Umweltminister Untersteller: Erschreckende Sorglosigkeit bei Düngerlagern
Überwachungsbehörden decken erhebliche Defizite auf - "Die festgestellten Mängel sind erschreckend"

Zahlreiche Mängel haben die Behörden bei der Überprüfung von Düngemittellagern und wassergefährdeten Stoffen festgestellt. Foto: Endres
Stuttgart. (rnz) Wenige Tage vor dem Jahrestag des Düngemittelunfalls an der Jagst im August 2015 hat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die landesweite Überprüfung von gewerblichen Düngerlagern abgeschlossen. "Leider haben wir hierbei erhebliche Defizite feststellen müssen", erklärte Umweltminister Franz Untersteller.
"Zum Schutz der Umwelt und zu ihrem eigenen Schutz vor möglichen Schadensersatzforderungen müssen die Betreiber sicherstellen, dass sie ihrer Verantwortung auch nachkommen und ihre Anlagen ordnungsgemäß betreiben."
Bei der Überprüfung haben die Behörden in ganz Baden-Württemberg insgesamt 307 gewerbliche Düngerlager von 276 Betrieben überprüft. In diesen Betrieben lagern sowohl ammoniumhaltige, als auch ammoniumfreie Düngemittel in saisonal unterschiedlichen Mengen von einem Zentner bis zu mehreren tausend Tonnen. Daneben umfasst die Lagerung oftmals auch Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel sowie gelegentlich zusätzlich Treib- und Brennstoffe wie Diesel oder Heizöl. Neben der Frage, ob die notwendigen bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vorlagen, haben die Behörden bei ihrer Überprüfung ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, ob bestimmte sicherheitsrelevante Maßgaben aus dem Wasserrecht, insbesondere zur Löschwasserrückhaltung, sowie Vorgaben zur Lagerung aus dem Gefahrstoffrecht eingehalten wurden.
Bei 150 Anlagen stellten die Behörden fest, dass eine Löschwasserrückhaltung notwendig ist. In 54 Prozent dieser Fälle ( 80 Anlagen) war eine solche Löschwasserrückhaltung auch vorhanden und bei 35 Anlagen (23 Prozent) war diese auch tatsächlich ausreichend bemessen.
In 81 Fällen waren die Betreiber nach der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS) verpflichtet, ihre Anlagen regelmäßig von Sachverständigen überprüfen zu lassen. Bei 32 Anlagen (40 Prozent) haben die Betreiber diese Prüfungen tatsächlich veranlasst. In den anderen Fällen gingen die Betreiber fälschlicherweise davon aus, dass Düngemittel keine wassergefährdenden Stoffe seien. Selbst wenn zusätzlich noch Pflanzenschutzmittel gelagert wurde, haben viele Betreiber erklärt, ihnen sei nicht bewusst gewesen, dass hiervon Gefahren für die Umwelt ausgehen könnten.
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Darüber hinaus fehlten insbesondere bei älteren Düngemittellagern die notwendigen Genehmigungen vollständig oder sie waren nicht mehr auffindbar. In anderen Fällen waren Lager nur allgemein als "Landhandel" genehmigt und Düngemittel als wassergefährdende Stoffe in der Genehmigung oder in den Antragsunterlagen nicht ausdrücklich aufgeführt.
Außerdem haben Betreiber bestehende technische Regeln für Gefahrstoffe oftmals nicht beachtet, die zum Beispiel das Zusammenlagern bestimmter Stoffe verbieten, Mindestabstände bei der Zusammenlagerung vorschreiben oder Kennzeichnungsgebote enthalten.
"Die festgestellten Mängel sind erschreckend", zeigte sich Umweltminister Untersteller besorgt. "Das offensichtlich mangelnde Gefahrenbewusstsein vieler Anlagenbetreiber zeugt von erheblichen Informationsdefiziten. Im Rahmen unseres Jagst-Aktionsprogramms prüfen wir daher, wie wir die Betreiber künftig besser über ihre bestehenden Pflichten informieren und sie auf die bestehenden Risiken hinweisen können", so Untersteller.