Gewalt und Übergriffe bei Volksfest

"Kölner Verhältnisse" in Schorndorf?

Polizeipräsident: "Situation nicht immer im Griff " - Ermittlungen gegen Afghanen und Iraker

17.07.2017 UPDATE: 18.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden
Beim Stadtfest "Schowo - Schorndorfer Woche" war es am späten Samstagabend im Park am Burgschloss zu Krawallen gekommen, bei denen unter anderem Flaschen auf Polizeibeamte geworfen wurden. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Von Julia Giertz

Schorndorf. Über dieses Volksfest spricht plötzlich ganz Deutschland. Auf einer Bühne hüpfen kleine Mädchen in Mäusekostümen, Menschen trinken ein kühles Getränk auf den Bierbänken - auf der "Schorndorfer Woche" herrscht am Montagnachmittag friedliche Gelassenheit. Nichts deutet darauf hin, dass die idyllische Fachwerkstadt während des Stadtfests zum Schauplatz von Krawallen und sexuellen Übergriffen geworden ist.

Polizei und Oberbürgermeister hatten am Morgen in einer Pressekonferenz von Gewalt gegen Polizisten aus einer Gruppe von etwa 1000 jungen Leuten heraus in der Nacht zum Sonntag berichtet. Zudem kam es laut Polizei zu sexuellen Übergriffen auf eine 17-Jährige und eine 25-Jährige. Ermittelt wird gegen drei verdächtige Afghanen und einen Iraker. Zeugenaussagen, wonach kleine Gruppen mit Messern und Schreckschusspistolen in der Nacht zum Sonntag durch die Stadt gezogen seien, gehe die Polizei noch nach.

Schnell werden Erinnerungen an die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht wach. Oberbürgermeister Matthias Klopfer hält dem entgegen, dass vor allem Schüler gefeiert hätten. Erst nachdem erste Auseinandersetzungen begonnen hatten, seien mehr Migranten gekommen.

Die Vorfälle lassen in Schorndorf niemanden kalt, fremdenfeindliche Parolen fallen im Gespräch mit den Einwohnern aber nicht. Die Stadt mit 40.000 Einwohnern hat 700 Flüchtlinge aufgenommen. Nach Angaben des Veranstalters des im Volksmund "SchoWo" genannten Events, Jürgen Dobler, ist Schorndorf hervorragend aufgestellt in Sachen Integration. Ende 2015 hatte mehr als jeder achte Bürger eine andere Staatsangehörigkeit als die deutsche.

Bei einigen herrscht nun aber Verunsicherung: Eine 36-Jährige, die auf dem Fest mit ihrer Mutter zu Gast ist, sagt, dass sie einen abendlichen Besuch jetzt noch mehr meiden werde als zuvor. "Da fließt der Alkohol", gibt sie als Grund an. Der enthemme die Menschen.

Der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele hatte Alkohol schon zuvor in Bezug auf die Übergriffe als "Gewalttransmitter" beschrieben. "Die Polizei hatte die Situation nicht immer im Griff", räumte Eisele ein. Angesichts der Gewalt in dem Park hätten die Beamten sich zeitweise zurückgezogen und dann die Lage mit aus anderen Orten zur Hilfe gerufenen, verdoppelten Kräften wieder unter Kontrolle gebracht. "Ein Ausnahmezustand ist für mich etwas anderes", so der Polizeipräsident.

Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete die Vorfälle als "völlig inakzeptabel": "Es gilt glasklar: Wir dulden solche Exzesse nicht, bei uns gibt es keine rechtsfreien Räume, wir haben null Toleranz bei Gewalt, bei sexuellen Übergriffen, bei Gewalt gegen die Polizei."

Man solle die Kirche im Dorf lassen, meint eine Besucherin des Festes. Auf großen Volksfesten wie dem "Stuttgarter Wasen" gebe es doch auch Scharmützel - über die werde aber nicht berichtet, sagt die junge Erzieherin. Für die belästigten Frauen sei das Erlebte sicher dramatisch. Sie wolle sich aber nicht ins Bockshorn jagen lassen und weiter mit ihrer Freundin auch abends das Stadtfest genießen: "Warum sollte ich mich einschüchtern lassen?"

Veranstalter Dobler, selbst in der Flüchtlingshilfe tätig, hofft, dass die Ereignisse die Integration in Schorndorf nicht zurückwerfen. In einer Kleinstadt könne man nur in gutem Miteinander weiterleben. Der Werbekaufmann warnt vor Stigmatisierung wegen der Herkunft. "Es gibt Gute und Böse in allen Nationalitäten", sagt Dobler.

Die Zahl sexueller Übergriffe in Baden-Württemberg durch Migranten ist in den vergangenen zwei Jahren gestiegen. Nach Auskunft des Innenministeriums gab es im vergangenen Jahr 5406 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (2015: 5447), davon 803 (2015: 817) Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen. Davon wurden 482 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (2015: 256) und 120 Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen (2015: 70) von Asylbewerbern und Flüchtlingen begangen.

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