die in den Jahren 2015 bis 2018 vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen mit einem Gesamtaufwand von 2,7 Millionen Euro gerechnet. Der Förderverein für die Kilianskirche hat einen Betrag von ca. 550.000 Euro zugesagt. Etwa 880.000 Euro werden von den Denkmalbehörden erwartet. Rund 1,27 Millionen Euro wird die Evangelische Kirche zur Sanierung beitragen. Die denkmalrechtliche Genehmigung für die Baumaßnahme wurde im Oktober 2014 erteilt.

Das Gerüst am Chor wird am Kiliansplatz aufgebaut. Mit den Verantwortlichen der Stadt Heilbronn wurde daher vereinbart, den Gerüstaufbau möglichst in den Sommerferien vorzunehmen. Das Gerüst umfasst den gesamten Chorbereich vom Siebenröhrenbrunnen bis zur Kaiserstraße. Insgesamt werden ca. 10.000 Teile angeliefert und damit das neunstöckige Gerüst mit einer Höhe von ca. 19 Meter gebaut. In der ersten Bauphase wird ein größerer Teil des Kiliansplatzes abgeschrankt. Nach Fertigstellung des Gerüsts wird eine schmale Fläche rund um den Chor, sowie eine Lagerfläche auf dem "Kirchenbalkon" benötigt. Nach der Aufstellung des Gerüsts werden zuerst die Schäden untersucht und kartiert. Erst dann werden die Handwerker mit der Sanierung beginnen. Voraussichtlich Ende 2016 werden die Arbeiten am Chor der Kirche fertiggestellt sein. Anschließend wird das Gerüst an der Kaiserstraße und später im Bereich des Kirchenbalkons aufgestellt.

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Hintergrund

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Sie hängen furchtlos über dem Abgrund, gesichert im Seil, und haben sich schon einige Meter aus der Höhe des Kiliansturmes heruntergelassen, die beiden professionellen Fassadenkletterer, die den Turm nach möglichen Schäden absuchen.

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Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Sie hängen furchtlos über dem Abgrund, gesichert im Seil, und haben sich schon einige Meter aus der Höhe des Kiliansturmes heruntergelassen, die beiden professionellen Fassadenkletterer, die den Turm nach möglichen Schäden absuchen. Auch wenn es keine reine Routine ist - vorher sei man immer etwas angespannt, verrät einer von ihnen, Josef Hans, in dem Augenblick, in dem man sich abseile, sei er ganz ruhig. Er macht den Job, er ist zudem auch Steinmetz, ja auch schon lange - Klettern im Hochgebirge aber käme für ihn nicht in Frage. In der Hand hält er ein Stückchen Heilbronner Sandstein, eine etwa handtellergroße Verzierung, die an einem zu kurzen Dübel befestigt und deshalb jetzt locker war.

Zentimeter für Zentimeter wird der Turm nach möglichen Schäden abgesucht. Das erste Fazit stimmt Kirchenpfleger Rolf Krieg und Oberkirchenrat Lambert Auer, Landeskirchlicher Kunstbeauftragter, zufrieden. Zwei Tage lang werden die Kletterer den Turm untersuchen, von aufmerksamen Passanten stets beobachtet. Etwa 3000 Euro kostet die Aktion - Abseilen ist viel preiswerter als eine Untersuchung vom Hubsteiger aus.

Kunsthistoriker stellen die Kilianskirche auf eine Stufe mit den Münstern in Ulm und Freiburg, die Denkmalstiftung des Landes ernannte sie im letzten Dezember zum "Denkmal des Monats". Auer schwärmt von dem "ungeheuren Formenreichtum" des Turmes, dem ersten Renaissance-Kirchturm nördlich der Alpen, vom Weinsberger Steinmetz Hans Schweiner 1508 bis 1529 erbaut. Woher hat er nur all die Motive genommen? Viele von ihnen stammen aus fernen Ländern, die meisten sind antiklerikal. Der Turm muss zur Zeit seiner Entstehung, unmittelbar vor der Reformation, eine Sensation gewesen ein, für viele ist er es bis heute.

Die Ursprünge der Kirche reichen bis ins 11. Jahrhundert zurück. Seit wenigen Wochen ist das Gerüst von der Südseite (Kiliansplatz) an die Nordseite (Kaiserstraße) gewandert. Langhaus, Chor und die beiden Chortürme werden saniert, was drei Jahre dauern wird. Dies nicht, weil die Sanierung akut gewesen wäre, was ein Gutachten auch feststellte, sondern vorsorgend und damit kostensparend, aber eben auch im Hinblick auf die Bundesgartenschau. Da soll die Kirche in ihrer ganzen Schönheit dastehen. Das wird 2,6 Millionen Euro kosten.

Im Krieg stark beschädigt, danach im originalen, aber weichen Heilbronner Sandstein wieder aufgebaut, wurden dabei, wie auch bei späteren Sanierungen, Fehler gemacht. Die Ursachen von vereinzelten leichten Steinabbrüchen in den letzten Jahren konnten auch mit modernsten wissenschaftlichen Methoden nicht erklärt werden. Die derzeitige Sanierung erfolgt nun nach den neuesten Erkenntnissen und in drei Abschnitten.

Der erste ist bereits erfolgt, zum Lutherjahr zeigt sich die Kirche, sie war eine der ersten reformierten, zum Kiliansplatz hin wieder in ihrer ganzen Schönheit und mit Lutherkonterfei statt des neunstöckigen Gerüstes.

Den Anfragen, dieses Gerüst als Werbefläche zu nutzen, haben die beiden "Hausherren", Dekan Otto Friedrich und Pfarrer Hansjörg Eiding, Absagen erteilt, statt dessen eine eigene Idee entwickelt. Für Spenden aus dem Kreis der Bevölkerung, 400 oder 1500 Euro, kann man sich in den Rahmen eines Spendenkreuzes "einkaufen" - mit einem Kinderbild. Die Aktion soll bis zu 50.000 Euro erbringen. Eiding und Friedrich liegt es am Herzen, mit ihr auch die Gesamtkirchengemeinde als Eignerin der Kirche zu entlasten und gleichzeitig den Bürgersinn zu wecken.

Die Heilbronner haben "ihre" Kilianskirche immer im Auge, nicht nur, wenn Fassadenkletterer unterwegs sind. Für die Turmsanierung hatte die Dieter-Schwarz-Stiftung seinerzeit über eine Million Euro beigesteuert, bei ihr ist man bisher nicht vorstellig geworden.

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Hintergrund

Von Brigitte Fritz-Kador

In der Kirchbrunnenstraße beginnen am heutigen Dienstag umfangreiche Bauarbeiten zur Neugestaltung der Straße. Hier liegen die zwei ältesten Kirchen Heilbronns, die Kilianskirche und das Deutschordensmünster St. Peter und Paul, dessen Ursprünge

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Von Brigitte Fritz-Kador

In der Kirchbrunnenstraße beginnen am heutigen Dienstag umfangreiche Bauarbeiten zur Neugestaltung der Straße. Hier liegen die zwei ältesten Kirchen Heilbronns, die Kilianskirche und das Deutschordensmünster St. Peter und Paul, dessen Ursprünge bis 1225 zurückreichen. Sein Hauptportal wird derzeit ebenfalls verändert, ein umlaufender, terrassenförmiger Zugang geschaffen. Wenn alles fertig ist, wird hier, zusammen mit dem Marrahaus, so heißt es in der Gemeinderatsdrucksache, eine "städtebaulich und stadtgestalterisch attraktive und aufgewertete" Platzsituation mit einer Öffnung zum Neckar hin entstanden sein.

Was bei der Planung offensichtlich keine Rolle spielte, war die Tatsache, dass die Stadt Heilbronn schon vor genau 50 Jahren hier Verschönerungsbedarf festgestellt - und entsprechend geplant hatte. Die Frage, was aus den Plänen geworden ist, muss man aber schon deshalb stellen, weil hier eine abgesegnete Planung - nach einem unversöhnlichen Einspruch des damaligen Pfarrers an St. Peter und Paul, Monsignore Josef Baumgärtner - einfach durch Liegenlassen erledigt zu sein schien. Wurden die Beschlüsse von 1977/78 zum Bau des Brunnens und der Gestaltung dieses Areals je aufgehoben, ist damit baurechtlich alles wasserdicht? Die Archivunterlagen dazu sind unvollständig, manche Aktenvermerke sind nur handschriftlich oder stehen auf "amtlichem Altpapier".

Ab 1976 wollte der damalige Baubürgermeister Herbert Haldy Heilbronn zu einer Brunnenstadt machen - mit viel Kunst im öffentlichen Raum. Dafür waren 30 000 D-Mark festgeschrieben. Für einen Brunnen am Deutschordensmünster wurde mit hohem Aufwand einen Wettbewerb ausgelobt, mit einer Jury aus Fachleuten und Gemeinderäten. In deren Besetzung griff der damaligen OB Hans Hoffmann nachträglich, seinen Intentionen entsprechend, einfach so ein - ein heute unvorstellbarer Vorgang. Dennoch erhielt der Entwurf für die Brunnengestaltung des Bildhauers Gunther Stilling den Juryzuschlag.

Monsignore Baumgärtner war zuvor gebeten worden, eine Stellungnahme zu den Werten des Deutschordensrittertums abzugeben. Sie lautete: "Beseelt von der Sendung, die Ordnung Gottes hineinzutragen in die Welt und diese Ordnung zu schützen - Geprägt vom herben Verzicht der Ordensgelübde Armut, Keuschheit, Gehorsam, Pflege der Kranken, Schutz der Hilflosen, Waffenlosen, Schwachen, Witwen und Waisen", ergänzt durch den Hinweis, das Schild beim Schwert besage, dass es um Schutz und Verteidigung gehe, nicht um Wille zur Macht.

Seit einem Jahr ist Roland Rossnagel Pfarrer an St. Peter und Paul. Er sieht das Deutschordensrittertum historisch ganz anders, in seinem missionarischen Eroberertum auch als eine Form des "Gotteskriegertums". Vom ursprünglichen Ordensziel, der Krankenpflege, sei da nicht viel geblieben. Von dem ursprünglich an seiner Kirche geplanten Brunnen weiß er nichts, könnte dem Gedanken aber etwas abgewinnen.

Genau das konnte Monsignore Baumgärtner nicht. Er wandte sich so vehement gegen Stillings Entwurf, unterstützt vom OB und einigen Gemeinderäten, dass man nach heftiger, langer und öffentlicher Diskussion davon Abstand nahm. Denn Stilling hatte es gewagt, einen Deutschordensritter darzustellen, der "im heiligen Zorn" die Hand gegen einen Torso hebt, den er offenbar zuvor über den Brunnenrand geschmettert hat.

Er sagt heute dazu: "Wie hätte ich dem auch ein Gesicht geben können!" Lag die Brisanz seiner Darstellung damals nur im religiösen Bereich, wäre sie heute auch politisch und ein Beweis dafür, dass Kunst auch zeitlich "über den Brunnenrand" hinausschaut. Am Ende entschuldigte sich der damalige Kulturbürgermeister Erwin Fuchs schriftlich bei Stilling, sein Entwurf wurde von den Städtischen Museen aufgekauft. Seither hat Stilling keinen Auftrag der Stadt Heilbronn mehr erhalten. Der Auftrag für die jetzige Gestaltung des Kirchenbalkons ging an das Architekturbüro des Sohnes von Ehrenbürgerin Paula Fuchs, die damals als Mitglied der St. Peter und Paul-Gemeinde und Ratsfraktionsvorsitzende der CDU in der Jury saß - und die Stillings Entwurf keine Chance eingeräumt haben soll.

Roland Rossnagel freut sich auf den Kirchenbalkon und dessen Möglichkeiten für eine offene Gemeindearbeit und Begegnungen. Wichtig war ihm, dass das "Schleichtor" am Münster erhalten bleibt, weil es ein besonderes Stück Heilbronner Geschichte erzählt: In der Vorreiterstadt der Reformation konnten damals katholische Gläubige nur im Schutz der Dunkelheit und nur durch das seitliche "Schleichtor" die Messe besuchen.

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Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn ist undenkbar ohne seine Kilianskirche. Aber was ist sie ihr wert? Eine Stadt, die gerade 250 000 Euro für einen Markenbildungsprozess ausgibt, ist nicht bereit mehr als 5000 Euro - so wie sie es bei allen anderen 40

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Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn ist undenkbar ohne seine Kilianskirche. Aber was ist sie ihr wert? Eine Stadt, die gerade 250 000 Euro für einen Markenbildungsprozess ausgibt, ist nicht bereit mehr als 5000 Euro - so wie sie es bei allen anderen 40 denkmalgeschützten Gebäuden hält - für die 2,7 Millionen teure Sanierung ihres Wahrzeichens auszugeben. Die Verärgerung und das Unverständnis darüber ist Prof. Rainer Prewo, Nagolds Alt-OB und seit 2012 Vorstandsvorsitzender der Denkmalstiftung Baden-Württemberg, anzumerken. Er ist eigentlich als der "gute Onkel" nach Heilbronn gekommen, im Gepäck einen 50 000-Euro-Scheck der Glücksspirale für die Sanierung der Kilianskirche, nachdem sie erst vor einem halben Jahr 104 000 Euro aus Lottomitteln erhielt.

Prewos Missbilligung bezieht sich auch darauf, dass man offenbar in Heilbronn immer noch nicht hoch genug einschätze, welche Bedeutung die Kilianskirche für ganz Deutschland aus kunsthistorischer Sicht habe. Er stellte sie - auch weil sie zu den wenigen von Renaissance und Reformation geprägten Kirchen gehöre - auf eine Stufe mit dem Ulmer und dem Freiburger Münster und betonte, dass sie auch innerhalb der evangelischen Landeskirche Württemberg zu den bedeutendsten Gotteshäusern zähle.

Kirchenpfleger Rolf Krieg, der die Sanierungsmaßnahmen leitet, deutete an, dass es einiges an Diskussionen mit der Stadtverwaltung gegeben habe - so wie Prewo ebenfalls andeutete, dass man sich bei der Bereitstellung der Lottomittel gerne noch großzügiger gezeigt hätte, wenn sich die Stadt nicht so verweigert hätte. Dekan Otto Friedrich, Hausherr der Kilianskirche, sagte resignierend: "Es war politisch nicht durchsetzbar." Dies obwohl - oder weil - er mit OB Harry Mergel bestens vernetzt ist.

Ausschlaggebend für die Spende der Denkmalstiftung sei schließlich das "sehr beachtenswerte bürgerschaftliche Engagement" gewesen. Dass die Spende des Vereins der Freunde der Kilianskirche über 500 000 Euro für die Sanierung so hoch ist, ist "Spätfolge" des Streites um die neue Fensterkunst. Sie liegt ad acta, der Verein beschloss, die Mittel für die bauliche Sanierung der Kirche zu geben.

Die evangelische Kirche selber wird 1,27 Millionen Euro übernehmen, im Augenblick gibt es noch eine Finanzierungslücke von 700 000 Euro. Die letzte große Sanierungsmaßnahme galt dem einmaligen Renaissanceturm, er wurde von 2002 bis 2005 mit Millionenaufwand vor allem durch Spenden über den Verein saniert.

Für die jetzt fällige Sanierung von Chor und Langhaus hat die Kirchengemeinde ein großes Gerüst selber erworben, es wandert nun mit dem Baufortschritt - im Jahr 2016 soll zunächst der Chor fertiggestellt werden, dann folgen die Süd- und die Nordseite des Langhauses, insgesamt sind 6800 Quadratmeter Fassadenfläche, Stein für Stein dafür kartiert worden. Nach insgesamt drei Jahren, also bis 2018 soll alles fertig sein.

Für wie lange es dann Ruhe gibt, ist ungewiss, denn Sandstein ist per se anfällig und die Reihe der Sanierungssünden fast so lange wie die Strecke allein der auszubessernden Fugen: 22,5 Kilometer. Neben der Fugenausbesserung und der Steinsanierung, ein mehrstufiger Prozess, werden auch kleinere Schäden am Dach ausgebessert.

Architekt Peter Reiner widerspricht, dem Schreckensszenario, das die Fenstergegner zur besseren Durchsetzung ihrer Ablehnung durch die Hintertür einer "verfallenden Kirche" inszeniert hatten, sagt aber, es sei sicher der bessere Zeitpunkt, rechtzeitig zu sanieren, also dann, wenn Schäden sichtbar aber noch klein sind. Gefahr sei aber keine von der Kirche ausgegangen, ein paar Steinabbrüche hatte es in den letzten Jahren gegeben. Ein Gutachten hatte 2013 dazu geraten, Risse, Fugen, Steinschäden und Salzausblühungen zu restaurieren.

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Hintergrund

Von Brigitte Fritz-Kador

Der Gottesdienst in der Kilianskirche am ersten Advent vor genau 50 Jahren war ein denkwürdiger: Es war der erste in der gerade weitgehend wieder aufgebauten Kilianskirche, der, begonnen 1946, erst 1974 abgeschlossen war. Die

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Von Brigitte Fritz-Kador

Der Gottesdienst in der Kilianskirche am ersten Advent vor genau 50 Jahren war ein denkwürdiger: Es war der erste in der gerade weitgehend wieder aufgebauten Kilianskirche, der, begonnen 1946, erst 1974 abgeschlossen war. Die "Nachkriegskilianskirche" ist in vielen Details nicht die, die sie vor dem Krieg war. Der Wiederaufbau des schwer getroffenen Gotteshauses hatte einen hohen symbolischen Wert für die Bürgerschaft. Die Wahrnehmung der Kirche als Wahrzeichen der Stadt ist bis heute so stark, dass nach gerade jeder einen Eigentumsanspruch auf sie und damit ein Mitspracherecht erhebt. Emotional ist das nachvollziehbar. Aber de jure gehört die Kirche der Kirchengemeinde und, je nach Weltanschauung als "Gottes Haus", vor allem auch dem Allmächtigen.

Zur Einweihung an diesem ersten Advent 1965 waren auch Chor und Fensterwerk von Charles Crodel fertiggestellt. Bis Ende 1966 folgten die Fenster im Langhaus und drei Jahre später stand auch der Altar von Hans Seyfer in seiner ursprünglichen Schönheit wieder im Chor. Diese Zeitabläufe sind wichtig, denn genau 50 Jahre später ging es in einer Veranstaltung der städtischen Museen wieder einmal um den Chor, den Altar und vor allem den jüngsten Fensterstreit. Die Absicht, im südlichen Langhaus und in einem Teil des Chores mit neuer Fensterkunst der Künstler Xenia Hausner und Bernhard Huber einem neuen, gegenwartsbezogenem Kunstanspruch nachzukommen, endete in dem sattsam bekannten Fensterstreit. Vom Zaun gebrochen und in seltener Heftigkeit bis zur Anmaßung als "Retter der Kirche" geführt wurde er vor allem vom Enkel Crodels, dem Kölner Kunsthistoriker Cornelius Steckner, der durch die neue Fensterkunst das "Gesamtkunstwerk" seines Großvaters zerstört sah.

Die Veranstaltung im Museum zeigte es: Unversöhnlich, mit teils geklitterten, teils komplett zu widerlegenden Fakten argumentierend, hielten er und ein Teil seiner Anhängerschaft an der behaupteten Zerstörung des "Gesamtkunstwerkes" fest. Da konnte der Landeskirchliche Kunstbeauftragte, Kirchenrat Lambert Auer, aus Stuttgart mit noch so viel Wissen, Fakten, Erläuterungen und teils neuen Erkenntnissen argumentieren, die Fronten blieben hart. So hart, dass er später nicht umhin kam, auch die Schlammschlacht zu thematisieren.

Kaum vorstellbar ist, dass der Künstler Crodel die mittleren Chorfenster so gestaltet hätte, wie er es tat, wenn er damals davon hätte ausgehen müssen, dass sie auf ewig hinter dem Altar unsichtbar bleiben werden. Wenn Steckner den damaligen Dekan Siegel als Kronzeuge zitiert: "An seinem alten Platz wird der Altar wieder aufgestellt werden, wobei Fenster und Altar eine Einheit bilden", dann ist davon auszugehen, dass Siegel eben die von ihm favorisierte moderne Form gemeint hat. Den Zuhörern blieb dies vorenthalten.

Dafür durften sie sich darüber wundern, wie Steckner versuchte, die Diskussion an sich zu reißen. An dieser Stelle hätte Gastgeber Museumleiter Marc Gundel weniger Höflichkeit walten lassen sollen, auch weil Steckner seinen Vortrag bekannter Thesen zu desavouierenden Unterstellungen nutzte, den Kunstwerken Hausners und Hubers Disco-Effekte unterstellte. Auch wird die Behauptung, die sog. "Kathedralverglasung" der Seitenfenster sei originärer Teil des Crodelschen Gesamtkunstwerkes durch Wiederholung nicht wahrer.

Da die Gelder des Vereins für die Kilianskirche in gerade begonnene Restaurierungsarbeiten der Kirche fließen, die Künstler abgefunden und die Kilians-Kirchengemeinde im Besitz der Entwürfe und um eine Menge Erfahrungen reicher ist, der Verein um einen hohe fünfstellige Summe für Gutachten und Rechtsstreit dafür ärmer, setzt Steckner auf einen neuen Coup, um den Fensterstreit nicht vergessen zu machen.

Er hat einen Kalender mit Fenstermotiven gestaltet und lässt ihn in einer Heilbronner Buchhandlung verkaufen. Appelle, den Streit ebenfalls ruhen zu lassen, gab es in der Veranstaltung, aber es wurde auch klar: Ein Ruhen in Frieden wird es nicht.

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Von Brigitte Fritz-Kador

Für Albrecht Kieferle aus Hochdorf ist die Kilianskirche eine alte Bekannte. Der Steinrestaurator war maßgeblich beteiligt an der Sanierung des Kiliansturmes - sein Silikatkleber ("Wunderkleber") machte damals reichlich Furore. Er war vor Ort, als ein

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Von Brigitte Fritz-Kador

Für Albrecht Kieferle aus Hochdorf ist die Kilianskirche eine alte Bekannte. Der Steinrestaurator war maßgeblich beteiligt an der Sanierung des Kiliansturmes - sein Silikatkleber ("Wunderkleber") machte damals reichlich Furore. Er war vor Ort, als ein unvermittelter Steinschlag vor zwei Jahren - dessen Ursache wohl ungeklärt bleiben, der aber regelmäßig untersucht wird - die Verantwortlichen ebenso wie die Bevölkerung beunruhigte und er war jetzt wieder einmal in Heilbronn.

"Es war klar, dass nach dem Turm nun auch das Langhaus einer gründlichen Prüfung unterzogen werden musste, ob und wenn ja, welche Sanierungsmaßnahmen dafür anstehen" sagt er - und er ist mit all seinem Wissen um die Tücken des Heilbronner Sandsteines, beispielsweise dessen hohe "Quellfähigkeit", früher gekommen als geplant.

Der Hintergrund: Der Kölner Kunsthistoriker Dr. Cornelias Steckner, Kläger gegen die Kilianskirchengemeinde wegen des Einbaus der neuen Kunstfenster, hat seine demnächst zur Verhandlung anstehende Klage um den Vorwurf erweitert, das Maßwerk der Fenster sei marode, die Fenster selber seien teilweise beschädigt.

In seinen zwar detailliert aufgeschlüsselten, sächlich aber nur sehr nur sehr bedingt nachvollziehbaren Vorwürfen geht er sogar so weit, der Kirchengemeinde Fahrlässigkeit und Gefährdung zu unterstellen.

Diesen vorsorglich zu begegnen und sie schnellstmöglich zu entkräften, hat man Kieferles Hilfe angefordert - übrigens schon im Dezember 2012, bevor Steckners Klage überhaupt bekannt wurde. Die Fenster waren schon im Juni 2011 für den Bauantrag in ihrer Statik untersucht und fotogrammetisch vermessen worden.

Kieferle verweist darauf, dass der Wiederaufbau der Kilianskirche vor fünfzig Jahren aus dem Erfahrungsschatz der damaligen Zeit geschah, teilweise unter Verwendung alter Steine, eine Symbolik, die bis heute sichtbar ist. Dieser Aufbau sei einschließlich der Fenster "grundsolide" erfolgt. Aber Spuren der Zeit sind schon sichtbar, vor allem an der Nordseite. Diese seien wetter- und altersbedingt, die Stichworte sind "saurer Regen", auch "Windlast" und Taubenkot, vor allem aber die menschlichen Hinterlassenschaften, auch von vier Jahrzehnten Weindorf im Schatten der Kirche.

Die Verwitterungen seien aber im normalen Bereich. Inwieweit die Vibrationen der dicht an der Kilianskirche vorbeifahrende Stadtbahn oder des mächtigen Glockengeläutes Schädigungen hervorrufen, ist offen.

Kieferle ist die Fassaden bis auf über 20 Meter Höhe im Hubsteiger auf- und abgefahren, hat sie fotografiert und dabei besonders die Steinmetzarbeiten der Verzierungen unter die Lupe genommen. Die Fotos werden auf Originalgröße des Objektes vergrößert und dann untersucht.

Die endgültigen Ergebnisse der Untersuchung liegen noch nicht vor, wohl aber einen Zwischenstand, wie Kirchenpfleger Rolf Krieg auf Nachfrage mitteilt: "Es besteht kein akuter Handlungsbedarf - auch nicht, was die Schäden am Maßwerk der Fenster betrifft!" Diese Auskunft nimmt einem der Klagepunkte von Steckner eindeutig die Brisanz. Die Kirchenpflege will nun auch einen Zeitplan für die abgestimmten Restaurierungsarbeiten - und einen Kostenplan. Für das Gutachten hat sie schon 22 000 Euro ausgegeben.

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Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Bei der Jahresversammlung des "Vereins für die Kilianskirche" blieb man diesmal "unter sich", von 105 Mitgliedern waren nicht einmal 20 erschienen. Die Gegner der neuen Glaskunst in der Kilianskirche - ein Fensterband von fünf

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Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Bei der Jahresversammlung des "Vereins für die Kilianskirche" blieb man diesmal "unter sich", von 105 Mitgliedern waren nicht einmal 20 erschienen. Die Gegner der neuen Glaskunst in der Kilianskirche - ein Fensterband von fünf Motiven im Seitenschiff von Xenia Hausner (Wien/Berlin) und drei Fenster im Chor von Bernhard Huber (Esslingen) - mussten ja auch nicht kommen, sie hatten schließlich schon erreicht, was sie wollten und was ein Vereinsmitglied - leise, aber immerhin - als eine "Kulturschande" für Heilbronn bezeichnete. Hausner und Huber werden nun in einem Kompromiss, finanziell teilentschädigt. Untilgbar und unentschuldbar bleibt, wie man menschlich mit ihnen, vor allem mit Xenia Hausner umgegangen ist.

Dabei hatten sowohl der Verein, die Kilianskirchengemeinde und der Kunstbeauftragte der Landeskirche 2010 nach einem ordnungsgemäß verlaufenen Wettbewerbsverfahren einhellig den Entwürfen zugestimmt, die Baugenehmigung war erteilt, es hätte losgehen können, hätte da nicht jener Kunsthistoriker aus Köln das Gesetz des Handelns an sich gerissen. Cornelius Steckner sah als Erbe und Sachwalter seines Großvaters Charles Crodel durch die neue Fensterkunst dessen "Gesamtkunstwerk" - von ihm stammt die Fenstergestaltung beim Wiederaufbau der Kirche - im Urheberrecht verletzt und in der Wirkung beeinträchtigt. In der Wahl seiner Mittel zeigte er sich dagegen weniger sensibel. Allein die durch die Auseinandersetzung notwendig gewordenen Gutachten kosteten die Kirche 11 000 Euro, eine Urheberrechtsklage zog er zwar zurück, wiederholt seine Drohung, diese wieder aufleben zu lassen, bei jeder Gelegenheit, wie Dekan Friedrich bestätigt.

Inzwischen hat Steckner den baulichen Zustand der Kirche ins Visier genommen. Die Kirche belegte daraufhin durch ein Gutachten, dass ein Sanierungsbedarf im normalen Rahmen besteht, die über Jahre hinweg angegangen werden könnten, akute Schäden in Fugen und Rissen seinen nur in sehr geringem Ausmaß vorhanden, ihre Beseitigung wird im Herbst angegangen, finanziert durch den Verein, der über ein Guthaben von 570 000 Euro verfügt.

Tiefer als die Risse an der Kilianskirche sind die, die der jahrelange Streit hinterlassen hat. Hans Hambücher, der immer wieder betonte, jeder im Verein und in der Gesamtgemeinde achte das Werk Crodels, scheute sich nicht, dies auch anzusprechen. Hans-Jörg Eiding, Pfarrer an der Kilianskirche sagte, er hätte die Prügel nicht beziehen wollen, die Hambücher einstecken musste, und dankte ihm dafür, dass er sich stets bemüht habe, Gräben nicht zu tief werden zu lassen. Eine anonyme Anzeige gegen Hambücher und den Vereinsvorstand wurde niedergeschlagen, ebenso Steckners Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Landeskirche gegen Dekan Friedrich.

Dafür hat das Finanzamt ein weiteres Mal die rechtlich korrekte Verwendung der Gelder bestätigt. Nun stiftet der Verein zunächst einmal 30 000 Euro an die Gemeinde, damit sie die Künstler entschädigen kann. Die Kompromisslösung, von den Mitgliedern einstimmig abgesegnet, liegt unter ihren Forderungen, die schon durch die Mehrleistung und den zurückgenommenen Auftrag zu Recht bestünden. Hausner wird 22 000 Euro erhalten, Bernhard Huber 7500. Jeder der fünf in die engere Auswahl gekommene Mitbewerber hatte zuvor schon vom Verein 10 000 Euro erhalten.

Was Heilbronn entgangen ist, zeigte auch die gerade zu Ende gegangenen Ausstellung mit Meisterwerken zeitgenössischer Glasmalerei im Naumburger Dom. Hausner und Huber waren vertreten - auch mit Entwürfen für die Kilianskirche. Diese liegen jetzt in einer Schublade im Dekanat, mitsamt den Rechten daran.

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Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Still ruht der See - könnte man meinen, wenn es um die neuen Glaskunstfenster für die Kilianskirche in Heilbronn geht, dem ist nicht so. Noch in diesem Jahr und noch während der Amtszeit der bis dahin gewählten Kirchengremien, will Dekan

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Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Still ruht der See - könnte man meinen, wenn es um die neuen Glaskunstfenster für die Kilianskirche in Heilbronn geht, dem ist nicht so. Noch in diesem Jahr und noch während der Amtszeit der bis dahin gewählten Kirchengremien, will Dekan Otto Friedrich Nägel mit Köpfen machen.

Die Gemengelage ist komplex - und irgendwie schief. Da gibt es den Verein, der die neuen Glaskunstfenster bezahlen will. Da gibt es seit einem Jahr die Baugenehmigung durch die Stadt, da gibt es die Zustimmung der kirchlichen Gremien vor Ort und vom Oberkirchenrat hinaus - und dennoch geschieht nichts? Alle zum Handeln legitimierten Körperschaften scheinen das Opfer derer zu sein, die keinerlei Mandat und außer ihrer persönlichen Meinung keine Legitimation haben, aber umso heftiger hinter den Kulissen wirken, um zu verhindern, dass in der Kilianskirche die Entwürfe der Glaskunstfenster von Xenia Hausner (Wien) und Bernhard Huber (Esslingen) in Chor uns Seitenschiff der Kilianskirche verwirklicht werden.

Und dann ist da auch noch Cornelius Steckner, der Enkel des Künstlers Charles Crodel, der die Fenster der Kilianskirche im Zuge ihres Wiederaufbaus in den 60er Jahren entwarf und dessen Urheberrecht Steckner gefährdet sieht. Er hat dafür mittlerweile eine Drohkulisse gegen die Kilianskirchengemeinde aufgebaut, die etwas ins Wanken gekommen ist, nachdem er die von ihm angestrebte juristische Auseinandersetzung wegen der Kosten (140 000 Euro falls er mit der Klage scheitert) einen Tag vor dem Prozess stoppte.

Mit welchen Waffen die Fenstergegner fechten, wurde im Sommer deutlich. Bei der Heilbronner Staatsanwaltschaft war eine anonyme Anzeige gegen den Vorstand des Vereins der Freund der Kilianskirche eingegangen.

Nur die wenigsten Gegner der Fenster kämpfen mit offenem Visier. Dekan Otto Friedrich hat da schon ganz schöne Breitseiten abbekommen: Androhungen von Kirchenaustritten sind noch harmlos. Friedrich sagt, er lasse sich nicht nötigen. Er muss aber hinnehmen, dass man selbst den Fall des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst beizieht, um der Kirche Prasserei vorzuwerfen. Abgesehen davon, dass es sich um Vereinsgelder handelt, sagt Friedrich, sei er bei Beschlussfassung im Verein noch gar nicht im Amt gewesen. Der Fensterinitiator Walter Dörr ist über den Streit schon hinweggestorben.

Rund 12 000 Euro hat der Verein dafür aufgewendet, um mit Gutachten zu belegen, dass Steckners Standpunkt der urheberrechtlichen Verletzung vor Gericht nicht Bestand haben wird. Die Kirche selber hat zwar bisher viele Mühen, aber keine Kosten gehabt. Der Verein wird die Anwaltskosten für den geplatzten Prozess wohl einklagen müssen. Ob die Strategie Steckners fruchtet, den Bauzustand der Kilianskirche insoweit zu instrumentalisieren, dass dem Verein nichts anderes übrig bleibt, als seine Gelder dafür aufzuwenden, hängt auch von dem besagten Kieferle-Gutachten ab. So sieht man es auch beim Oberkirchenrat in Stuttgart, dem Steckner jüngst eine neue Mängelliste vorgelegt hat.

Was der Auseinandersetzung fehlt, ist der öffentliche Diskurs. Die Befürworter der Fenster halten sich bedeckt, sieht man von Bildhauer Gunther Stilling ab, der zuletzt dem Preisgericht vorstand. Er macht keinen Hehl daraus, wer den "Kirchenfrieden" störe. Dass sich die Künstler, verunglimpft sehen, bestätigt auch der Dekan, vor allem weil auch versucht wurde, sie gegeneinander auszuspielen. Damit, dass Steckner und die Fenstergegner aufgeben, rechnet Friedrich nicht. Seine Befürchtung, dass der Widerstand Dimensionen erreicht, in denen die Kirche nicht mehr handeln kann, ist groß. Er selber stehe aber nach wie vor hinter der Entscheidung für die Fenster. Peter Hawighorst, Leiter der Volkshochschule Heilbronn, plant den längst überfälligen Schritt, er will endlich eine öffentliche Diskussion zum Fensterstreit und diese hochrangig besetzen.

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