Landesregierung will Ethikunterricht bereits ab Klasse 5 anbieten
Ersatz für Religionsunterricht ausbauen - Gewerkschaften fordern, auch Grundschulen zu bedenken

Symbolfoto: dpa-Archiv
Von Julia Giertz und Daniel Bräuer
Stuttgart. Was ist gut, was ist böse? Fragen wie diese sollen künftig mehr Schüler im Ethikunterricht diskutieren können. "Gemeinsam über unsere Normen und Werte zu sprechen, ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag. Mehr als jeder zweite Werkreal- und Hauptschüler verzichtet auf Religionsunterricht, knapp jeder vierte Gymnasiast. Auch sie müssten eine Alternative erhalten, so Kretsch-mann. Er war selbst früher Ethiklehrer - "mit viel Freude", wie er sagt. Es sei sehr wichtig, dass Schüler Grundkenntnisse aller Weltreligionen bekämen.
Hintergrund
Hintergrund Fehlende Islam-Lehrer
Rund 6000 Schüler an 93 Südwest-Schulen erhalten sunnitischen Islamunterricht. 50 weitere Schulen würden dies gerne anbieten, können aber wegen Lehrermangels nicht, so Kultusministerin Ei-senmann. Ministerpräsident
Hintergrund Fehlende Islam-Lehrer
Rund 6000 Schüler an 93 Südwest-Schulen erhalten sunnitischen Islamunterricht. 50 weitere Schulen würden dies gerne anbieten, können aber wegen Lehrermangels nicht, so Kultusministerin Ei-senmann. Ministerpräsident Kretsch-mann will den Modellversuch verlängern und Übergangsregelungen schaf-fen, um ihn dann zum Regelangebot zu machen. Ein Problem sei das Fehlen einer islamischen Religionsgemeinschaft als Ansprechpartner. lsw
Bisher wird Ethik als Ersatzfach an den Gymnasien ab Klasse 7, an allen anderen weiterführenden Schulen ab Klasse 8 angeboten. Ab dem Schuljahr 2019/20 soll dies überall in Klasse 7 beginnen. In den beiden Folgejahren soll der Unterricht in Klasse 6 beziehungsweise in Klasse 5 starten. Die Kosten des Ausbaus liegen bei 21 Millionen Euro pro Jahr.
Neben den beiden großen christlichen Konfessionen gibt es an manchen Schulen unter anderem auch jüdischen, orthodoxen oder islamischen Religionsunterricht. Schüler, deren Glaube nicht angeboten wird oder die keiner Religion angehören, sind nicht zur Teilnahme verpflichtet. Was sie währenddessen machen, das sei Sache der einzelnen Schule, erklärte am Dienstag eine Sprecherin des Kultusministeriums. Wenn Religion in der ersten oder letzten Stunde liegt, könnten sie später zur Schule kommen oder früher nach Hause. Sie können sich auch freiwillig mit in die Klasse setzen oder anderweitig betreut werden. Die Frage, ob schon Unterstüfler Freistunden haben sollten, erübrige sich künftig.
Der Verband Bildung und Erziehung kritisiert, dass mit dem Ausbau nicht an Grundschulen begonnen werde. "Denn dort brennt es eigentlich, weil die Aufsichtsproblematik hier die größte Rolle spielt", sagt Landeschef Gerhard Brand. Er forderte - ebenso wie die Landtags-SPD und die GEW - die schnelle Einführung von Ethikunterricht ab Klasse 1.
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Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will dies in einem weiteren Schritt in den Blick nehmen. Dafür erarbeite das Landesinstitut für Schulentwicklung jetzt die Bildungspläne, Startschuss könnte dann 2022/23 sein.
Die FDP warf den beiden grünen-geführten Landesregierungen vor, das Vorhaben verschleppt zu haben.
Die Evangelische Landeskirche Württemberg hält den geplanten Ausbau für sinnvoll. "Für die demokratisch-plurale Gesellschaft ist der Ethikunterricht notwendig", betonte Kirchenrat Dan Peter. Der Evangelisch-Unterricht werde bislang sehr gut angenommen, sagte Peter. "Die Einführung eines flächendeckenden Ethikunterrichts kann, muss aber daran zwangsläufig nichts ändern."
An weiterführenden Schulen lehren mehr als 1000 Lehrer das Fach Ethik. Diese werden für den ersten Schritt ihren Fokus stärker auf dieses Fach legen. Überdies wird das Land zusätzliche Lehrkräfte für Ethik einstellen, allein für die erste Stufe 71.



