Wärme aus dem Salzbergwerk?

Heilbronn. Unter Tage herrschen konstant 18 Grad: Stadt lässt Öko-Projekt für die Bundesgartenschau prüfen

05.10.2012 UPDATE: 05.10.2012 07:19 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden
Wärme aus der Tiefe des Heilbronner Salzbergwerks? Eine Untersuchung soll die Machbarkeit prüfen. Unter Tage herrscht konstant zwischen 18 und 19 Grad. Foto: Endres
Von Hans Georg Frank

Heilbronn. Einer Trumpfkarte gleich präsentierte Heilbronns Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach ein bislang geheim gehaltenes Projekt. Beim Besuch von Edith Sitzmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, sprach der parteilose Stadtchef erstmals öffentlich von einer Absicht, mit der er besonders viele Öko-Pluspunkte sammeln wollte. In Heilbronn geht es derzeit bei Visiten von Politikern aller Couleur stets darum, die Parteien von der Notwendigkeit der großzügigen Förderung der für das Jahr 2019 angepeilten Bundesgartenschau (Buga) zu überzeugen. Für Sitzmann setzte Himmelsbach deshalb besonders auf sein ökologisch-nachhaltiges Ass:

Wissenschaftler der Universitäten in Karlsruhe und Stuttgart prüfen derzeit die Möglichkeit, eines der neuen Wohnviertel auf dem Buga-Gelände mit Hilfe der Kammern des Salzbergwerks zu erwärmen. Im Untergrund, in etwa 200 Metern Tiefe, herrschen gleichbleibende 18 bis 19 Grad. Ob und wie dieses Potenzial für den "Neckarbogen" genutzt werden kann, das soll die Machbarkeitsstudie der Forscher zeigen.

Wenn auch die Experten sich für die Heilbronner Idee erwärmen könnten, dann ergebe dies für das Bergwerk eine weitere Aufgabe. Längst ist der Abbau der Salzschichten im Heilbronner Becken - vor rund 250 Millionen Jahren entstanden - nicht mehr der einzige Daseinszweck des Unternehmens, das jeweils fast zur Hälfte dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Heilbronn gehört.

Die 1800 leeren Kammern ergeben ein unterirdisches Labyrinth von mehr als 700 Kilometern Länge. Da ist denn auch reichlich Platz für ein Untertagearchiv, in dem gegen allerlei Einflüsse wie Naturkatastrophen, Klimaschwankungen und Ungeziefer sicher geschützt wichtige Dokumente gelagert werden können. Wie gut sich ein solcher Schutzraum gerade für wertvolle Kunstwerke eignet, war während des Zweiten Weltkriegs bereits bewiesen worden. In der Tiefe überstanden Gemälde und Altäre, Patentschriften und Maschinen das verheerende Bombardement über Tage völlig unbeschädigt.

Auch Material, das weniger Wert besitzt, aber entsorgt werden muss, wird in den miteinander verbundenen Salzbergwerken Heilbronn und Kochendorf abgenommen. Dafür hat die Südwestdeutsche Salzwerke AG 1992 eigens die Tochterfirma UEV gegründet. Das Kürzel steht für Umwelt, Entsorgung und Verwertung. 500 verschiedene Arten von Abfall dürfen dank Genehmigung des Landesbergamtes in diese Untertagedeponie geschafft werden. Dazu gehören Rückstände aus Rauchgasreinigungsanlagen, Schlacken, Bauschutt ebenso wie Gießereisande und belastete Böden. Radioaktive Reste aus Atomkraftwerken stehen nicht auf der Liste. Damit lässt sich jährlich nicht nur ein Umsatz von rund 35 Millionen Euro erzielen. Die in riesige Säcke ("big bags") gestopften Stoffe sorgen auch für die Sicherheit der Stollen.

Nach einer Umbaupause ist seit 1. Mai wieder das Salzbergwerk Kochendorf für Besucher zugänglich. Es war für 1,5 Millionen Euro zeitgemäß gestaltet worden. Bedeutendster Abschnitt eines 1,5 Kilometer langen Rundgangs ist die Gedenkstätte für Zwangsarbeiter, die von Herbst 1944 bis Frühjahr 1945 für die Rüstungsindustrie schuften mussten. Das Salz verhilft den Eigentümern auch zu erklecklichen Einnahmen. Letztes Jahr summierte sich der Überschuss auf rund 24 Millionen Euro. Der Gewinn fiel eher bescheiden aus, weil wegen des milden Winters weniger Streusalz verkauft werden konnte. Im Jahr zuvor hatten die Aktionäre noch 36 Millionen Euro kassieren können. Ob die angedachte Erwärmung der Gebäude im Vorzeigeviertel "Neckarbogen" die Unternehmenskasse zusätzlich füllen kann, bleibt abzuwarten. Bei den Salzwerken war zu dem Planspiel gestern keine Auskunft zu erhalten. Frühestens nach der Sitzung des Aufsichtsrates am 5. November sei mit einer Stellungnahme zu rechnen, hieß es auf Anfrage.

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