Dehoga kritisiert Corona-Beschlussvorlage (Update)
Die Maßnahme sei "nicht nachvollziehbar und nicht verhältnismäßig". Nun sollen Gerichte entscheiden.

Stuttgart. (dpa/lsw) Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Baden-Württemberg setzt sich gegen die vom Bund vorgeschlagenen drastischen Corona-Maßnahmen zur Wehr. Man betrachte die Vorschläge - die unter anderem eine befristete weitgehende Schließung der Gastronomie beinhalten - "sehr kritisch" und von der Verhältnismäßigkeit her äußerst fragwürdig, sagte ein Dehoga-Sprecher am Mittwoch in Stuttgart auf Anfrage. Er betonte, das Gastgewerbe sei nachweislich kein Pandemietreiber. Man behalte sich vor, sich gegen Beschlüsse dieser Tragweite juristisch zu wehren.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte an diesem Mittwoch mit den Ministerpräsidenten der Länder über weitere Schritte angesichts der bundesweit anschwellenden Corona-Infektionswelle entscheiden.
Geht es nach dem Bund, sollen vom 4. November an für zunächst vier Wochen drastische Kontaktbeschränkungen greifen. Die Gastronomie soll demnach bundesweit weitgehend dichtgemacht werden, wie aus einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes hervorgeht. Ausgenommen werden sollen die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause. Auch touristische Übernachtungsangebote im Inland sollen untersagt werden. Nach Ablauf von zwei Wochen sollen Kanzlerin und Länderchefs die erreichten Ziele den Plänen zufolge beurteilen und notwendige Anpassungen vornehmen.
Dehoga-Landeschef Fritz Engelhardt hatte bereits in einem am Dienstag veröffentlichten Video betont, man befürchte mit Blick auf das Gipfeltreffen "das Schlimmste". Keine andere Branche habe unter den bisherigen Corona-Maßnahmen so gelitten wie das Gastgewerbe, etliche Betriebe seien schon jetzt akut in ihrer Existenz gefährdet. Unverhältnismäßige Maßnahmen und Verbote werde man fortan nicht mehr akzeptieren, sondern sich mit allen rechtlichen Mitteln wehren.
Update: Mittwoch, 28. Oktober 2020, 10.54 Uhr
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Stuttgart. (dpa) Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Baden-Württemberg hält nichts von der neuen Sperrstunde für Gastronomiebetriebe. "Eine Sperrstunde ist nicht nachvollziehbar und nicht verhältnismäßig", sagte ein Dehoga-Sprecher am Freitag. Er geht davon aus, dass die Frage der Rechtmäßigkeit schon sehr bald durch Gerichte geklärt wird. Einzelne Betriebe würden bereits Eilklagen vorbereiten. "Das Land hat mit dem Beherbergungsverbot schon einmal Schiffbruch erlitten. Jetzt könnten Kommunen möglicherweise Ähnliches erleben."
Es sei nicht belegt, dass Gasthäuser Corona-Infektionsschwerpunkte seien. Die Dehoga warnte vor negativen Folgen der Sperrstunde, wenn Gäste nicht im geregelten Rahmen der Gastronomiebetriebe, sondern in Privaträumen zusammenkämen. Finanziell seien "ganz enorm" Bars und Szene-Lokale betroffen.
Nach einem Erlass der Landesregierung muss ein Landkreis bei mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen eine Sperrstunde ab 23 Uhr für die Gastronomie per Allgemeinverfügung verhängen. Angesichts steigender Zahlen von Corona-Neuinfektionen gab es in Stuttgart in der Nacht zum Freitag die erste Sperrstunde. Der Betrieb von Gaststätten war zwischen 23 und 6 Uhr untersagt.
Besondere Vorfälle notierte die Polizei zunächst nicht. Auch die Stadt Stuttgart konnte nach einer Nacht noch keine Bilanz ziehen. Ein Sprecher erläuterte aber den Sinn der Maßnahme. "Stuttgart gehört aktuell zu den Landkreisen mit der höchsten Inzidenz in Baden-Württemberg, die Infektionszahlen der letzten Tage haben wieder und wieder Rekord-Niveau erreicht."
Auch sei die Zahl der Kontaktpersonen doppelt so hoch wie zur Hochphase im Frühjahr; 60 Prozent der Ansteckungen seien nicht völlig nachvollziehbar. Klar sei aber, es geschähen mehr und mehr inländische Ansteckungen. Um Möglichkeiten der Übertragung zu reduzieren, habe die Stadt die Sperrstunde eingeführt sowie den Alkoholkonsum und den -verkauf beschränkt.



