Eisenmann sieht Präsenzunterricht an Schulen als oberstes Ziel (Update)
Bildungsgewerkschaft fordert halbe Klassengröße als Stufe 7 - Kultusministerin ist dagegen

Stuttgart. (dpa-lsw) Das baden-württembergische Kultusministerium setzt trotz steigender Corona-Infektionszahlen auf den Präsenzunterricht. "Die Schulen sind nicht der Hort von denen das Infektionsgeschehen ausgeht", sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Donnerstag im Sozialausschuss des Stuttgarter Landtags. Man müsse den Kindern in der schwierigen Zeit eine gewisse Struktur und Zusammenarbeit mit den Lehrern ermöglichen. Aktuell seien 925 Klassen an 440 Standorten in Quarantäne. Insgesamt gebe es 67 500 Klassen im Südwesten.
Eisenmann sagte, Ziel sei es, flächendeckende Schulschließungen zu vermeiden. "Wir setzen auf Schulöffnung." Ein rollierendes System für den Unterricht oder die Rückkehr zum Fernunterricht lehnte die CDU-Politikerin erneut ab. Es gehe aber nicht alles, was zum Schulleben dazugehöre - wie ein Abschlussfest oder eine Abschlussfahrt.
Manche Corona-Regeln werden an Schulen im Südwesten ebenso wieder gelockert. Während der Pause auf dem Schulhof, also außerhalb des Schulgebäudes im Freien, darf die Maske wieder abgenommen werden, sofern der Abstand zu anderen Personen mindestens 1,5 Meter beträgt, wie Eisenmann am Donnerstag verkündete.
Damit reagiere man auf nachvollziehbare und berechtigte Rückmeldungen aus den Schulen und von den Eltern - die dauerhafte Maskenpflicht stelle eine besondere Belastung für die Schülerinnen und Schüler und auch für die Lehrkräfte dar. Auch in Zwischen- und Abschlussprüfungen kann auf die Maske verzichtet werden, sofern der Mindestabstand eingehalten wird.
Mit der Ausrufung der höchsten Pandemiestufe wurde auch die Nutzung der Schulen für nichtschulische Zwecke untersagt - dies wurde von verschiedenen Seiten als zu weitgehend empfunden, teilte das Ministerium mit. Zahlreiche Musikschulen und Volkshochschulen konnten faktisch keine schulischen Räume mehr nutzen. Außerschulische Partner seien aber häufig auf die schulischen Räume angewiesen, betonte Eisenmann. "Deshalb kehren wir nun wieder zur alten Regelung zurück und ermöglichen weiter die außerschulische Nutzung von Schulen unter strengen Hygieneauflagen", sagt die Ministerin.
Update: Donnerstag, 22. Oktober 2020, 15.02 Uhr
"Eisenmann will keinen "Schichtdienst" an den Schulen
Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Angesichts landesweit steigender Corona-Infektionszahlen nimmt die Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen der Landesregierung für Schulen zu. Die SPD-Landtagsfraktion kritisierte am Mittwoch, das Kultusministerium sei "nicht auf die zweite Corona-Welle vorbereitet". Wie bereits seit längerem der Landeselternbeirat und der Philologenverband, fordert nun auch die Gewerkschaft GEW, erneut zu einem rollierenden System für den Unterricht zurückzukehren, damit Schüler und Lehrer in den Klassenzimmern den Abstand zueinander einhalten können.
Seit Montag gilt landesweit eine Maskenpflicht auch im Unterricht, außer an Grundschulen. "Es kann nicht sein, dass die Maskenpflicht alles ist, was das Kultusministerium für den Schutz der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler bietet", sagte die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz. "Wir wollen, dass auch an den Schulen der Abstand eingehalten wird." Mindestens an weiterführenden Schulen müsse die grundsätzliche AHA-Regel (Abstand – Hygiene – Alltagsmaske) auch im Unterricht gelten."
Moritz forderte, dass von Klasse 7 an jeweils nur noch halbe Klassen vor Ort unterrichtet werden sollten. In täglichem oder wöchentlichem Wechsel solle dann die andere Hälfte zuhause lernen. Ab diesem Alter könnten Schüler auch unbetreut zuhause sein. "Die Berufstätigkeit von Eltern ist bei älteren Schülerinnen und Schülern nicht gefährdet", sagte sie. Wo digitale Ausstattung es ermögliche, könnten auch Fernlernangebote gemacht werden, sodass etwa die zuhause gebliebenen Schüler parallel in die Klassen zugeschaltet würden.
Moritz forderte: "Wir brauchen einen Plan B, um Schulschließungen zu vermeiden." Sie bezog sich auf vergangene Woche aktualisierte Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Präventionsmaßnahmen in Schulen. In diesem Papier wird Verantwortlichen unter anderem geraten, ab einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen auf ein rollierendes System umzuschalten, um die Abstände sicher zu stellen.
Eine Rückkehr zum rollierenden System steht laut Kultusministerium aber nicht im Raum. Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) erklärte: "Flächendeckende Schulschließungen oder ein Wechselbetrieb sind nicht mit Inzidenzwerten verbunden, weil wir diese unbedingt vermeiden wollen."
Stand Mittwoch waren landesweit an 440 Schulen 925 Klassen oder Gruppen vorsorglich aus dem Präsenzbetrieb herausgenommen und in Quarantäne. 13 Schulen waren ganz geschlossen. In Baden-Württemberg gibt es insgesamt ungefähr 67.500 Klassen an etwa 4500 Schulen.



