Gegenseitige Schuldvorwürfe in der Stuttgarter Bildungsdebatte
In der Bildungsdebatte des Landtags wurde hart gerungen

Kultusministerin Susanne Eisenmann. (CDU). Foto: dpa
Von Andreas Böhme, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Die alte Koalition aus CDU und FDP gibt Grün-Rot die Schuld am schlechten Abschneiden in der jüngsten Bildungsstudie. Gemeinsam fordern die beiden Ex-Koalitionäre SPD und Grüne deshalb eine Untersuchungskommission, die nach den wahren Gründen forscht - und Grün-Schwarz belastet.
Eine "Erosion der Bildungskultur" nennt es CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart. In der Tat war das Ergebnis der jüngsten Schulstudie vorhersehbar, schon ältere Studien zeigten eine nach unten weisende Tendenz. "Auch frühere Regierungen haben Kompromisse zu Lasten der Qualität gemacht", räumt er kurz ein, um hernach Grün-Rot die Schuld zu geben. Nicht Vernunft, sondern Ideologie habe das Schulministerium unter der SPD getrieben, nun halte man das "Zeugnis einer falschen Politik" in der Hand. Der Ländervergleich sei "Bestandsaufnahme nach fünf Jahren grün-rote Bildungspolitik." Zwischenrufe, die ihn darauf hinweisen, dass die im vergangenen Jahr getesteten Neuntklässler nur vier Jahre unter Grün-Rot, aber fünf unter Schwarz-Gelb zur Schule gingen, lässt Reinhart nicht gelten. "Ab jetzt zählen wieder Leistung, Qualität und Erfolg", sagt er, jetzt brauche es Taten, aber keine Debattenzirkel.
Das ist die Absage an eine Enquête-Kommission, wie sie beispielsweise die SPD zur tiefergehenden Analyse wünscht. Auch die Grünen haben gestern erklärt, eine wissenschaftlich begleitete Enquête biete die Chance, aus einer gesellschaftlich übergreifenden Perspektive zu beleuchten, warum Baden-Württemberg ins Mittelmaß abstürzte und welche Gesamtstrategie es wieder herausführt.
Die FDP arbeitet sich derweil ebenfalls an den Sozialdemokraten ab: Die hätten das bewährte, differenzierte und durchlässige Schulsystem ohne Not geschleift und dem Leistungsprinzip den Kampf angesagt, so Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Die Gemeinschaftsschule habe anderen Schultypen Ressourcen weggenommen und sie damit unattraktiv gemacht. "Die giftige Saat geht jetzt auf", ätzt Rülke und fordert eine "Rückkehr zum Leistungsprinzip" - das, kontern die Sozialdemokraten, ja nun niemals abgeschafft worden ist.
"Solche Diskussionen sind nicht erfolgreich", erkennt Grünen-Chef Andreas Schwarz, "es ist nicht der richtige Zeitpunkt für gegenseitige Schuldzuweisungen." Aber auch seine Rede zeigt in die Vergangenheit, listet auf, was die Vorgängerregierung alles getan habe; nicht zuletzt in der Grundschule, denn gute Bildung wachse von unten.
"Ein bisschen Demut" bei Schwarz-Gelb fordert denn auch Stefan Fulst-Blei, der bildungspolitische Sprecher der SPD. Analyse sei gefragt, "nicht Aktionismus." Und im Übrigen sei die Studie geradezu ein Beleg dafür, dass die Reformen in der vergangenen Legislaturperiode zu Recht angegangen wurden. Sein Ruf nach mehr Lehrerstellen verhallt dann aber ebenso wie der der FDP nach kleineren Klassen. Denn "viel hilft nicht viel", erklärt Schulministerin Susanne Eisenmann. Schon jetzt verfügt das Land über eine äußerst günstige Schüler-Lehrer-Relation, "unsere Quoten sind dazu zu gut." Viel eher müsse jetzt zunächst Ruhe ins Schulsystem kommen.



