Atommüll-Endlager könnte auch im Südwesten stehen

Experten halten Gebiete bei Heilbronn oder im Schwarzwald denkbar - Das Auswahlverfahren soll im Herbst beginnen

03.08.2016 UPDATE: 04.08.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 38 Sekunden

Warten auf die Endlagerung: Castor-Behälter in Neckarwestheim. Foto: Sebastian Kahnert

Von Susanne Kupke

Karlsruhe. Salz, Ton oder Granit - in welchen Gesteinsschichten bleibt hochradioaktiver Atommüll eine Million Jahre am sichersten verschlossen? Die bundesweite Endlager-Kommission hat sich bewusst nicht festgelegt. Geprüft wird überall. Auch in Baden-Württemberg gibt es Gegenden mit dem gefragten Untergrund: Granit im Schwarzwald und Odenwald, Salzvorkommen bei Heilbronn sowie Ton auf der Schwäbischen Alb um Ulm und in Oberschwaben.

Nach dem Jahrzehnte währenden Kampf um das ursprünglich von der Atomindustrie geplante Endlager im Salzstock Gorleben sind alle Seiten vorsichtig geworden. "Das Ergebnis ist offen", betont der Endlager-Experte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Armin Grunwald. Der Physiker war Mitglied der 33-köpfigen Endlager-Kommission, die die Weichen für die Lösung eines der größten gesellschaftlichen Konflikte in Deutschland stellen sollte.

Für Baden-Württemberg hatten Geologen in der Vergangenheit vor allem Tongesteine im Blick. Voraussetzung für den neuen Anlauf der nationalen Endlager-Suche war aber die "weiße Landkarte", unterstreicht man im baden-württembergischen Umweltministerium. Bei Fragen nach möglichen Standorten im Südwesten hält man sich deshalb bedeckt. Doch es gibt Ausschlusskriterien.

Dazu zählt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover erdbebengefährdete Gebiete wie den Oberrheingraben, die Schwäbische Alb oder die Niederrheinische Bucht. Zudem scheiden Regionen mit starken vertikalen Erdhebungen aus, wie sie in den Alpen vorkommen.

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Ein "K.-o.-Kriterium" ist auch Vulkanismus, wie er in der Eifel vor mehreren zehntausend Jahren vorkam. Das ist zwar schon eine Weile her, doch angesichts einer angestrebten sicheren Verwahrung des Atommülls von einer Million Jahren, in der "acht Eiszeiten über uns hinweggehen", müsse man auch das berücksichtigen, sagt Volkmar Bräuer, Leiter der BGR-Abteilung Unterirdischer Speicher und Wirtschaftsraum.

Dass sowohl Bayern als auch Sachsen gegen den fast 700-seitigen Bericht der Endlager-Kommission gleich Vorbehalte angemeldet haben, erbost das grün geführte Südwest-Umweltministerium und wundert Grunwald: "Die Endlagerung ist eine nationale Aufgabe." Notfalls, sagt der Physiker, der zugleich Leiter des Bundestagsbüros für Technikfolgen-Abschätzung ist, sollte der Grundsatz gelten: "Bundesinteresse vor Landesinteresse."

Im Herbst, schätzt Grunwald, werde der Bundestag die Suchkriterien und das Verfahren gesetzlich festlegen. Dann sollen ganz schnell mögliche Standorte erkundet werden. "Schwere Fehler" wie bei der Erkundung des Salzstocks in Gorleben sollen sich nicht wiederholen: "Die Leute wurden nicht mitgenommen", kritisiert Grunwald. Die Menschen müssten jedoch "verstehen können, warum der dann gewählte Standort ein guter ist".

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erwartet, dass das Endlager 2050 in Betrieb genommen werden kann. "Das ist sehr optimistisch gedacht. Da darf nichts schiefgehen", meint KIT-Experte Grunwald. Für die Zwischenlager der Kernkraftwerke in Philippsburg und Neckarwestheim muss jedoch ohnehin schon vorher eine Übergangslösung gefunden werden.

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