Bessere Erholungschancen

Heilbronn wird die Krise wohl gut verkraften

Ein Beratungsunternehmen hat die Startbedingungen von 52 Großstädten in die Nach-Corona-Zeit analysiert.

29.01.2021 UPDATE: 30.01.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden
Heilbronn wird wohl besser als andere Großstädte durch die Krise kommen, doch in der Innenstadt mehren sich die Leerstände. Foto: Guzy

Von Armin Guzy

Heilbronn. Heilbronn hat Konzerne und mittelständische Unternehmen, die Kaufkraft ist ordentlich, die Arbeitslosenquote gering und die Lebensqualität gut. Damit wird die Stadt am Neckar zu denjenigen deutschen Großstädten gezählt, die sich nach der Corona-Krise voraussichtlich besser erholen werden als andere Städte vergleichbarer Größe. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Beratungsunternehmens FTI-Andersch, das 52 deutsche Metropolen auf Basis von 19 Faktoren miteinander verglichen hat.

Das beste Ergebnis unter den Vergleichsstädten konnte dabei Bonn erzielen, aber auch Darmstadt, Ingolstadt und Ulm wird eine gute Bewältigung der Pandemie-Folgen zugetraut – ebenso wie Heilbronn und Karlsruhe. All diese Städte verbindet ihre Stabilität gegenüber externen Einflüssen und ein "starkes Umfeld".

Weniger günstig sind die Prognosen hingegen für Mannheim: Die ebenfalls am Neckar gelegene Großstadt wird es der Analyse zufolge schwer haben, nach der Krise wieder durchzustarten, und damit rechnen müssen, durch die Pandemie stärkere Schäden zu nehmen als Vergleichskommunen. Mannheim wird – wie auch Celle, Erfurt, Hildesheim, Leipzig, Lübeck und Trier – zur Schlussgruppe der 52 untersuchten Städte gezählt – zumindest, wenn man Stabilität und sozio-ökonomisches Umfeld ins Verhältnis setzt.

Ein weiteres, nicht eben unerwartetes Ergebnis der Analyse: Städte, die stark von Messen oder Tourismus abhängen, werden durch die Corona-Pandemie in ihrer Struktur deutlich stärker getroffen, als Städte, in denen leistungsfähige Wirtschaftsunternehmen angesiedelt sind. Dazu zählt Heilbronn zweifellos, und auch mit ihren Studenten kann die noch junge Universitätsstadt in der Auswertung punkten. Beim Faktor "digitaler Reifegrad" ist hingegen bekanntlich noch viel Luft nach oben.

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Zum sozio-ökonomischen Umfeld zählt das Beratungsunternehmen Faktoren wie beispielsweise Wirtschaftsleistung, Einwohnerwachstum, die Relevanz als Einzugsgebiet, Kaufkraft, Arbeitslosenquote und Lebensqualität, aber auch Kultur- und Freizeitangebot und Leerstandsquoten von Gewerbeimmobilien. Grundlage der Bewertungen waren laut FTI-Andersch Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen, aber auch selbst erhobene Daten. "Natürlich handelt es sich hier um Modellrechnungen, die nicht alle Unwägbarkeiten der nächsten Monate vorwegnehmen können", teilte Studienleiterin Dorothée Fritsch mit.

"Es ist jedoch absehbar, dass vor allem die Städte, die stark auf externe Impulse angewiesen sind und gleichzeitig ein eher schwaches wirtschaftliches Umfeld bieten, in den nächsten Monaten deutlich größere Herausforderungen bewältigen müssen." Insbesondere die verantwortlichen Gremien in den zur Schlussgruppe zählenden Städten sollten die jetzige Lage und akuten Herausforderungen nicht unterschätzen, sondern ihre Stadtentwicklung auf diese neuen Rahmenbedingungen konsequent ausrichten, rät Fritsch: "Die jetzige Phase sollte dafür genutzt werden, eine Strategie für die Post-Corona-Zeit zu entwickeln."

Diese Wende erwarten viele Experten zu Beginn der zweiten Jahreshälfte – allerdings nur, wenn die Corona-Schutzimpfungen bald Fahrt aufnehmen. Die von FTI-Andersch vorgeschlagenen möglichen Maßnahmen dürften aber nicht nur in der Schlussgruppe, sondern auch in Heilbronn beachtet werden. Das Beratungsunternehmen schlägt beispielsweise vor, schon direkt nach Beendigung des Lockdowns Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Händler ihre Verkaufsflächen nach draußen verlegen und ihre Öffnungszeiten deutlich flexibilisieren können. Außerdem empfiehlt FTI-Andersch eine temporäre Vereinfachung des Vergaberechts für eine schnellere Umsetzung öffentlicher Investitionsfördermaßnahmen. Auch die Förderung einer Digital-Infrastruktur für kleine und mittelständische Unternehmen ist ein Mittel der Wahl, und um die innerstädtischen Besucherfrequenzen nach der Pandemie wieder zu erhöhen, können zielgruppengerechte Aktivitäten und neue Veranstaltungsformate initiiert werden – beispielsweise Ausbildungsmessen, Produktshows oder Familienveranstaltungen.

Das Erlebnis des Stadtbesuchs hat sich in Heilbronn infolge der Bundesgartenschau bereits deutlich verbessert, die Innenstadt aber wird von vielen nach wie vor als "Sorgenkind" gesehen. Leerstände mehren sich, und kulturelle Anziehungspunkte sind, abgesehen vom Stadtmuseum im Deutschhof, kaum vorhanden. Wie vielerorts könnte auch in Heilbronn die Attraktivität verbessert werden, indem Sitzgelegenheiten, öffentliche Steckdosen und WLAN, mehr Toiletten, Pop-up-Radwege und weitere Verbesserungen der Aufenthaltsqualität geschaffen werden. Für leerstehende Immobilien schlägt das Beratungsunternehmen Zwischenvermietungen als "Mini-Logistik-Hubs" vor.

Auch wenn jede Stadt individuelle Herausforderungen hat und sich einige Themen überschneiden, empfiehlt Mike Zöller, Partner bei FTI-Andersch und Handelsexperte, die jeweilige Stadtentwicklung trotz der schwierigen Situation langfristig zu denken und Maßnahmen dennoch in realistischen Zeitdimensionen und angepasst an eine neue Realität zu planen.

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