Stuttgart

"Blankes Entsetzen" über Kretschmann

Eltern und Verbände warnen vor Sparmaßnahmen bei Lehrern

28.02.2019 UPDATE: 01.03.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 19 Sekunden

10 600 Stellen müssen laut Modellrechnungen bis 2030 neu besetzt werden. F.: dpa

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Noch ist das große Feilschen nicht eröffnet. Erst Ende 2019 soll der nächste Doppelhaushalt stehen, der letzte dieser Legislaturperiode. Das bedeutet, das harte Ringen in der grün-schwarzen Landesregierung um Geld und Stellen wird wohl erst nach der Sommerpause losgehen. Doch schon beginnen Vorgeplänkel.

Letzte Woche hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) den ersten Pflock eingerammt: Sie legte eine"Modellrechnung zum Lehrerbedarf 2020 bis 2030" vor. Wenn das Land nicht in den nächsten zwölf Jahren im Schnitt knapp 1000 neue Pädagogen pro Jahr einstellt, könne kein ordnungsgemäßer Unterricht sichergestellt werden. Ohne diese 10.600 Stellen setze sich der bereits bestehende Lehrermangel absehbar chronisch fest, heißt es in dem Papier.

Derart langfristige Berechnungen sind neu. Bisher wurden lediglich - mit mäßiger Trefferquote - künftige Schülerzahlen prognostiziert. In die neue Analyse fließen nun auch "bildungspolitische Projekte" ein, also Reformen, die Personalbedarf auslösen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dämpfte Eisenmanns Elan erstmal. "Die Berechnungen bedeuten jedenfalls nicht, dass wir jetzt auch 10.600 neue Stellen schaffen", stellte er klar, wies auf die ab 2020 verpflichtend einzuhaltende Schuldenbremse hin und darauf, dass solch eine zusätzliche Division Lehrer jährlich mindestens 700 Millionen Euro kosten würde.

Auch interessant
Lehrermangel im Südwesten: Unterschätzt?
Baden-Württemberg: Gewerkschaft fordert Tausende neue Lehrerstellen
Doppelhaushalt 2018/19: Land zahlt 1,25 Milliarden Euro Schulden zurück

Mit diesem Argument nun löste er beim obersten Elternvertreter im Land "blankes Entsetzen und völliges Unverständnis" aus, wie Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats formuliert. Kretschmanns Äußerungen grenzten an Zynismus, befand er und sah "unsere Kinder und ihre Zukunft in der Geiselhaft einer strengen grünen Austeritätspolitik". Rees rief die grüne Landtagsfraktion "eindringlich auf, unseren Kindern in der Zukunft nicht aus Kostengründen sogar Teile des regulären Pflichtunterrichts zu verweigern".

Auch Matthias Wagner-Uhl, Vorsitzender des Vereins für Gemeinschaftsschulen, fürchtet, das Land knausere an der falschen Stelle. Schon jetzt hätten Lehrermangel und Unterrichtsausfall "die Schulen in Baden-Württemberg fest im Griff", wie er befand.

Doro Moritz, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, sprach von einer "einmaligen Chance". Sie betonte: "Die Kassen sind voll und die Daten für eine verlässliche Lehrerbedarfsplanung liegen vor. Wenn die Regierung Kretschmann jetzt handelt, mehr Studienplätze und neue Lehrerstellen schafft, kann sie Fehler früherer Landesregierungen vermeiden."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.