Landeswissenschaftsministerin Theresia Bauer. Foto: dpa
Von Sören S. Sgries
Heidelberg. Als dreimalige "Wissenschaftsministerin des Jahres" hat Theresia Bauer sich einen guten Ruf erworben. Eine prestigeträchtige Auszeichnung, die auch in hochschulfernen Kreisen wirkt. Doch jetzt könnte es ungemütlich werden für die Heidelbergerin: Die Opposition im Landtag geht auf die Barrikaden, wirft ihr Führungsversagen in der Ludwigsburger Verwaltungshochschule vor - und denkt lautstark über einen Untersuchungsausschuss nach.
Streng genommen sind es bekannte Vorwürfe, vertraute Reflexe. Bauers Vorteil bislang: Die Kabale innerhalb der Beamten-Schmiede interessierten die breite Öffentlichkeit kaum. Da konnte die FDP noch so lautstark zetern: Der Glanz der Ministerin, die in der vergangenen Legislatur die milliardenschwere Finanzierung der gesamten Hochschullandschaft neu geordnet hatte, überstrahlte alles. Das ändert sich gerade. Bauers Nimbus bekommt erste Macken - auch durch die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer. Die Studi-Demos bringen negative Schlagzeilen. Vor allem die FDP wittert Schwäche.
Der Hintergrund der Ludwigsburger Verwicklungen: Walter Richard Maier, bis Ende 2011 Rektor der Beamtenhochschule, hatte ein System zweifelhafter Zulagen für Professoren etabliert. Nachdem dieses ruchbar geworden war, ermittelte ab 2014 auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft - und stieß offenbar auf massive Missstände. Dieses Wochenende wurde bekannt, dass gegen 15 Verdächtige Anklage wegen Untreue oder Beihilfe erhoben wurde. Die beschuldigten Professoren lehnten zuvor einen Strafbefehl bzw. eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen ab, wie die "Stuttgarter Zeitung" berichtete.
Brisant für Wissenschaftsministerin Bauer sind allerdings nicht die Vorwürfe gegen Maier und Co., sondern was danach geschah. Die neue Rektorin Claudia Stöckle sollte ab 2012 "aufräumen", wurde dabei aber vom Ministerium im Stich gelassen, so der Vorwurf von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und Wissenschaftspolitiker Nico Weinmann (siehe Interview). Anfang 2015 wurde Stöckel vom Hochschulrat vorzeitig abgewählt. Ein "Bauernopfer", bemängeln die Liberalen fehlenden Rückhalt durch die Ministerin. Man habe gezielt "eine unbequeme Rektorin" loswerden wollen. SPD-Hochschulexpertin Gabi Rolland sieht zumindest Fragen zum Verhältnis zwischen Hochschule und Ministerium aufgeworfen.
Bauer selbst gab sich gestern gegenüber der RNZ entspannt. "Einem Untersuchungsausschuss sehe ich gelassen entgegen. Ich weiß nicht, was er noch finden sollte", sagte sie. Allen Fraktionen sei in der Vergangenheit bereits Akteneinsicht gewährt worden. "Das Thema ist bereits in einer Weise durchleuchtet wie wenige andere."
Von Fehlern spricht sie im Rückblick nicht. Sagt aber: Nicht immer sei es einfach gewesen, "in dieser Gemengelage" zwischen Eigenverantwortung der Hochschule und Führsorgepflicht des Ministeriums auszutarieren. "Die Hochschulautonomie darf in einem solchen Verfahren nicht geschliffen werden", so Bauer. Die Empfehlung zu einer "umfassenden personellen Erneuerung" kam schließlich von einer externen Kommission unter Leitung von Ex-Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU), die das Ministerium eingesetzt hatte.
Den Vorwurf, in Rektorin Stöckle ein "Bauernopfer" gefunden zu haben, weist sie zurück. "Frau Stöckle ist nicht das Opfer", so die Ministerin. "Sie hatte die Verantwortung, die Missstände aufzuarbeiten. Sie hat jedoch in eigener Verantwortung entschieden, den betroffenen Professoren Vertrauensschutz zu gewähren." Damit habe sie es nicht geschafft, die vielfältigen Konflikte zu befrieden. "Die gesamten Hochschulgremien wollten mit dieser Rektorin nicht weiter zusammenarbeiten."
Kritiker wittern Führungsversagen. Bauern delegiere schwierige Entscheidungen, reagiere erst auf Druck. Sie selbst sagt: "Es gibt den Vorwurf, ich sei zu durchsetzungsschwach. Es gibt an anderer Stelle den Vorwurf, ich gehe zu weit. Eine Ministerin legt sich in Debatten auch einmal mit jemandem an."