Heilbronner Bundesgartenschau: Markante Köpfe auf dem Kühlturm

Heinz J. Kuzdas hat einen Plan für einen Blickfang bei der Bundesgartenschau in Heilbronn

06.02.2017 UPDATE: 07.02.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Heinz J. Kuzdas hat in einem mehrfach aufgelegten Buch die Kunstwerke an der Berliner Mauer dokumentiert. Jetzt möchte er gerne den Kühlturm des Heilbronner Kohlekraftwerks bemalen lassen. Foto: Frank

Von Hans Georg Frank

Ein Künstler mit Heilbronner Wurzeln sorgt dafür, dass das ungewöhnlichste Freiluftatelier der Welt nicht in Vergessenheit gerät. Heinz J. Kuzdas, am Neckar aufgewachsen, seit 1972 an der Spree daheim, hat in mehreren tausend Fotos die künstlerischen Darstellungen auf der Berliner Mauer dokumentiert. Als das "steingewordene Symbol politischen Versagens" (Ex-Bürgermeister Walter Momper) weitgehend beseitigt wurde, verschwanden auch die Bilder zumeist unbekannter Künstler.

Heinz J. Kuzdas hatte auf seinen Spaziergängen mit Tochter Carolin stets die Kamera dabei und auf den Auslöser gedrückt, wenn er wieder ein neues Motiv entdeckte. Gut 3000 Fotos sind so zwischen 1982 und 1989 entstanden. "Dort war eine trübselige, graue, depressive Stimmung", erinnert sich Kuzdas an den Todesstreifen, "im Grunde ging man da nur hin, wenn man Besuchern die Mauer zeigen musste."

Kuzdas ließ sich faszinieren von der bunten Graffiti und ihrer Ironie. Einerseits hätten sich die Berliner an die Mauer als "etwas Unumstößliches" gewöhnt. Andrerseits eröffneten die bunten Bilder auf spielerische Weise einen neuen Zugang zu der 43,7 Kilometer langen und fünf Meter hohen Abriegelung quer durch die Stadt.

Seine Fotos ließ Kuzdas auf Originalgröße (3,60 mal 2,50 Meter) kopieren. Mit der Sammlung hat er seit dem Start 1982 in Heilbronn viermal den Globus umrundet. Mehr als 100 Ausstellungen in 70 Ländern bestückte der Chronist einer verschwundenen Kunstform mit seinen Bildern: in Universitäten, Goethe-Instituten, in Rathäusern, privaten Galerien, dem Pariser Bahnhof "Gare de l’Est", dem Bahnhof in Chartres und zuletzt im Trainingszentrum des Sportclubs von Lille. "Das ist ein Thema, das die Leute unheimlich umtreibt", beobachtet Kuzdas in Salvador de Bahia und Stockholm ebenso wie in Madrid und Montreal. "Daraus entwickelt sich Geschichtsinteresse; die Leute fragen nach dem Warum und Wieso", erzählt Kuzdas und spricht von "bester Didaktik mit großer Durchschlagskraft".

1990 hat er eine Auswahl seiner fotografischen Beutezüge in einem Buch versammelt. Davon gibt es inzwischen die zwölfte Auflage, 100.000 Exemplare sind gedruckt. Dass die Mauer sehr rasch beseitigt wurde, hält Kuzdas für einen Fehler: "An manchen Stellen hätte man sie stehen lassen können, ohne dass die Entwicklung gestört wäre, etwa bei der Bethanienkirche in Kreuzberg."

Die Fotografien waren Kuzdas nicht genug. Im Hinterland bei Johannisthal hat er Mauer-Reste gesichert, ließ die Betonelemente in handlichere Stücke zersägen, um sie quasi als Leinwand für eine "Art liberté" benutzen zu können - 1,25 mal 1,00 Meter, 300 Kilo schwer. 40 Künstler aus mehreren Ländern beteiligten sich an dieser Aktion "Kunst für ein Europa im Aufbruch". Und noch mehr Farbe auf Stein treibt den Berlin-Schwaben um. "Mural Art" hat er in Berlin und den Partnerstädten Los Angeles und Mexiko City an den Fassaden abgelichtet. Das Ergebnis hielt er als Buch und Ausstellung fest.

Nun feilt Heinz J. Kuzdas an einem Projekt, das ihn zurück nach Heilbronn bringen würde. Zur Bundesgartenschau 2019 könnte der 140 Meter hohe Kühlturm des Kohlekraftwerks ein bunter Blickfang werden. "Die Entwürfe liegen vor", sagt er, "Landschaft mit Weinbergen, dazu Persönlichkeiten wie Heuss, Schiller, Mörike, Kerner, Käthchen - alles mit 3-D-Wirkung." Die Vorlage lieferte das Titelbild des Katalogs einer Ausstellung 1981 im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar. In zwei bis drei Monaten könnten schwindelfreie Künstler den Koloss mit Kuzdas‘ "historischem Gesellschafts-Schachspiel" bemalen, "das ist überhaupt kein Problem".

Ob die Vision Wirklichkeit wird, vermag Kuzdas nicht abzuschätzen. Bedenkenträger haben ihm wohl signalisiert, sie befürchteten eine zu starke Ablenkung der Autofahrer.

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