Ärztemangel in Baden-Württemberg

CDU will Landarztquote

Mehr Studienplätze und Verpflichtung, aufs Land zu gehen - Gegenwind der anderen Parteien

14.06.2018 UPDATE: 14.06.2018 15:28 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Symbolfoto: dpa

Stuttgart. (dpa-lsw) Lücken in der hausärztlichen Versorgung will die CDU-Fraktion mit einer neuen Landarztquote im Medizinstudium bekämpfen. Doch der grüne Koalitionspartner hält davon nicht viel.

Der CDU-Abgeordnete Stefan Teufel warb am Donnerstag im Landtag in Stuttgart für eine Landarztquote: Die Zahl der Studienplätze müsse zunächst um zehn Prozent auf 1650 erhöht werden. Davon müssten dann zehn Prozent über die Quote an Studenten vergeben werden, die sich verpflichten, sich später in schlecht versorgten Regionen niederzulassen.

Eine solche Regelung werde in Nordrhein-Westfalen bereits umgesetzt. Sie sei umso wichtiger, da 35 Prozent der Hausärzte über 60 Jahre alt seien.

500 Arztpraxen können Teufel zufolge in den kommenden Jahren nicht nachbesetzt werden. Nach Angaben von Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sind heute drei Ärzte notwendig, um die Arbeit von zwei ausscheidenden Medizinern zu übernehmen. Grund: Die Neueinsteiger wollten lieber in Teilzeit oder als Angestellte arbeiten.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) bewertete die Quote skeptisch wegen der frühen Festlegung der jungen Menschen auf eine spätere Spezialisierung. Im Notfall könnten sich Studenten aus gut betuchten Verhältnissen von den Sanktionen freikaufen, wenn sie ihre Verpflichtung nach dem Studium doch nicht erfüllen wollten.

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Ein Medizinstudium kostet mehr als 200.000 Euro. Bauer betonte aber, es gebe Ansatzpunkte für eine Verständigung zwischen CDU und Grünen. Die Grünen-Abgeordnete Petra Krebs erklärte, in gewissen Lebensphasen ließen sich Menschen von Liebe leiten - nicht von Quoten. "Sie lassen sich dort nieder, wo ihre Liebe hinfällt."

Die SPD-Fraktion sieht die CDU in Konfrontation mit dem Koalitionspartner. Er habe ein "etwas giftiges Klima" in der Debatte wahrgenommen, sagte der Sozialpolitiker Rainer Hinderer. Er riet Ministerin Bauer, bei der Landarztquote hart zu bleiben.

Auch die AfD sprach sich gegen eine Festlegung für die angehenden Ärzte aus zu einem Zeitpunkt, zu dem sie noch keinen Einblick in die verschiedenen Fachbereiche hätten.

Auch aus FDP-Sicht ist die Quote ein eher ungeeignetes Instrument: Es sei schwer vorstellbar, dass Ärzte, die sich anders entschieden als zuvor angegeben, in Ketten gelegt und vor den Landarztpraxen festgeschnallt würden, sagte Jochen Haußmann (FDP).

Die Kassenärztliche Vereinigung reihte sich in die Riege der Quotengegner ein. Sprecher Kai Sonntag sagte: "Wo es einen nachher hinverschlägt, weiß doch heute keiner." Spezialisierungen erfolgten erst am Ende eines mehr als zehnjährigen Studiums.

Überdies sei eine Flut von Klagen gegen eine solche Regelung zu befürchten. Rechtliche Fragen stellten sich, zum Beispiel wie mit Teilzeitkräften und Frauen in Babypause umgegangen werde.

Die SPD-Fraktion betonte, das Medizinstudium könne nur ein Baustein sein, um die ärztliche Versorgung auf dem Land sicherzustellen. So könne es nicht angehen, dass ausgebildete Ärzte ins Ausland abwanderten. Sie müssten mit Alternativen zum Einzelkämpfertum gehalten werden, sagte SPD-Experte Hinderer.

Als Beispiel nannte er Förderung von Angestelltenmodellen in Teilzeit, Gemeinschaftspraxen oder Medizinischen Versorgungszentren. Der Masterplan "Medizinstudium 2020" müsse umgesetzt werden und Lehrstühle in der Allmeinmedizin geschaffen, mehr wissenschaftliches Personal eingestellt und Forschungsmittel bereitgestellt werden.

Bei aller Sorge um den sich abzeichnenden Ärztemangel gibt es jedoch auch Zeichen, dass der Hausarztberuf attraktiver wird: Nach Worten von Gesundheitsminister Lucha ist die Zahl der Facharztprüfungen in Allgemeinmedizin von 110 auf 180 pro Jahr gestiegen.

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