Renaissance der Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg
Die Grundschulempfehlung soll wieder vorgelegt werden müssen, aber trotzdem keine bindende Wirkung haben

Kultusministerin Eisenmann (l.) mit Schülern. Foto: M. Murat
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Die Vorlage der Grundschulempfehlung wird künftig verpflichtender Teil der Anmeldung für eine weiterführende Schule. Das geht aus dem überarbeiteten Gesetzentwurf von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hervor, der unserer Stuttgarter Redaktion vorliegt. Er soll am Dienstag vom Kabinett verabschiedet und dann in den Landtag eingebracht werden. Die Vorlage der Empfehlung, welche weiterführende Schulart ein Kind aus pädagogischer Sicht besuchen soll, werde zur "Voraussetzung für eine rechtswirksame Anmeldung", heißt es in dem Entwurf. Die Entscheidung über die Wahl der weiterführenden Schule bleibe aber weiter den Erziehungsberechtigten überlassen. Weichen Eltern von der Empfehlung ab, kann die aufnehmende Schule ein Beratungsgespräch anbieten.
Durch die Kenntnis der Grundschulempfehlung würden die Lehrkräfte der aufnehmenden Schule "zukünftig besser in die Lage versetzt, schon zu Beginn des Schuljahres jede Schülerin und jeden Schüler individuell, also entsprechend der Begabung zu fördern", schreibt Eisenmann. Damit werde die Qualität des Bildungssystems gestärkt.
Mit der Gesetzesänderung, die zum 1. August 2017 in Kraft treten und erstmals für den Übergang auf weiterführende Schulen zum Schuljahr 2018/19 gelten soll, setzt die Kultusministerin ein zentrales CDU-Wahlkampfversprechen um. Die grün-rote Vorgängerregierung hatte die sogenannte verbindliche Grundschulempfehlung, bei der Eltern keine Wahlfreiheit über die weiterführende Schule hatten, abgeschafft. Erziehungsberechtigten hatten das Dokument der weiterführenden Schule auch nicht mehr vorlegen müssen.
Die halbe Kehrtwende provoziert unterschiedlichste Reaktionen. Den Befürwortern geht die Änderung teils nicht weit genug. So fordert der Realschullehrerverband die Wiedereinführung der verpflichtenden Grundschulempfehlung. Zu den Gegnern des Gesetzentwurfs zählen der Landeselternbeirat und die Gewerkschaft GEW. Die verpflichtende Vorlage sei geeignet, diejenigen Kinder und Eltern "abzuschrecken und zu beschämen, die abweichend von der Empfehlung das Gymnasium und die Realschule wählen wollen", schreibt die GEW. Der Landeselternbeirat beklagt gar einen "Rückfall in alte Zeiten" und einen "äußerst rüden Eingriff in die Elternrechte".
Mit der Gesetzesänderung wird auch eine Stärkung der von der CDU protegierten Realschulen auf den Weg gebracht. Um diese mit der Gemeinschaftsschule, dem Lieblingskind der grün-roten Vorgängerregierung, gleichzustellen, sollen die sogenannten Poolstunden für leistungsdifferenzierten Unterricht ab Klasse 7 bis zum Jahr 2021 schrittweise von neun auf 20 angehoben werden. Für die erste Tranche von vier zusätzlichen Poolstunden für das Schuljahr 2017/18 sind im Haushalt für dieses Jahr 257,5 Deputate eingeplant.



