Jung und interkulturell soll die Heilbronner Symbolfigur - das Käthchen - sein. Die Wahl für die Repräsentantin der Stadt ist am 15. April. Foto: Endres
Von Brigitte Fritz-Kador
Seit 46 Jahren repräsentieren junge Heilbronnerinnen als "Käthchen von Heilbronn" ihre Stadt, sind bei allen offiziellen Anlässen, Festen, Empfängen und Eröffnungen dabei, und, auch wenn man sich bemüht, sie ins jeweilige Geschehen einzubeziehen, eben oft doch nur Staffage. Ob sich das ändern wird, wird sich zeigen. An der Zeit wäre es, vor allem dann, wenn man die Ausschreibungsbedingungen liest, die der neue Chef der Heilbronn Marketing GmbH, Steffen Schoch, so formuliert hat: "Jung, frisch, interkulturell" soll das Käthchen sein. Und er lockt damit: "Während der zweijährigen Amtszeit haben die Käthchen die Möglichkeit, viele Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kennenzulernen. Für viele von ihnen war es der Start für eine Karriere in der Politik oder im Beruf."
Das war in der Tat in vielen Fällen so. In der Tracht, die etwas von ihrem falschen historischen Ballast befreit wurde, wirkt ein Käthchen schon auf den ersten Blick als Sympathieträger, am liebsten natürlich so "als hätte sie Himmel von Schwaben gezeugt". Diese Voraussetzung konnten in der Vergangenheit auch schon Käthchen mit Migrationshintergrund erfüllen.
Nun also suchen HMG und Verkehrsverein wieder "moderne und selbstbewusste Heilbronnerinnen im Alter von 17 bis 23 Jahren". Die Adjektive entsprechen sie dem Frauenbild von heute, ob auch dem literarisch-historischen Vorbild ist eine Frage, die es, seit es das Stück gibt (Uraufführung war 1810 in Wien), Generationen von Regisseuren, Schauspielerinnen, Kleistforscher usw. beschäftigt. Bekanntlich folgt das Käthchen geradezu unterwürfig ihrem angebeteten Ritter, dem "Hohen Herrn", lässt sich schmähen, wirft sich ihm zu Füßen und ist doch die junge Frau, die auf alle Konventionen der Gesellschaft pfeift, sich alleine aufmacht um sich den Mann ihres Lebens zu holen.
Eine Kaisertochter, wie für das Happy End im Stück notwendig, muss man in Heilbronn nicht mehr sein, parkettsicher schon sein - oder bereit, es schnell zu werden, denn "die neue Amtszeit wird gleich mit einem Glanzlicht starten" sagt Schoch: "Nur wenige Tage nach der Wahl präsentiert sich Heilbronn mit allem was die Stadt zu bieten hat in Berlin in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim sog. Landsleutetreffen mit Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann."
Zugleich mit der 23. Käthchenwahl soll auch der Wahlmodus verändert bzw. entstaubt werden. Fand die Wahl bisher im Rahmen eines Balles in der Harmonie statt, zieht man jetzt am 15. April unter die Pyramide der Kreissparkasse und orientiert sich nun an den Abläufen und der Dramaturgie der Wahl der Weinkönigin. Das heißt, die Mädchen müssen mehr als bisher mit Wissen - über Heilbronn, ihren geistigen Vater (daran haperte es in der Vergangenheit manchmal geradezu peinlich) - und auch die Welt um sie herum wissen, mit Schlagfertigkeit und einer Portion Charme punkten. In welcher Form das Publikum beteiligt wird, ist noch nicht ganz klar.
Die Werbung um Kandidatinnen läuft bereits breit an, auch an der Hochschule will man sich umtun. Einfach so ins kalte Wasser geworfen wird keine Kandidatin. Es wird gibt vorbereitende Veranstaltungen, gute Ratschläge von den Amtsvorgängerinnen, filmische Begleitung und Infos auf der Website www.werde-käthchen.de.
Das neue Käthchen und ihre beiden Stellvertreterinnen sollten zwischen 17 und 23 Jahre alt sein, wenigstens seit einem Jahr den Hauptwohnsitz in Heilbronn haben und sich als Heilbronnerin fühlen, überzeugendes Interesse an der Stadt und dem Amt des Käthchens haben und die Bereitschaft, zwei Jahre als eine Person des öffentlichen Lebens aufzutreten. Theresa Drauz, das derzeit amtierende Käthchen, war bei ihrer Wahl noch sehr jung, ist ganz schnell in ihre Aufgaben hineingewachsen und sagt heute über ihre Amtszeit voller Begeisterung: "Die Zeit verging so schnell und wir sind von einer interessanten Veranstaltung zum nächsten schönen Event gefahren."