Informationstag über den Rückbau im Atomkraftwerk Neckarwestheim

Ein eigenes Bild nur aus der Ferne mit bescheidenem Angebot

09.10.2016 UPDATE: 10.10.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 46 Sekunden

650 Bohrpfähle wurden bis zu 20 Meter ins Gestein getrieben, um darauf für den Abbruch der Atommeiler benötigte Zweckgebäude zu errichten. Foto: Frank

Von Hans Georg Frank

Erstmals konnte am Atomkraftwerk Neckarwestheim die Rampe für den umstrittenen Castor-Transport besichtigt werden. "Machen Sie sich ein eigenes Bild vom Fortschritt der Baustellen des Reststoffbearbeitungszentrums, des Standort-Abfalllagers und der Schiffsanlegestelle", hieß es in der Einladung der EnBW. Für diesen "Infotag", der von 13 bis 17 Uhr dauerte, waren eigens Anzeigen geschaltet worden.

Doch gerademal 40 angemeldete Personen wurden für drei halbstündige Besichtigungen zugelassen. "Ein paar Absagen mussten wir erteilen", sagte ein EnBW-Sprecher. 20 Besucher begnügten sich mit Schautafeln und Gesprächen bei Brezeln und Blechkuchen.

"Das ist ein bisschen wenig", äußerte sich ein Rentner aus dem Nachbarort Gemmrigheim enttäuscht über das Tourangebot. Er hätte mindestens erwartet, dass auch das Zwischenlager für den Atommüll in zwei Spezialstollen gezeigt wird. Am besten von innen. Wenn es aus welchen Gründen auch immer nicht anders geht, dann hätte er sich mit einem Fußmarsch bis in die Nähe des Tores begnügt. Tatsächlich aber war nur ein Blick aus der Ferne erlaubt, aus einem Kleinbus, der die Gruppen durch den früheren Steinbruch zum Neckar kutschierte.

Auch die Anlegestelle für die umstrittene Strahlenfracht aus Obrigheim durfte nur mit erheblicher Distanz betrachtet werden. Zwar mussten alle Besucher Schutzhelme tragen, die Baustelle selber jedoch blieb für sie versperrt. Bis Anfang 2017 soll die Anlegestelle fertiggestellt sein, damit 342 Brennelemente, verteilt auf 15 Castor-Container, mit Schubschiffen 50 Kilometer weit aus Obrigheim herangekarrt werden können. In Neckarwestheim ist dafür genügend Platz, in Obrigheim müsste für mehrere Millionen Euro ein neues Depot erstellt werden. Derzeit befindet sich der ausgemusterte, hoch radioaktive Brennstoff in einem Provisorium mit der internen Bezeichnung "Bau 39/52".

Ein "Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim" lehnt diese "gefährliche Atommüllverschiebung" vehement ab. Schon jetzt wird zu Protestaktionen entlang des Neckars aufgerufen, obwohl die atomrechtliche Genehmigung noch nicht erteilt ist. Die EnBW hat allerdings auch keine Signale des zuständigen Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit, dass diese brisante Fuhre auf dem Fluss verboten werden könnte.

Bevor der erste Reaktor des Nuklearkomplexes in Neckarwestheim abgebrochen werden kann, sind Neubauten notwendig. In einem Reststoffbearbeitungszentrum (RBZ) werden große Teile wie ein 490 Tonnen schwerer, 21,50 Meter hoher Dampferzeuger mit einem Durchmesser von 3,66 Meter zerlegt. Aus Rationalisierungsgründen wen auch Großkomponenten aus Philippsburg hier zerlegt und dekontaminiert. Von diesem Gebäude sind erst Fundamente zu sehen, die 1,50 Meter dick sein sollen. Direkt daneben steht ein gigantischer Kühlturm, der wegen des problematischen Untergrunds stabilisiert werden musste. Für das RBZ seien keine Schwierigkeiten zu befürchten, erklärte EnBW-Manager Manfred Möller einem besorgten Anwohner: "Der Untergrund ist definitiv sicher." 650 Bohrpfähle sind bis zu 20 Meter tief ins Gestein getrieben worden.

Reiner Müller aus dem zehn Kilometer entfernten Nordheim hat die Besichtigung im Schweinsgalopp nichts von seinen "leichten Sorgen wegen der Strahlung" genommen. Gleichwohl bemüht er sich um Gelassenheit: "Wenn ich jeden Tag Angst hätte, bringt mir das auch nichts."

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