CSU-Politiker zweifelt an Expertise von Boris Pistorius
Florian Hahn fordert: "Er muss sofort durchstarten". Er soll das Sondervermögen für die Bundeswehr schnell umsetzen.



(48) verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion
Von Thomas Vitzthum, RNZ Berlin
Berlin. Florian Hahn (48) ist der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion und sitzt seit 2009 im Bundestag.
Herr Hahn, Boris Pistorius wird neuer Verteidigungsminister. Ist das eine gute Wahl?
Er ist auf jeden Fall nicht erste Wahl, sondern eher zweite oder dritte Wahl. Er ist ein Landespolitiker, der keinerlei bundespolitische Erfahrung und vor allem wieder einmal im Bereich der Verteidigung keinerlei Expertise hat. Das sind Voraussetzungen, die mal wieder nichts Gutes versprechen. Es wird spannend.
Pistorius ist als Innenpolitiker selbst unter Unionspolitikern anerkannt ...
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Das lässt hoffen, dass er das Ressort ernster nimmt als die Vorgängerin und tatkräftig einsteigt. Er weiß wohl, wie man ein Ministerium gut führt. Aber das reicht ja nicht. Er hat im Bereich der Verteidigung ja keine Expertise. Das ist so. Er muss nun echt Kaltstartqualitäten zeigen. Angesichts der aktuellen Lage in Europa und angesichts der aktuellen katastrophalen Lage in der Bundeswehr können wir ihm keine 100 Tage geben. Noch nicht mal zehn. Er muss sofort durchstarten.
Mit Pistorius kommt ein Mann aus einem Bundesland, der nie im Bundestag saß. Was sagt das über die Personaldecke der SPD aus?
Das sagt vor allem, dass sich aus der ersten und zweiten Reihe der SPD keiner dieses Amt zugetraut hat. Das ist ein Armutszeugnis für die SPD. Ich hätte mir vorstellen können, dass Parteichef Lars Klingbeil das macht. Er war Mitglied im Verteidigungsausschuss und versteht etwas von der Sache. Auch Eva Högl wäre eine gute Wahl gewesen, sie ist eine sehr gute Wehrbeauftragte. Auch die Staatssekretäre Hitschler oder Möller hätte ich durchaus als gute Wahl empfunden.
Hatten die alle Angst, dass ihnen Olaf Scholz Schuld zuschiebt, obwohl Entscheidungen im Kanzleramt getroffen wurden?
Offenbar wollten alle diese Leute nicht unter Kanzler Scholz dieses schwierige Amt übernehmen. Das sagt auch viel darüber aus, wie der Kanzler mit seinen Leuten umgeht. Frau Lambrecht konnte sich nicht freischwimmen. Das schwierige Zusammenspiel der beiden hat die Aufgabe generell nicht attraktiver und einfacher gemacht. Dieses Erbe lastet nun auch auf Pistorius.
Welche Herausforderungen warten auf den neuen Minister unmittelbar?
Es geht wirklich darum, das Sondervermögen Bundeswehr schnellstmöglich umzusetzen. Er muss eine hohe Dynamik bei der Beschaffung erzeugen, damit wir nicht Jahre und Jahrzehnte auf neues Gerät und Ausrüstung warten. Vor allem aber muss er den hohen internationalen Reputationsverlust ausgleichen, den Deutschland im vergangenen Jahr unter Lambrecht erlitten.
Bereits diese Woche kommt der amerikanische Verteidigungsminister nach Berlin, danach trifft man sich zur Ukraine-Konferenz in Ramstein. Muss er dort schon Flagge zeigen?
In jedem Fall. Wie gesagt, eine Einarbeitungsphase kann es nicht geben. Die aktuelle Lage kann nicht warten, bis jemand das Ressort kennt. Wir wünschen dem neuen Minister für die Bundeswehr und die Sicherheit Deutschlands alles Gute und Gottes Segen. Die konstruktive Unterstützung der Union ist ihm sicher.