Krippenfiguren vom Ort des Geburtswunders
Samer Musleh verkauft Kunsthandwerk aus Bethlehem

Der christliche Palästinenser Samer Musleh verkauft auf dem Heilbronner Weihnachtsmarkt Kunsthandwerk aus Bethlehem. Das Sortiment umfasst mehr als 300 Objekte.
Von Hans Georg Frank
Heilbronn. Jesus aus Olivenholz konkurriert mit Glühwein und Glaskugeln. Die Heilige Familie muss sich zwischen Stollen und Hüten behaupten, zwischen Zierrat aus dem Erzgebirge und Würsten aus Ungarn. Samer Musleh hat auf dem Heilbronner Weihnachtsmarkt bis 22. Dezember einen der 75 Stände üppig bestückt mit Kunsthandwerk aus Bethlehem.
Der 34-jährige Palästinenser ist Abgesandter der christlichen Genossenschaft "Holy Land Handicraft Cooperative Society". Diese hat ihren Standort in Beit Sahour, "bei den Hirtenfeldern", erklärt Musleh, "das ist ein sehr wichtiger Platz." Dieses Terrain ist bibelfesten Menschen ein Begriff. Dort, berichtet Evangelist Lukas, lagerten die Schäfer nachts bei der Herde, als der "Engel des Herrn" ihnen als allererste die Frohe Botschaft verkündete: "Euch ist heute der Heiland geboren." Dass sich dies in seiner Heimat zugetragen hat, daran gibt es für Samer Musleh keinen Zweifel: "Natürlich stimmt das, ich bin doch Christ!"
Seit der Stern über Bethlehem strahlte, hat sich ein florierendes Devotionaliengewerbe entwickelt. Mönche sollen den Einheimischen gezeigt haben, wie sich mit einem scharfen Messer ein Stück Holz in ein anschauliches und schmückendes Zeugnis der Geburtsstätte samt aller menschlichen und tierischen Hauptdarsteller verwandeln lässt. Auf dieses Geschäftsmodell baut auch die Genossenschaft "Heiliges Land". Sie besteht seit 1981 und zählt 36 Familien als Mitglieder. In ihren Werkstätten beschäftigen sie etwa 300 fingerfertige Kunsthandwerker im Alter von 16 bis 80 Jahren. Das Sortiment umfasst mehr als 300 Objekte. Nach Heilbronn ist der Verkäufer mit einer Auswahl von 115 Bethlehemer Schnitzereien in vielen Größen und Variationen gereist. "Diese Besonderheit gibt es nur auf ganz wenigen Weihnachtsmärkten in Deutschland", freut sich Steffen Schoch vom Veranstalter Heilbronn-Marketing über die Bereicherung. Viele Besucher kämen eigens wegen dieses Standes mit seinen handgefertigten Krippenfiguren.
Die kleine Bude ist vollgepackt mit Kreuzen in unterschiedlichen Formen und Formaten, mal mit dem Gekreuzigten, mal mit dem Vaterunser, mal ganz schmucklos. In einem Körbchen liegen handschmeichelnde Herzen, ganz oben thront die Gesellschaft des letzten Abendmahls. Die Heilige Familie zieht auf dem Esel von dannen, daneben warten betende Hände und Engel auf Käufer.
Auch interessant
Neuerdings gehören auch höhlenartige Behausungen für Maria, Josef und Baby zum dekorativen Angebot. Eine winzige Weihnachtsszene für den Tannenbaum gibt es schon für zwei Euro, für die etwa 50 Zentimeter große Maria mit Kind müssen 340 Euro investiert werden.
Im Vordergrund des Standes neben der Kilianskirche ist eine biblische Menagerie aufmarschiert: Kamele, Elefanten, Schafe, Kühe. Tiere, sagt Musleh, seien seine Spezialität. "An einem Elefanten aus Olivenholz schnitze ich ungefähr zwei Stunden lang, alles aus einem Stück, nichts zusammengeklebt." Sein Vater Victor habe ihm diese Kunst beigebracht, sagt er stolz.
Die Genossenschaft "Holy Land" vollbringt mit den Gewinnen aus dem Verkauf gute Werke. "Wir unterstützen Krankenhäuser, alte Leute, arme Familien, Studenten", zählt der Palästinenser auf. Er ist zum vierten Mal in Heilbronn. Ursprünglich wollten die Genossen aus Palästina auf einen großen Markt in Deutschland. "Nürnberg, München, Stuttgart", zählt er auf, "aber das war für uns alles viel zu teuer." Heilbronn hätten sie zufällig im Internet gefunden: "Hier ist es gut."
Bis zum nächsten Weihnachtsmarkt möchte Samer Musleh seine Deutschkenntnisse optimieren, damit er die Kundschaft noch besser bedienen kann. Ein Wort kommt ihm akzentfrei über die Lippen: "Glühwein."



