Der neue Heilbronner Stadtteil steht: Auf dem Papier
Neckarbogen: Jury lobt die Einmaligkeit, Architekten kritisieren das Bewertungs- und Auswahlverfahren

Einer der herausragenden Entwürfe für den Neckarbogen vom Büro Mattes/Riglewski aus Heilbronn mit dem Titel "Grüne Ecke".
Neckarbogen: Jury lobt die Einmaligkeit, Architekten kritisieren das Bewertungs- und Auswahlverfahren
Von Brigitte Fritz-Kador
Die Ausstellung aller im Auswahlverfahren für den neuen Stadtteil Neckarbogen eingereichten Entwürfe und die Sieger daraus zog 3000 Heilbronner an. Dass sich so viele hier eine konkrete Vorstellung abholten, das zeigt: Die Heilbronner sind mit nachhaltigem Engagement an den Entwicklungen ihrer Stadt interessiert - und durch institutionalisierte Bürgerbeteiligung dafür sozialisiert. Was sie zu sehen bekamen, fand (laut Gästebuch) große Zustimmung, nur wenige Einträge lauten so wie dieser "Chance vertan!" Selbst Architekten, deren Entwürfe nicht zum Zuge kamen, hätten die ausgewählten Projekte gelobt, hieß es bei Buga GmbH, die ja auch das Neckarbogen-Projekt betreut.
Jetzt müssen die ausgewählten Entwürfe in Phase zwei den Realitätscheck erfüllen, manche noch nachgebessert oder den Grundvoraussetzungen aus dem Gestaltungshandbuches angepasst werden - sonst droht Strafe. Die Grundstücke sind bisher nur an Hand gegeben, werden erst verkauft, wenn die Erfüllung aller Parameter sichergestellt ist. Sollte das wegen des Zeitdrucks nicht möglich sein - der erste Bauabschnitt muss wegen der Buga schon 2018 fertig sein - bleiben die Grundstücke unbebaut.
Hintergrund
Insgesamt werden 40 000 Quadratmeter Wohnfläche auf einer relativ kleinen Teilfläche des neuen Stadtteils geschaffen, Nach Ansicht der Bewertungskommission verträgt das Areal diese Dichte. Im Dezember beginnen die Verkaufsverhandlungen, im Juli 2016 soll Baubeginn sein und
Insgesamt werden 40 000 Quadratmeter Wohnfläche auf einer relativ kleinen Teilfläche des neuen Stadtteils geschaffen, Nach Ansicht der Bewertungskommission verträgt das Areal diese Dichte. Im Dezember beginnen die Verkaufsverhandlungen, im Juli 2016 soll Baubeginn sein und 2018 sollen die Wohnungen bezogen sein.
Stadtverwaltung, Gemeinderat und Buga GmbH scheuen sich nicht zu zeigen, wo und wie hoch hier der Hammer hängt. So hat z.B. der ausgewählte Entwurf von Wittfoth-Architekten (Investor ist Wüstenrot) noch vier weitere auf die vorgeschlagenen sechs Stockwerke verordnet bekommen - kein einfaches Unterfangen bei einem Holzbau. Dass die Würfel gefallen sind, kann man auch wörtlich nehmen. Der quadratische Kubus ist das beherrschende Gestaltungselement. Entsprechend winkelig sind die Innenhöfe und Quartiere, da hat man die Kurve nicht gekriegt. Es wird spannend werden, ob aus den Einzelprojekten ein Ensemble werden wird. Wissend was auf dem Spiel steht, haben die Investoren durchweg renommierte Architekturbüros beschäftigt, darunter auffallend viele aus Stuttgart. Den Unmut unter der Heilbronner Architektenschaft hatte zuvor ausgelöst, dass sie sich nur mit einem Entwurf, Investoren aber beliebig oft an dem Verfahren beteiligen konnten, eine Vorgabe, die dann leicht dann aufgeweicht wurde.
Buga-Geschäftsführer Hanspeter Faas thematisiert schon lange nicht mehr die einst auch von der Verwaltung und dem Gemeinderat gehätschelten Visionen von wirklich zukunftsweisenden Formen des Bauens und Wohnens. Was im Neckarbogen umgesetzt werden wird, das zeigte sich, entspricht dem Zeitgeist, ist andernorts bereits Standard oder bestenfalls ein halber Schritt gewagt in die Zukunft des Bauens.
Höchstens zwei oder drei der Bauvorhaben, darunter das Haus einer Baugruppe, versprechen, Stand heute, ein architektonisches Aha-Erlebnis. Dazu zählt das Gemeinschaftsprojekt dreier Kirchen, ein Ökumenisches Begegnungszentrum mit einem Raum der Stille und dem Angebot verschiedener Inklusionswohnformen, u.a. für Studenten - das einzige Projekt, für das es einen Wettbewerb gab.
Etliche Heilbronner Architekten beklagen auch, äußern sich aus Angst ums Geschäft aber nicht öffentlich, dass es keinen Wettbewerb sondern eben nur ein Auswahlverfahren gegeben hat. Das sieht man bei der Buga, der Stadt und im Gemeinderat anders. Hier wollte man von Anfang an die entscheidende gestalterische Kraft sein und wählte deshalb das auf Investoren ausgerichtete Vorgehen. Nun hat man Investorenarchitektur bekommen. Die finanzielle Größenordnung des hier privat eingesetzten Kapitals ist beeindruckend: 100 Millionen Euro. Nicht alle Heilbronner finden es gut, dass der sowieso schon größte Heilbronner Bauinvestor gleich mit mehreren Projekten zum Zuge kam. Das Bewertungsgremium verweist auf die bei ihm umfassend ausgelegten Öko-Standards. die u.a,. zusammen mit dem Stuttgarter Fraunhoferinstitut erarbeitet wurden.



