Lehrer in Baden-Württemberg

Kampf um die besten Köpfe

Als Arbeitgeber hat das Land zwar gute Argumente, aber auch Probleme – Pensionierungswelle bereitet Sorgen

04.12.2017 UPDATE: 05.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Symbolfoto: dpa

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Ausgerechnet den für die Bürger vielleicht sensibelsten Bereich trifft es am härtesten. "Aufgrund der Altersstruktur gehen derzeit tausende Lehrer in Pension. Für diese Lehrer brauchen wir Ersatz. Doch wir stehen vor dem Problem, dass vor einigen Jahren ganz offensichtlich versäumt wurde, vorausschauend zu planen und entsprechend Ausbildungskapazitäten zu erhöhen", klagt Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Das sei ein Grund dafür, warum im Moment "der Lehrerarbeitsmarkt so leergefegt ist" und das Land schauen müsse, "wie wir die Lücken an den Schulen ersatzweise schließen können".

Nicht nur an den Schulen mit ihren über 100.000 Pädagogen hat das Land als Arbeitgeber Probleme. Die sind teils hausgemacht, teils überschneiden sich nachteilige Entwicklungen: Starke Jahrgänge kommen ins Pensionsalter, während die Wirtschaft beim zahlenmäßig rückläufigen Nachwuchs besser punkten kann als zu Zeiten mit hoher Arbeitslosigkeit. Und das alles vor dem Hintergrund einer Sehnsucht nach mehr Staat, die sich in einem Plus an Stellen niederschlägt, für die es nicht überall genügend geeignete Bewerber gibt.

Dass die Zahl der Pensionierungen derzeit besonders hoch ist, liegt daran, dass in den 1970er Jahren aufgrund des Ausbaus der weiterführenden Schulen einerseits und eines starken Sicherheitsbedürfnisses infolge des RAF-Terrors in Baden-Württemberg andererseits besonders viele Lehrer und Polizisten eingestellt worden sind. Diese starken Jahrgänge sind im oder kommen nun ins Pensionsalter. So rechnet das Kultusministerium noch für die nächsten drei bis vier Jahre mit einer "hohen Pensionierungswelle", bevor sich die Lage etwas entspannt.

An den Schulen im Land waren von den insgesamt 5100 Stellen, die zum Schuljahr 2017/18 neu besetzt wurden, über 4300 Stellen Ersatzbedarf für Pensionierungen. Gleichzeitig gibt es Zusatzbedarfe aufgrund wieder steigender Schülerzahlen und Aufgaben wie der Inklusion.

Eisenmann hat auf die aktuelle Not mit Sofortmaßnahmen reagiert, die neben dem Einsatz pensionierter Kräfte auch Versetzungen von Lehrern in weniger gefragte Gebiete umfasst. Populär ist so etwas nicht. Wo es geht, versucht der Staat daher, seine Vorteile herauszustreichen - und auszuweiten.

"Die Landesregierung möchte den öffentlichen Dienst attraktiv und zukunftsfähig halten", verspricht Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). So versuche das Land als Arbeitgeber, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf "stetig zu verbessern". Die Gründe liegen auf der Hand. "Der Kampf um die besten Köpfe zwischen dem Arbeitgeber Land und der Privatwirtschaft ist in vollem Gange. Um hier zu bestehen, müssen und werden wir die Attraktivität des öffentlichen Dienstes stärken", sagt der CDU-Finanzexperte Tobias Wald, der auch eine Arbeitsgruppe "öffentlicher Dienst" leitet. Ohne Scheuklappen würden "harte und weiche Maßnahmen" diskutiert, mit denen der Staat punkten kann.

Schon heute hat das Land einiges zu bieten. Sitzmanns Haus hat etwa für die Steuerverwaltung eine Kampagne in Auftrag gegeben, bei der das Land bewusst die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den Fokus rückt. Dazu komme die Sicherheit des Beamtenverhältnisses und eine Entlohnung, die - übers Berufsleben und den Ruhestand gerechnet - in vielen Bereichen durchaus konkurrenzfähig sei, werben die Ministerien.

So zahlt das Land ab Januar 2018 wieder die volle Eingangsbesoldung, die zwischenzeitlich stark abgesenkt worden war. Mit dem "Baden-Württemberg-Bonus" von 0,325 Prozent zusätzlich zur Besoldungserhöhung zahle man zudem eine in dieser Höhe bundesweit einmalige Zusatzleistung, sagt Sitzmann. Die Landespolitik hat ihren Beamten in den letzten Jahren aber auch einige Abstriche zugemutet.

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