Sonderpädagogen-Ausbildung wird ausgebaut
Die Kapazitäten an den Lehrer-Seminaren sollen um ein Viertel steigen – aber nur vorübergehend.

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Angesichts steigender Schülerzahlen und großen Lehrermangels im Bereich Sonderpädagogik will die Landesregierung von Baden-Württemberg vorübergehend mehr Sonderpädagogen ausbilden. Das Kabinett beschloss am Dienstag ein entsprechendes Konzept von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne).
Statt, wie bisher, pro Jahr 150 Fachlehrkräfte für Sonderpädagogik, sollen die Fachseminare in Reutlingen, Schwäbisch-Gmünd, Heilbronn, Karlsruhe und Freiburg ab 2023 fünf Jahre lang landesweit 200 ausbilden. Die Kosten beziffert Schopper laut der Kabinettsvorlage, die dieser Zeitung vorliegt, mit knapp 1,3 Millionen Euro, die sie an anderer Stelle in ihrem Etat einsparen will.
Im Bereich Sonderpädagogik unterrichten sowohl wissenschaftlich ausgebildete Lehrer als auch Fachlehrer. Während erstere in der Regel fünf Jahre an einer Pädagogischen Hochschule (PH) studieren und dann noch 18 Monate Referendariat absolvieren müssen, rekrutieren sich letztere meist aus dem Personal anderer pädagogischer Berufe. Erzieherinnen oder Heilerziehungspfleger, aber auch Physiotherapeuten und Meister können die dreijährige Ausbildung antreten.
Im Mai hatte das Kabinett beschlossen, künftig dauerhaft auch mehr wissenschaftliche Lehrer auszubilden. An der PH Freiburg soll der Studiengang Sonderpädagogik neu geschaffen werden, damit dort ab dem Wintersemester 2023/24 jährlich 175 Lehramtsstudenten anfangen können.
Der Lehrermangel im Bereich Sonderpädagogik ist landesweit besonders groß. Für die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) hat Schopper dieses Jahr deshalb sogar Reduzierungen des Unterrichtsangebots angekündigt, auch in inklusiven Bildungsangeboten anderer Schularten herrscht Personalnot. Auslöser sind eine missratene Lehrer-Bedarfsplanung der vergangenen zehn Jahre und deutlich steigende Schülerzahlen. Insbesondere für die Förderschwerpunkte "geistige Entwicklung" sowie "körperliche und motorische Entwicklung" sei die Nachfrage zuletzt stark gestiegen, schreibt Schopper. Und der Trend soll sich fortsetzen. 2021 besuchten landesweit 36.508 Schüler ein SBBZ, für 2030 prognostiziert das Statistische Landesamt 39.800.
Die Unterrichtsversorgung kann das Ministerium jetzt schon nicht mehr überall gewährleisten: "Als Folge der zunehmenden Schülerzahl und des Lehrkräftemangels ist das strukturelle Defizit von ursprünglich 300 Deputaten auf rund 740 Deputate angewachsen", heißt es.



