Das sind die größten Probleme im Schulalltag
Hier putzt der Lehrer - Hygiene oft ein Problem - Zustimmung zu Schulöffnungen

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart und Nico Pointner
Stuttgart. Trotz verbreiteter Sorgen um die eigene Gesundheit trägt die Mehrheit der Lehrer im Land die Wiederöffnung der Schulen mit. Das legt eine Forsa-Umfrage für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) nahe.
Der Studie zufolge, die VBE-Landeschef Gerhard Brand am Donnerstag vorstellte, fanden 59 Prozent der Lehrkräfte die Öffnung der Grundschulen trotz Corona-Pandemie richtig. Für 39 Prozent dagegen kam der Schritt zu früh. Sie stimmten der Aussage zu, man hätte damit bis nach den Sommerferien warten sollen. Bei der für den Herbst geplanten vollständigen Öffnung der weiterführenden Schulen ergibt sich ein ähnliches Bild: 62 Prozent hielten das für richtig, 31 Prozent würden lieber abwarten.
Die Grundschulen im Südwesten sind seit 29. Juni wieder vollständig geöffnet. Den weiterführenden Schulen, wo derzeit nur wenige Schüler gleichzeitig Präsenzunterricht erhalten, hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) für das neue Schuljahr einen "Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen" verordnet.
Die Umfrage unter 303 Lehrkräften fand in der ersten Juliwoche statt. "Die Umfrage erhebt damit sowohl die Situation im rollierenden System an den weiterführenden Schulen, wie auch die im Regelbetrieb an den Grundschulen", so Brand. Das ermöglicht einen Vergleich.
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Tatsächlich sehen die befragten Grundschul-Pädagogen die Situation kritischer. Insgesamt fühlten sich 34 Prozent der Befragten "weniger gut" oder "schlecht" geschützt: An Grundschulen, wo die Klassenzimmer bereits voll sind, waren das 41 Prozent – an weiterführenden 26 Prozent. Auch stellen Grundschullehrer zu 60 Prozent eine deutlich oder etwas höhere Arbeitsbelastung fest als vor den Schulschließungen (alle Schulen: 53 Prozent).
Entsprechend lehnte auch die Mehrheit der Grundschullehrer (56 Prozent) freiwilligen Unterricht in den Ferien ab, an weiterführenden Schulen nur 39 Prozent. Hier wären 60 Prozent der Lehrkräfte bereit, Zusatz-Stunden zu halten, um Lernlücken zu schließen. Insgesamt sagten dies 53 Prozent der Befragten: 18 Prozent generell, 22 Prozent bei Anrechnung auf ihre Pflichtstunden, 13 Prozent nur bei besonderer Vergütung.
Auch eine Absage an Samstagsunterricht erfolgte unter Grundschullehrern (61 Prozent) häufiger als bei Kollegen in der Unter- und Mittelstufe (50 Prozent).
Die entstandenen Lücken betrachten 77 Prozent der Lehrer als die größte pädagogische Herausforderung. Man müsse sich vom Gedanken verabschieden, dass man das Versäumte komplett aufholen könne, sagt VBE-Landeschef Brand.
Brand betonte, sein Verband halte die Öffnungen "sowohl aus pädagogischen als auch aus gesellschaftlichen Gründen für notwendig". Jedoch fordere er eine weitgehende Maskenpflicht auch im Unterricht sowie Plexiglasscheiben an Lehrerpulten.
71 Prozent der Befragten würden gerne regelmäßig und freiwillig auf das Virus getestet werden. 37 Prozent gaben an, dass die Lehrer selbst die Räume putzen müssten. "Zu allen Belastungen obendrauf bekommen die Lehrkräfte also auch noch den Putzeimer in die Hand gedrückt!", kritisiert Brand.
Rund 40 Prozent fordern eine bessere digitale Ausstattung von Schülern wie Lehrern – das formulieren die Lehrkräfte als dringlichste Erwartung an das Kultusministerium. Die Ausstattung mit digitalen Endgeräten wird auch als erstes auf die Frage genannt, was die Lehrer am stärksten entlasten würde. Das Land will 300.000 Laptops und Tablets anschaffen – aber nur im Einzelfall für Lehrer, kritisiert Brand. Es könne nicht sein, dass Lehrer ihre privaten Geräte nutzen müssten.
Im Kultusministerium liest man die Ergebnisse der Umfrage in erster Linie positiv. Sie zeige "eine insgesamt hohe Zustimmung zur Schulpolitik in der Corona-Krise und zu den Plänen für das neue Schuljahr", teilte eine Sprecherin mit. Langfristige Planungen seien schwierig. "Hier ist es für alle Schulpartner wichtig, gemeinsam im Gespräch zu bleiben."



