Landesministerien entscheiden, wo sie sparen
Grün-Rot spricht vom Ende der Kurzatmigkeit in der Haushaltspolitik. Die Opposition hält Sparpläne für Wunschvorstellungen.

Stuttgart. Nach monatelangem Tauziehen hat die grün-rote Landesregierung Sparpläne für die Ministerien beschlossen. Diese legen fest, wie viel die einzelnen Ressorts in den Jahren 2015 und 2016 kürzen sollen. Die Ministerien sollen selber entscheiden, an welchen Stellen sie den Rotstift ansetzen. Ausnahmen gibt es bei den Budgets für Lehrer, Hochschulen und Polizei. Ziel bleibt aber, bis 2020 rund 11 600 Lehrerstellen zu streichen. Hintergrund der Pläne ist, dass die Bundesländer von 2020 an keine neuen Schulden mehr aufnehmen dürfen.
Dem Vernehmen nach wurden die Sparpläne und der Finanzplan 2020, der die Abbauschritte des jährlichen strukturellen Defizits festzurrt, einstimmig im Kabinett beschlossen. Um die Sparsummen war heftig gerungen worden. Die SPD befürchtete, dass noch mehr Lehrerstellen als geplant auf dem Spiel stehen könnten. Die Grünen wiederum hatten den Verdacht, dass Finanzminister Nils Schmid (SPD) zu wenig dauerhafte Einsparungen vorsehen könnte. Am Dienstag stimmten die Fraktionen von SPD und Grünen aber zu. Die Pläne nehmen die Beratungen über den Doppeletat 2015/16 nicht vorweg, sagte Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD). Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte, dass in den Haushaltsberatungen durchaus noch "etwas geschoben werden kann".
Nach Rusts Worten werden die bisherigen Prinzipien der Haushaltsaufstellung auf den Kopf gestellt. "Früher haben die Ressorts ihre Wünsche bei der Haushaltsaufstellung angemeldet, und zum Schluss wurde geschaut, was machbar ist", erklärte er. "Jetzt sagen wir von vornherein: Diese Summe müsst ihr einsparen." Kretschmann erklärte zu den Einsparplänen: "Das ist der Versuch, von der verdammten Kurzatmigkeit in der Politik wegzukommen." Er mahnte, die Pläne jetzt nicht in der Öffentlichkeit "zu zerschießen".
Aus dem Sozialministerium hieß es, Ministerin Katrin Altpeter (SPD) hätte es gerne gesehen, wenn mit den Sparplänen auch die bereits erbrachten Einsparungen im laufenden Doppelhaushalt veröffentlicht worden wären. Damit wäre deutlich geworden, dass das Sozialministerium - anders als dies zunächst scheine - bereits erhebliche Einsparungen erbringe.
Nach neuesten Angaben gilt es, bis 2020 ein dauerhaftes Defizit im Landeshaushalt von jährlich 1,1 Milliarden Euro zu beseitigen. Dabei eingerechnet sind von 2015 an bereits Mehreinnahmen von rund 400 Millionen Euro, die dem Land - so die Hoffnung von Grün-Rot - vom Bund zusätzlich zufließen sollen. Allerdings haben Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen in Berlin erklärt, keine Steuern erhöhen zu wollen. Rust setzt nun darauf, dass die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu geregelt werden.
Der größte Batzen der Einsparungen soll auf die Allgemeine Finanzverwaltung entfallen. Dort werden auch Überschüsse verbucht. Die Grünen hatten vermutet, dass Schmid diese zur Beseitigung des Defizits heranziehen könnte. Rust beteuerte, auch in diesem Einzeletat gebe es dauerhaft wirksame Maßnahmen. Dazu zählten bereits beschlossene Kürzungen bei der Besoldung und der Beihilfe von Landesbeamten sowie Mehreinnahmen in der Steuerverwaltung.
Die Opposition kritisierte die Pläne als unverbindlich. CDU-Fraktionschef Peter Hauk und CDU-Finanzexperte Klaus Herrmann kritisierten, es handele sich um Wunschvorstellungen, die bei der Haushaltsaufstellung sicherlich geändert würden. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke meinte: "Rund drei Viertel der vorgegebenen Summe werden aus der Allgemeinen Finanzverwaltung entnommen, einem Bereich, den niemand wirklich kontrollieren kann."