Der Islamunterricht an Baden-Württembergs Gymnasium kommt

Das Land baut das bisherige Angebot aus: 80 neue Standorte übernehmen den Unterricht in den nächsten vier Jahren - Ein Schwerpunkt liegt im Gebiet Mannheim/Heilbronn

20.05.2014 UPDATE: 20.05.2014 06:00 Uhr 1 Minute, 42 Sekunden
In Nordrhein-Westfalen (Foto: dpa) ist Islam-Unterricht schon ordentliches Schulfach. Eingeführt wird es aber nur schrittweise - Lehrer fehlen.
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Den Modellversuch "Islamischer Religionsunterricht" an öffentlichen Schulen wertet Kultusminister Andreas Stoch (SPD) als "Erfolgsgeschichte". Die Ergebnisse der Evaluation, so sein Befund, seien "in jedem Schuljahr positiv ausgefallen" - deshalb soll das Angebot jetzt ausgeweitet werden.

Begonnen hatte der von Stochs Vor-Vorgänger Helmut Rau (CDU) initiierte Versuch im Schuljahr 2006/07 an zehn Grundschulen. Im Sommer 2010 folgte die Ausweitung auf 24 Grundschulen und auf sechs Haupt- und eine Realschule. Derzeit werden rund 2000 Schüler in islamischer Religionslehre sunnitischer Prägung unterrichtet. Über 80 Prozent der in Baden-Württemberg lebenden Muslime sind Sunniten. Das Potenzial ist bei landesweit rund 90.000 Kindern und Jugendlichen muslimischen Glauben indes weit größer und die Nachfrage immens.

So nimmt Stoch nun die nächste Ausbaustufe in Angriff: Neben zusätzlichen Standorten will er erstmals auch Gymnasien in den Modellversuch einbeziehen. Ein entsprechendes Konzept stellt der SPD-Politiker heute dem Ministerrat vor. Die Zustimmung zu der Kabinettsvorlage, die dieser Zeitung vorliegt, gilt als sicher.

Konkret will das Land den Modellversuch zunächst um vier Schuljahre verlängern und in dieser Zeit kräftig ausbauen. "Ziel ist es, pro Jahr bis zu 20 neue Standorte in das Modellprojekt aufzunehmen", heißt es. Bis 2017/18 könnte das Angebot damit auf bis zu 110 Schulen ausgeweitet werden. Fokus der Ausweitung sollen die Gebiete Stuttgart/Ludwigsburg, Mannheim/Heilbronn und Freiburg/Offenburg sein. Die notwendigen Zusatzdeputate muss der Kultusminister an anderer Stelle in seinem Etat einsparen.

Zum Schuljahr 2015/16 sollen erstmals auch Gymnasien Religionsunterricht sunnitischer Prägung anbieten. Dafür hat Stoch zunächst drei Standorte vorgesehen. Darunter soll auf jeden Fall ein Gymnasium im Großraum Tübingen sein, um Pädagogen im Land halten zu können, die an der Universität Tübingen den noch neuen Studiengang "Islamische Religionslehre" belegen. Bisher, warnt Stoch, würden bundesweit nur wenige Hochschulen in diesem Fach Gymnasiallehrkräfte ausbilden. Die Gefahr der Abwerbung sei daher groß - zumal in anderen Ländern wie Nordrhein-Westfalen "großer Einstellungsbedarf" bestehe.

Nordrhein-Westfalen hat - wie inzwischen auch Hessen und Niedersachsen - als erstes Bundesland islamischen Religionsunterricht als ordentliches Schulfach eingeführt - aber nur schrittweise, Lehrkräfte fehlen. In Baden-Württemberg bezeichnet Stoch die Lehrergewinnung ebenfalls als "problematisch". Die Lage dürfte sich auch in den kommenden Jahren "schwierig gestalten", die Umsetzung der eigenen Ausbaupläne hänge damit auch von der Bewerbersituation ab, warnt er.

Die an den Pädagogischen Hochschulen Karlsruhe, Ludwigsburg, Weingarten und Freiburg für das Lehramt an Werkreal-, Haupt- und Realschulen eingerichteten Erweiterungsstudiengänge "Islamische Theologie/Religionspädagogik" zählen im Wintersemester 2013/14 insgesamt 102 Studierende.

Ein weiteres Problem ist aus Sicht des Landes das Fehlen eines "legitimierten Ansprechpartners in Form einer Religionsgemeinschaft" auf islamisch-sunnitischer Seite, mit der das Land zentral über Unterrichtsinhalte verhandeln könnte. Derzeit liegen Stoch drei Anträge islamischer Verbände auf Erteilung eines bekenntnisorientierten Unterrichts vor, die das Ministerium prüfen lässt.

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